FCA: ungeheuer oben
Und über uns im schönen Sommerhimmel
War eine Wolke, die ich lange sah
Sie war sehr weiß und ungeheuer oben
Und als ich aufsah, war sie nimmer da
Bertolts Brechts “Erinnerung an die Marie A.” wurde vom berühmtesten Sohn der Stadt 1920 während einer Zugreise von Augsburg nach Berlin verfasst. Heute gehört es zu den bekanntesten Versen, die je in deutscher Sprache geschrieben wurden. Es handelt sich um ein Gedicht, das die Vergänglichkeit und die Unvergänglichkeit besingt. Es sollte zur Vereinshymne des FCA vertont werden. Damit wäre die aktuelle Gefühlslage der Augsburger Fußballwelt vermutlich getroffen. Den FCA als „sehr weiß und ungeheuer oben“ zu bezeichnen, ist genauso angemessen wie die Vorstellung, dass sich das im Handumdrehen ändert. Niemand wäre vor der Saison auf die Idee gekommen, dass der FCA nach einem für einen kleinen und erfolgreichen Verein typischen Aderlass (Abgänge von drei kaum ersetzbaren Spielern) mit etwas anderem als mit dem Abstiegskampf zu tun haben könnte.
Andererseits: Wer eine Saison auf Platz acht abschließt, kann in der darauf folgenden Saison auch ein Stück weiter vorne landen. Der Erfolg der Augsburger ist mit den Namen ihrer Spieler zu erklären: allen voran Ragnar Klavan, dann folgen Callsen-Bracker, Verhaegh, Baba, Baier, Werner, Bobadilla und schließlich Altintop. Diese Spieler zeigten in den vergangenen Wochen und Monaten überragende Leistungen. Sie bilden das Gerüst des FCA. Für die Rückrunde hat man sich mit dem hochtalentierten Dänen Pierre-Emile Höjbjerg verstärkt, der sich nahtlos in dieses Gerüst einfügt. Und nun das Heimspiel gegen Frankfurt in der nicht ausverkauften SGL-Arena. (Was muss eigentlich noch alles passieren, damit der FCA auch im Winter die Bude voll bekommt?): Dominik Kohr in der Innenverteidigung, darauf muss man kommen. Feulner wie davor als Linksverteidiger. Dann verletzt sich Verhaegh. Kohr verteidigt daraufhin rechts außen und der noch nicht ganz fitte Callsen-Bracker kommt nun doch in die Innenverteidigung zurück. Diese Rochade-Spiele schwächen „kleine Mannschaften“, nicht aber den FCA, der eine wunderbare erste Halbzeit hinlegt.
Hong verletzt, Baba immer noch beim Afrika-Cup, Callsen-Bracker unfit, Verhaegh verletzt. Der FCA konnte
trotz dieser gravierenden Handicaps in der ersten Halbzeit gegen Frankfurt überzeugen. In der zweiten Halbzeit das gleiche Bild wie gegen Dortmund: Die Augsburger verlieren den Faden, machen den Gegner mit vielen individuellen Fehlern stark, nehmen den Faden wieder auf und gestalten die Partie in der Schlussphase wieder offen und hätten mit ein wenig Glück das Spiel noch drehen können.
Der FCA steht zu recht dort wo er steht und darf unbescheiden nach Europa schielen. Drei Spiele in sieben Tagen mit der Ausbeute von sieben Punkten ist fette Beute. Der neue Präsident hat Weitblick und die Tabellenplatzierung stellt hohe TV-Gelder in Aussicht. Im Fußball ist alles vorstellbar, sogar dass der FCA sich für die Champions League qualifiziert und sich in diesem Orbit ebenfalls prächtig schlägt. Baba kommt als Vize-Afrika-Cup-Sieger nach Augsburg zurück. Er hat beim FCA einen Vertrag bis 2019. Sein Marktwert könnte bald die Höhe des gesamten FCA-Etats erreichen. Warum nicht von einem „großen FCA“ träumen? Weil man sich es bereits vorstellen kann! Das Leben ist kurz, der Ball ist rund und ungeheuer oben. Siegfried Zagler