FCA: Es ist unwahrscheinlich, dass Schmidt die Mannschaft besser macht
Der FC Augsburg hat sechs Spieltage vor Saisonende Manuel Baum, Stephan Schwarz und Jens Lehmann freigestellt. Baum war Cheftrainer, Stephan Schwarz als Technischer Direktor für das Scouting zuständig und Jens Lehmann war Jens Lehmann. Als neuer Cheftrainer erhielt der Schweizer Martin Schmidt einen Vertrag. Schmidt verdiente sich seine Bundesligameriten bei Mainz und in Wolfsburg. Er bringt einen Assistenztrainer mit und dürfte als Typ zu Augsburg und sogar zum FCA passen. Das ganze Manöver wirkt dennoch kurzatmig am Tabellenstand orientiert. Damit unterscheidet den FCA von Vereinen wie Schalke oder Stuttgart nichts mehr.
Kommentar von Siegfried Zagler
Ob der Trainerwechsel auf der Zielgeraden zum Saisonende eine richtige Entscheidung war, wird sich zeigen. Es ist nämlich nicht damit zu rechnen, dass Martin Schmidt aus der Augsburger Truppe mehr herausholen kann als Manuel Baum, der die gesamte Saison darunter zu leiden hatte, dass er spektakuläre Qualitätseinbußen im Kader hinnehmen musste.
Dass ein ausgezeichnet eingestellter und großartig aufspielender FCA zu Beginn der Vorrunde zu wenig Punkte holte, weil beide Torhüter keine bundesligataugliche Qualität hatten, ist nicht Baum anzulasten, sondern dem Management, das sowohl Giefer als auch Luthe Bundesligatauglichkeit attestierte. Beide waren nicht in der Lage, die Lücke, die Marwin Hitz hinterließ, auch nur annähernd zu schließen. Dann mussten Caiuby und Hinteregger den Verein aus disziplinarischen Gründen verlassen. Für Martin Hinteregger wurde mit Reece Oxford ein junger Spieler verpflichtet, der Hinteregger nicht das Wasser reichen kann. Der Abgang von Caiuby riss ebenfalls ein großes Leistungsloch in das Mannschaftsgefüge. Ein Jeffrey Gouweleeuw war lange verletzt und spielt seit seinem Comeback unter Form. Mit dem verletzten Framberger fehlt dem FCA seit Monaten der einzige schnelle Außenverteidiger. Alfred Finnbogason war lange verletzt und kommt nicht in Tritt und ist ohnehin als Zentrumsstürmer kaum zu ertragen. Koo ist außer Form, Gregoritsch nur noch ein Schatten seiner selbst und in der Mitte verteidigt mit Danso ein Spieler, der in der Bundesliga nichts verloren hat. Das Problem dabei: Der Kader gibt keine personellen Alternativen her, weshalb Baum abenteuerliche Experimente einging, die ihm letztlich den Job kosten sollten. Belastend erwähnt werden soll an dieser Stelle auch der Sachverhalt, dass Manuel Baum die Fähigkeiten seiner Spieler oft falsch einschätzte: Danso bzw. Oxford als Rechtsverteidiger aufzustellen war Schnaps. Khedira fehlte als defensive Sechs viel zu sehr, als dass seine guten Leistungen in der Innenverteidigung diese Umstellung rechtfertigten.
Den FCA anzusehen war zuletzt kein Vergnügen mehr, da oft die einfachsten Pässe nach vorne nicht ankamen und die Abwehr phasenweise überspielt wurde, als wäre sie die Abwehr einer Hobbymannschaft. Von der FCA-Defensive war gegen Freiburg, Nürnberg und Hoffenheim (12 Gegentore!) viel zu wenig Zweikampfstärke und Struktur zu erkennen, bei den Standards funktionierten einfache Zuordnungen nicht. Aus dem Mittelfeld kam kein Tempo, keine Idee und keine Torgefahr. Gegen den Ball spielte der FCA so, als hätte er verlernt, wie das geht. Ohne Druck auf den Ball konnten die FCA-Gegner Richtung FCA-Gehäuse kombinieren.
Max kann man nur einfache Tätigkeiten auf der Außenbahn verrichten lassen. Er ist kein Kreativspieler, kommt er nicht zum Flanken, nützt er der Mannschaft nicht viel mehr als ein Zeugwart. Ihn auf der Caiuby-Position spielen zu lassen war gegen Freiburg ein Granatenfehler. Mit Finnbogason, Moravek, Framberger und Schieber hat der FCA wichtige Spieler im Kader, die öfter beim Arzt sind als auf dem Trainingsplatz. Auch der 31-jährige Koo leidet öfter an Verletzungen als zu seiner besten Zeit. Der FCA ist mit einem sehr guten Kader in die Saison gestartet. Dieser Kader ist durch Verletzungen und durch Disziplinarmaßnahmen geschwächt worden, wie eine Thekenmannschaft nach einem unversöhnlichen Streit. Die riskante Kaderzusammenstellung mit verletzungsanfälligen Spielern und jungen Neuzugängen ohne Bundesligaerfahrung (Jensen und Götze) haben Manager Reuter und Stephan Schwarz zu verantworten.
Dem übrig gebliebenen Torso fehlt in jeder Hinsicht die Stabilität und die richtige Mentalität für den Abstiegskampf. Dieses Manko hat der Trainerstab zu verantworten. In der Rückrunde trat öfters eine Mannschaft an, die so noch nie zusammengespielt hat. Und dennoch gab es während der Partien gravierende Taktikwechsel. Nicht die schwachen Einzelleistungen sind also das Hauptproblem, sondern die fehlende mannschaftliche Geschlossenheit. Dass Spieler schlecht spielen, hat meist damit zu tun, dass sie nicht tun, was zu tun ist. Hat damit zu tun, dass sie zu weit von Mann und Ball entfernt sind, nicht in die Zweikämpfe kommen – und schlecht aussehen, weil sie überlaufen werden und langsam und unmotiviert wirken. Wenn die vorderen Spieler den ballführenden Gegner anliefen, wurden von der Mittelfeldreihe die Passwege nicht zugedeckt oder erschwert. In Ballbesitz-Situationen bewegte sich das Augsburger Mittelfeld nicht in die Breite, gab es kein Rollieren, keine Optionen auf einen Präzisionspass. Kein Mannschaftsteil unterstützte den anderen, agierte voraussehend und handlungsorientiert. Diese Mängel kann man durchaus dem Trainerteam anlasten.
Gemessen an diesen Umständen spielt der FCA so, wie man es eben von einem Team dieser Kragenweite erwarten darf: wechselhaft mit Absturztendenzen. “Nach Freiburg muss nun ernsthaft darüber nachgedacht werden, ob Manuel Baum noch der richtige Mann ist”, schrieb die DAZ im Februar. Dass Reuter und Hofmann allerdings erst viele Wochen später zu der Erkenntnis kamen, dass Baum nicht mehr der richtige Mann ist, kam unerwartet und gleichzeitig zu spät. Überraschend auch die Freistellung von Stephan Schwarz, der als Chefscout in hohem Maße für die Kaderzusammenstellung verantwortlich ist, denn der FCA startete, wie gesagt mit einem Top-Kader in diese Saison.
Man darf gespannt sein, ob Martin Schmidt es schafft, dem dergestalt geschwächten FCA neues Leben einzuhauchen. Zu rechnen ist damit nicht, falls aber wider erwarten doch, dann wird Baums Entlassung als harte aber richtige Zäsur in die Geschichte des FCA eingehen.