Kommentar
FCA: Spiel mir das Lied vom Tod
Gegen die Riesen der Bundesliga schien der FCA selbst riesenhaft zu sein – nun ist er zum Zwerg geschrumpft
Kommentar von Siegfried Zagler
Selten wurde der FCA an dieser Stelle so positiv bewertet, wie in dieser Saison. Die Balance zwischen Abwehr und Angriff schien zu passen, aus dem Mittelfeld kamen Ideen und es gab über die Außen und durch die Mitte Dampf nach vorne. Mit hohem Pressing, schnellem Umschaltspiel und fein abgestimmten Spieleröffnungssystemen aus dem eigenen Strafraum heraus schien alles vorhanden, was für eine Saison ohne Sorgen im oberen Tabellendrittel zu sprechen schien. Gegen die Elite der Liga duellierte sich der FCA auf Augenhöhe und spielte teilweise sogar einen Tick besser. Der FCA ein Statistik-Riese! Auch wenn es die Ergebnisse nicht immer widerspiegelten, konnte konstatiert werden, dass der FCA noch nie so gut war, wie in dieser Saison.
Nun das: Nur ein Punkt aus den letzten fünf Spielen. Gegen Stuttgart und Leverkusen vorne fahrig und hinten nachlässig. Gegen Stuttgart blitzten die Insignien des Abstiegs auf, gegen Leverkusen blinkte das Abstiegsgespenst hell und durchgehend wie eine defekte Straßenlampe. In Sergio Leones Western-Klassiker “Spiel mir das Lied vom Tod” kündigt sich der Tod mit einer Mundharmonika-Melodie an. Ähnlich verhält es sich mit dem Abgang aus der Erstklassigkeit: Wenn sich bestimmte Muster zeigen, geht es unaufhaltsam abwärts.
Gegen Leverkusen wurde nicht mehr konsequent angelaufen. Nach vorne ging lange Zeit gar nichts, wenn man die Ausnahme “Forest” Framberger herausnimmt, war die komplette Tempoabteilung eine einzige Enttäuschung. Das gilt auch für die Defensive, der es meistens gelang, die keineswegs überzeugenden Leverkusener zu blockieren, ohne dabei souverän zu wirken. Kein Abwehrspieler war bereit, für Entlastung zu schuften. Caiuby dribbelte mal da lang, mal dorthin. Dass Hahn auf dem Platz war, fiel erst bei seiner Auswechslung auf. Finnbogason ist ohnehin eine eigene Welt, also ein Spieler, der nur zu ertragen ist, wenn er trifft. Gregoritsch?! Welche Position und Aufgabe hatte Gregoritsch? “Flankengott” Max schlug keine einzige Flanke und stellte sich beim Führungstreffer amateurhaft an. Allein die Innenverteidigung spielte auf gewohntem Niveau.
“Wir wollten defensiv etwas kompakter stehen, hatten aber zu Beginn das ein oder andere Problemchen und unsere Kontermöglichkeiten nicht gut ausgespielt. Als sich das Spiel zu einem Null-Null-Spiel entwickelte, geraten wir in Rückstand, weil wir in einer Situation aufhören zu spielen, weil wir glauben, dass der Ball ins Aus geht. Dadurch haben wir uns selbst aus der Balance gebracht.” So FCA-Trainer Manuel Baum nach dem Spiel.
Aus welcher Balance?, möchte man fragen, denn erst nach dem Führungstreffer begann der FCA sich auf seine Stärken zu besinnen und spielte schnell und abschlussorientiert nach vorne. Zum FCA-Coaching ist zu sagen, dass sich Baum zuletzt in der Aufstellung vertan hat und diese Fehler mit seinen Einwechslungen nicht wirklich korrigieren konnte. In der Saison 2016/17 wurde Baum nach 14 Spielen Cheftrainer des FCA. Baums Vorgänger, Dirk Schuster, hatte zu diesem Zeitpunkt 14 Punkte auf dem Konto, also einen mehr als aktuell Baum mit dem FCA heute nach 14 Spieltagen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass Schusters damalige Truppe wesentlich weniger Klasse hatte als das aktuelle Team. Trainer müssen Ergebnisse liefern, bleibt das aus, müssen sie ihren Platz räumen. So funktioniert das Geschäft. Am Samstag kommt Schalke, dann geht es für den FCA nach Berlin, dann kommt Wolfsburg.
Wenn man selbst zum Zwerg geschrumpft ist, kommen die anderen wie Riesen daher.