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Dienstag, 14.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

FCA: Die zweitbeste Mannschaft der Welt

Die Niederlage des FC Augsburg gegen den FC Bayern München ist das eine. Dass der FCA gerade die zweitbeste Mannschaft der Welt ist, das andere.

Von Peter Hummel



Wie kann man Spiele des FC Augsburg gegen Bayern München beschreiben? Die Kleinen gegen die Großen? Die Armen gegen die Reichen? Kämpfer gegen Künstler? Leidenschaft gegen Abgeklärtheit? Mut gegen Routine? Provinz gegen Großstadt? 2000 Jahre Geschichte gegen 10.266 Monate? Rasenmäher gegen Allnet-Flat? Klischees stimmen irgendwie immer. Es geht aber um viel mehr: Ganz Deutschland gegen 11 Jungs in roten Leibchen und die Hoffnung landauf und landab, dass diese Bayern endlich mal wieder erleben dürfen, wie sich Niederlagen anfühlen. Nämlich einigermaßen traurig, mitunter unerklärbar, weil sinnlos. Wer dieses Gefühl nicht wenigstens hin und wieder aufgebürdet bekommt, kann sich zwar in Freude und Jubel und Selbstverliebtheit ergötzen, aber auf Dauer ist das nicht auszuhalten: immer nur gewinnen schlägt irgendwann genauso aufs Gemüt wie lange Niederlagen-Serien. Irgendwann leiden die Götter daran, dass sie gewöhnliche Menschen sind.

Bayern spielte auf Augenhöhe mit dem FCA

Der FCA ist in der glücklichen Lage, das Gefühl der Niederlage und das der Siege mehr oder weniger ausgeglichen auszukosten. Der FC Bayern nicht. Und das ist eher ein Problem des FC Bayern, was an diesem nasskalten Dienstagabend auch in der SGL-Arena deutlich wurde. Ganz konkret sahen 30660 Zuschauer (ausverkauft) eine Bayern-Mannschaft, für viele die beste Mannschaft der Welt, die auf Augenhöhe mit dem FC Augsburg spielte. Insofern sind die Brechtstädter derzeit wohl die zweitbeste Mannschaft der Welt. Und dieser zweite Rang geht auch in Ordnung, weil bereits in der vierten Minute Robben derart zielstrebig an Jan-Ingwer Callsen-Bracker vorbeizog, als wäre der Friese nur eine vorübergehende Erscheinung. In dieser Situation fiel das 0:1, wenngleich sich die zweitbeste Mannschaft der Welt davon nicht sonderlich beeindrucken ließ. Allein in der ersten Halbzeit erkämpfte sich der FC Augsburg so viele hochkarätige Chancen, dass diese, gäbe es ein Lob für Fast-Tore, zu mehrminütigen Ovationen Anlass geben würden. Etwa der entschlossene Seitenfallzieher von Altintop in der 17. Minute. Einzig: Unsere Stürmer trafen nicht das Tor. Oder allenfalls Manuel Neuer im Tor. Während FCA-Torhüter Marwin Hitz im ganzen Spiel vielleicht zwei Situation zu klären hatte, war Neuer, der aus dem Team mit den roten Leibchen, allein drei Mal gezwungen, den Ball außerhalb des 16-Meter-Raums im letzten Moment mit dem Kopf zu klären.

Der Sieg der Bayern hat damit zu tun, dass der Ball rund ist

Kurzum: Die Augsburger nutzten ihre Chancen zu null Prozent, die Bayern zu 80 Prozent. Eher 90. Einer der Verantwortlichen dafür, dass der FCA also in diesem Advent nicht am FC Bayern vorbeizieht und folglich die zweitbeste Mannschaft der Welt bleibt, ist Sascha Mölders. Jener Stürmer, dessen Aufgabe es ist, Tore zu schießen, der seinen Job aber eher darin sieht, zwar kämpferisch zu wirken, letztlich aber mit Ungefährlichkeit zu glänzen. Warum ihm Trainer Markus Weinzierl ausgerechnet gegen den FC Bayern von Beginn an das Vertrauen geschenkt hat, muss andere Gründe gehabt haben als die spielerischen Qualitäten des Kissingers. Welche das waren, sollte eines der Geheimnisse dieser Pokal-Begegnung bleiben. Tatsächlich ist es so, dass der FCA in den vergangenen Wochen und Monaten an spielerischer Raffinesse, Kontinuität und Unberechenbarkeit zugelegt hat. Auch an taktischem Profil. An Sascha Mölders ging diese Entwicklung allerdings vorüber, jedenfalls scheint es so, vor allem dann, wenn Akteure wie Arkadiusz Milik und Raul Bobadilla demonstrieren, dass sie eine grundsätzlich modernere Spielanlage haben. Wir können ja Klartext reden: Ein Sascha Mörders braucht einfach zu lang um zu begreifen, welche Ideen sich Halil Altintop oder Daniel Baier gerade ausgedacht haben. Wobei es sicher ungerecht wäre, den zweiten Rang in der Weltrangliste einzig auf Sascha Mörders zu schieben. Ein gewichtiger Grund war auch, zumindest in der 77. Minute, dass der Fußball rund ist. So rund, dass er nach einer Flanke quasi im Leichtlauf von Boateng in den Strafraum kam, wo sich Müller akrobatisch im Luftduell durchsetzte und das Leder ins rechte Eck köpfen konnte.

Dem FCA muss vor den kommenden Aufgaben nicht bange sein

Beim Anhang der Münchner sorgte dies für eine eher verschämte Fußall-Trunkenheit. So kam es, dass es am Ende 0:2 stand und jene, die live im Stadion waren, spürten bei denen, die die Augsburger Farben wacker gegen die Kälte, für die Moral und die Hoffnung auf ein Wunder trugen, eine gewisse Abgeklärtheit. Man war sich einig, dass Augsburg gut gespielt hat, freute sich für Arien Robben, dass dieser nach einem Zusammenprall mit Marvin Hitz in der 15. Minute „nur“ eine Fleischwunde davon trug und ging schließlich mit der Erkenntnis nach Hause, dass es überhaupt keinen Grund gibt, sich zu schämen. Nicht für dieses Spiel, in dem man gegen elf Jungs in roten Leibchen verloren hat, nicht für diese Mannschaft, die einer Winterpause entgegensieht, in der es mal keiner Rescue-Tropfen in hohen Dosierungen bedarf. Dem FC Augsburg muss also nicht bange sein vor dem kommenden Aufgaben in Hamburg (7.12., 15.30 Uhr) und daheim gegen Braunschweig (14.12., 15.30 Uhr). Ganz im Gegenteil. Und wenn man vom FC Bayern an diesem Dienstagabend etwas abkupfern konnte, was keine Schande ist, zumal es sich um die beste Mannschaft der Welt handelt, dann deren Tagesgebet: „Lieber Gott, danke, dass Du uns auch dann gewinnen lässt, wenn wir nicht unbedingt besser sind. Und wenn es sich einrichten lässt, lose uns beim nächsten Mal bitte einen leichteren Gegner zu als die Augsburger. Zum Beispiel Schalke (1:3 gegen Hoffenheim) oder Mönchengladbach (im August ausgeschieden gegen Darmstadt). Danke. Amen.

FC Augsburg:

Hitz – Verhaegh – Callsen-Bracker – Klavan – Ostrzolek – Baier – Hahn – Vogt – Halil Altintop – Werner – Mölders.

Einwechslungen:

63. Bobadilla für Mölders

63. Milik für Halil Altintop

76. Holzhauser für To. Werner

Trainer: Weinzierl

Bayern München:

Neuer – Rafinha – J. Boateng – Dante – Alaba – Thiago – Robben – Martinez – Kroos – Götze – Mandzukic.

Einwechslungen:

16. T. Müller für Robben

67. Ribery für Götze

86. Höjbjerg für Kroos

Trainer: Guardiola