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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

FCA vs. Hoffenheim 0:2

Am dritten Spieltag der Fußballbundesliga verlor der FC Augsburg vor 30.004 Zuschauern in der SGL-Arena gegen die TSG 1899 Hoffenheim mit 0:2. In der zweiten Halbzeit verstanden es die Brechtstädter, ihr Heimspiel phasenweise offen zu gestalten. Dennoch lassen Ergebnis und Spielverlauf für den FCA das Schlimmste befürchten.

Von Siegfried Zagler



Noch vor dem Anpfiff sorgte FCA-Trainer Jos Luhukay mit seiner Startformation für die erste Überraschung des Spiels. Nach dem 1:1 beim 1. FC Kaiserlautern stellte er seine Mannschaft auf vier Positionen um: Kapitän Uwe Möhrle wurde von Gibril Sankoh in der Innenverteidigung abgelöst, Jan-Ingwer Callsen Bracker und Neuzugang Lorenzo Davids mussten für Hajime Hosogai und Andrew Sinkala weichen und auf der rechten Außenbahn ersetzte Akaki Gogia den zuletzt glücklosen Marcel Ndjeng. Eine deutlich offensivere Auslegung des 4 2 3 1 Systems als in den beiden vorausgegangenen Spielen und aus Sicht der DAZ folgerichtige Maßnahmen und im Fall Gogia gar eine sehr mutige Entscheidung des FCA-Trainers. Und dennoch wäre Luhukay aufgrund dieser offensiven Interpretation des Augsburger Defensivsystems ums Haar der Dumme gewesen. Hätte die TSG in der Anfangsviertelstunde ihre hochkarätigen Chancen zu nutzen verstanden, dann wäre das Spiel nicht nur frühzeitig entschieden gewesen, sondern Luhukay wäre dafür hart kritisiert worden, dass er mit Sinkala und Gogia den bisher erfolgreichen Defensivverbund im Mittelfeld geschwächt hätte.

Will man in Augsburg guten Bundesligafußball sehen, muss man den Fokus auf den Gegner richten

Hoffenheim begann sehr dominant und stürzte die Augsburger Abwehr mit intensivem Pressing und flüssigem Angriffsspiel von einer Verlegenheit in die andere. Vom FCA-Anhang hätte sich niemand beschweren dürfen, wäre das Spiel bereits nach acht Minuten entschieden gewesen. In der fünften Minute erzielte Ryan Babel aus 18 Metern mit einem trockenen Flachschuss den Hoffenheimer Führungstreffer. Simon Jentzsch hatte keine Chance. Vorausgegangen war ein schneller Doppelpass, der die gesamte Augsburger Abwehr schlecht aussehen ließ. Traumwandlerisch sicher spielten und dribbelten sich die Hoffenheimer in der Anfangsphase in den FCA-Strafraum und ließen dabei eine Reihe hochkarätiger Chancen liegen: Roberto Firmino (9.) und Chinedu Obasi (15.) scheiterten eher an sich selbst, denn an der Leistung der Augsburger Hintermannschaft, die in den ersten 20 Minuten nur aus Gibril Sankoh zu bestehen schien. Will man in Augsburg Bundesligafußball genießen, muss man – so gut es eben geht – den üblichen Lokalpatriotismus, also in diesem Fall Parteilichkeit und Schwärmerei für das „eigene Team“ zurückdrängen und den Fokus des Zusehens auf den Gegner richten.

Offensiv fand der FCA in der ersten Halbzeit nicht statt

Phasenweise war es ein Hochgenuss, Hoffenheim beim FCA-JoJo zuzusehen. Holger Stanislawski kann aus dem Vollen schöpfen und seine Fußballzaubertruppe sollte in diesem Jahr nicht nur zu den spielstärksten Mannschaften gehören, sondern auch zum engen Kreis jener Teams, die ganz nach oben schielen dürfen. Vorausgesetzt Stanislawski gelingt es, die TSG im Abschluss zu verbessern und sich nicht zwischendrin – wie in Augsburg geschehen – an der eigenen Überlegenheit zu langweilen. Manchmal wurden von den Gästen erfolgversprechende Angriffsoptionen einfach nicht genutzt oder nicht zu Ende gespielt, manchmal wurde der finale Pass nur angetäuscht oder zu schlampig gespielt. Ganz anders der FCA, dessen Angriffsspiel in der ersten Halbzeit – von zwei Weitschüssen Baiers (38., 43.) abgesehen – nur sehr theoretisch, also in erster Linie auf dem Papier stattfand.

Jeder Hobbytorwart hätte sich für das Halten von Mölders Elfer geschämt

Die zweite Überraschung des Spiels: In der zweiten Halbzeit spielten die Augsburger phasenweise auf Augenhöhe mit und generierten aufgrund ihrer unerschrockenen Art, immer wieder den Faden aufzunehmen, durchaus Möglichkeiten, dem Spiel eine Wende zu geben. Nur: Wenn man große Tor- und Gewinnmöglichkeiten nicht nutzt, dann hat das meist nichts mit Glücklosigkeit, sondern mit fehlender Klasse zu tun. – In der 59. Minute vergab Sascha Mölders ein Elfmetergeschenk kläglich. „Geschenk“ deshalb, weil der Strafstoß aus einer Situation entstand, die wenig mit einem Angriff und nichts mit einer gefährlichen Situation zu tun hatte. „Kläglich“ deshalb, weil Mölders Elfmeter dergestalt schwach geschossen war, dass sich jeder Hobbytorwart für das „Halten“ dieses Schüsschens geschämt hätte. Der Augsburger Ausgleich wäre allerdings in dieser Phase des Spiels „aus dem Nichts gekommen“, wie Fußballreporter zu sagen pflegen.

Für den FCA muss man das Schlimmste befürchten

Scham über einen kläglich vergebenen Elfmeter: Sascha Mölders

Scham über einen kläglich vergebenen Elfmeter: Sascha Mölders (Foto: TF)


In der weiteren Folge begann der FCA nach dieser Großchance überraschend zielstrebig und gar nicht ungeschickt nach vorne zu spielen, während sich die Kraichgauer aufs Kontern beschränkten. Tobias Werner war wenige Sekunden auf dem Platz, als er klug in den Raum geschickt wurde und nach einem 40 Meter Sprint den Ball ins lange Eck schob, aber nur den Posten traf (71.). 120 Sekunden später hatte Werner abermals den Ausgleich auf dem Schlappen, zog den Ball aber knapp am langen Posten vorbei. Im Gegenzug sorgte Jonas de Roeck sehr ungeschickt mit einem langen Bein gegen den vorbeistürmenden Fabian Johnson für einen Elfmeter. Hoffenheims Sejad Salihovic verwandelte hart und humorlos in die Tormitte. Das Spiel war entschieden.

Für den FCA muss man deshalb das Schlimmste befürchten, weil er sich in allen zurückliegenden Partien von seiner besten Seite zeigte, ohne dass dabei eine deutliche Siegoption herausgesprungen wäre. Am vergangenen Samstag enttäuschte auf Augsburger Seite bis auf Akaki Gogia kein Einzelspieler. Alle Spieler in den Reihen der Augsburger spielten so Fußball, wie sie es können. Daniel Baier und Sascha Mölders stellen auf ihren Positionen überraschenderweise echte Verstärkungen dar und mit Gibril Sankho dürfte einer der besten Innenverteidiger der Bundesliga seinem Handwerk nachgehen. Wenn er darauf verzichten könnte, zwischendrin mit leichtsinnigen Pässen und Dribblings den Gegner ins Spiel zu bringen, sollte man hinzufügen. Dennoch hat der FCA mit dieser Mannschaft auf Dauer keine Chance, sich in dieser Liga (die immerhin zu den besten der Welt zählt) erfolgreich gegen den Abstieg zu stemmen.

FCA kämpft tapfer und zugleich aussichtslos

Würde man nach einem dramatischen Bild suchen, wie tapfer und zugleich aussichtslos der FCA mit einer Zweitligamannschaft in der Bundesliga gegen den Abstieg kämpft, könnte man die tragische Geschichte von Paul Verhaeghs Knieverletzung in der 79. Minute erzählen. Verhaegh, der für Möhrle die Kapitänsbinde trug, wollte nach seiner Verletzung weiterspielen und versuchte die Schmerzen zu ignorieren, indem er während des „unrunden“ Zurücklaufens mit dem verletzten Bein drei Mal auf den Boden stampfte – wie man es tut, wenn man meint, man könne einen Schmerz „weglaufen“. Als Verhaegh nach wenigen Metern aus reiner Willensanstrengung heraus „rund“ lief und prompt den Ball bekam, triumphierte der Schmerz über den Willen. Paul Verhaegh ging unter großen Schmerzen erneut zu Boden und signalisierte Richtung Bank, dass es für ihn nicht weiter gehe.

„Es fehlte das Quäntchen Glück Wir müssen diese bitte Niederlage nun mit Größe wegstecken und weiter so toll arbeiten“, so kommentierte Jos Luhukay das Geschehen, während Holger Stanislawski zugab, dass man sich trotz der Überlegenheit in der ersten Halbzeit nicht hätte beschweren können, wenn das Spiel gekippt wäre. – Der FC Augsburg reist am kommenden Samstag an die Noris zum Club.

FCA: S. Jentzsch; – P. Verhaegh; G. Sankoh; J. De Roeck; M. de Jong; – H. Hosogai; A. Bellinghausen; D. Baier; A. Sinkala; A. Gogia; – S. Mölders.

Eingewechselt: T. Werner (70.); J. Callsen-Bracker (78.); M. Ndjeng (82.).

Ausgewechselt: P. Verhaegh (82.); M. de Jong (70.); A. Sinkala (78.).

Auswechselbank: M. Amsif (TW); U. Möhrle; L. Davids; E. Kapllani.

Tore:

0:1 Ryan Babel (5.)

0:2 Sejad Salihovic (75.) Elfmeter.