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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

FCA: Kindergeburtstag mit Fähnchen und Bundesligaaufstieg

„Flagge zeigen für die 1.Liga!“ nennt sich eine Werbe-Aktion, die drei FCA-Sponsoren zu verantworten haben. An alle Zuschauer des letzten FCA-Heimspiels sollen Fahnen verteilt werden.

Von Siegfried Zagler

„Lenkbare und geleitete Fans sind das Ideal jeder Vereinsführung“

„Lenkbare und geleitete Fans sind das Ideal jeder Vereinsführung“


„Um das Team beim letzten Heimspiel noch einmal besonders zu beflügeln, haben sich die FCA-Partner JAKO (Ausrüster), Brauhaus Riegele (Bierpartner) und Augsburger Allgemeine (Medienpartner) etwas Besonderes einfallen lassen: Vor dem Spiel des FCA gegen FSV Frankfurt am 8. Mai in der impuls arena werden 30.000 rot-weiße FCA Fähnchen kostenfrei an alle Stadionbesucher verteilt“, so heißt es einer Pressemitteilung des FC Augsburg. – In einer Zeit, in der Fußballstadien „Easy-Credit-Arena“,„Allianz Arena“ oder ähnlich heißen, in der Eckbälle via Stadiondurchsage von städtischen Tochterfirmen „präsentiert“ werden, Menschen in weiße Plastiküberzüge schlüpfen, um das Logo einer Telefongesellschaft in die Menge zu „malen“, in einer von Mehrwert und Präsentationszwängen geprägten Fußballwelt also, in der Bier und Bratwurst nur mittels Plastikkarte bezahlbar sind, haben sich selbst die puristischsten Liebhaber des Fußballspiels abgewöhnt, allzu dogmatisch und geschmäcklerisch über die Marketing-Attacken der Sponsoren die Nase zu rümpfen. Je höher die Liga und der Tabellenplatz, desto größer der Traditionsschwund. Klasse hat eben seinen Preis.

Im Kampf um die Lorbeeren der höheren Fußballweihen neigen aber nicht nur Geldgeber und Marketing-Strategen dazu, das Maß zu verlieren. In der Alten Försterei bei den Eisernen in Berlin zündeten FCA-Fans eine gefährliche Rauchbombe. Kein Kavaliersdelikt, sondern eine verantwortungslose Aktion, die Andreas Rettig in helle Aufregung versetzte. Rettig ging auf „Knatschkurs“ und spätestens seit jener Rauchbombe in Köpenick gilt das Verhältnis zwischen der FCA-Führung und den harten FCA-Supportern als angespannt. – Die „Burning Nuts“ sind eine Fangruppierung, die den FCA auf jedes Auswärtsspiel begleitet. Nichts besonderes, doch was sie von anderen Gruppierungen unterscheidet, ist der Umstand, dass der Augsburger Stadtrat und Bundestagsabgeordnete Alexander Süßmair einer der ihren ist.

FCA-Fan und Mitglied des Bundestages: Alexander Süßmair

FCA-Fan und Mitglied des Bundestages: Alexander Süßmair


„Lenkbare und geleitete Fans sind das Ideal jeder Vereinsführung“, so Süßmair, der sich natürlich bewusst ist, dass die Identität eines Klubs sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen Mannschaft, Fans und Vereinsführung entwickelt. In Dortmund, Gelsenkirchen, Hamburg, Berlin, München Nürnberg, Düsseldorf, Aachen und so weiter käme kein Sponsor auf die Idee, an die Zuschauer als „Dankeschön für die Unterstützung“ Fähnchen mit Vereinsfarben und Sponsorlogos zu verteilen. Das würde die dortige Fankultur konterkarieren und beim Publikum für Häme sorgen.

Falsche Einschätzung der hiesigen Fußballkultur

Und in Augsburg? In Augsburg schütteln die meisten Vorsitzenden und Macher der Fan-Clubs nur den Kopf, wenn sie auf diese Aktion angesprochen werden. Auf den 30.000 Fähnchen werden die Logos der drei Sponsoren zu sehen sein. Damit zeigt sich die Vereinsführung einverstanden, dass man die Begeisterung der Zuschauer für eine Marketing-Aktion instrumentalisiert. Diese Aktion zeugt nicht nur von einer gewissen Gedankenlosigkeit seitens der FCA-Führung, sondern würde, falls die Verantwortlichen nicht in letzter Sekunde einlenken, in der deutschen Öffentlichkeit für eine falsche Einschätzung der hiesigen Fußballkultur sorgen. Fernsehbilder einer uniformierten Begeisterung bei einem Augsburger Aufstieg würden der Stadt schlecht stehen. Das Ganze würde wie gelenkte Euphorie mangels natürlicher Begeisterung wirken. Wie in etwa bei Aufmärschen in stalinistischen Diktaturen oder eben bei Kindergeburtstagen mit Fähnchen und Bundesligaaufstieg. Irgendwo in der Mitte dieser Metaphern wäre das Fähnchenmeer der Sponsoren einzuordnen. In der Pressemitteilung des FCA liest sich das nicht anders: „Damit soll im Stadion eine ganz besondere Atmosphäre entstehen. Mit einem rot-weißen Fahnenmeer soll die Mannschaft empfangen und während des Spiels bejubelt werden“. – Deutlicher lässt sich das gestörte Verhältnis der FCA-Führung zum Augsburger Publikum (und zur Stadt) kaum zur Sprache bringen.