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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Es muss ja nicht gleich die Bundesliga sein“

Krieg und Verfolgung raubten ihnen ihre Kindheit, ihre Hoffnung und häufig auch ihre Eltern. Im Augsburger Stadtteil Hochfeld teilen sich neun junge Flüchtlinge drei Wohnungen und hoffen auf einen Neuanfang. Kürzlich bekamen sie Besuch von zwei Fußballprofis, die wissen, was es bedeutet, alles hinter sich lassen zu müssen.

„Wir können sehr gut nachvollziehen, was die Jungs durchgemacht haben. Umso wichtiger ist, dass sie hier so gut betreut werden und eine Perspektive erhalten”, sagt Nando Rafael, der aus seiner Heimat Angola nach Amsterdam flüchten musste, wo er seine Fußballkarriere startete. Gibril Sankoh floh aus Sierra Leone, einem der ärmsten Länder der Welt. Ein Bekannter schleuste ihn nach Holland als er 17 Jahre alt war. „Ich habe nicht vergessen, wo ich herkomme. Deshalb setze ich mich für das Flüchtlingsprojekt ein”, so Sankoh. Der Innenverteidiger des FCA gehört zu den besten Abwehrspielern der Liga und ist für Saidu* ein Idol. Sankoh hat den gesellschaftlichen Aufstieg geschafft, mit viel Glück, Unterstützung und einzigartigem Fußballtalent.

Davon kann der 20jährige Saidu, wie Sankoh aus dem westafrikanischen Sierra Leone geflohen, nur träumen. Er kannte Gribil Sankoh bisher nur über die Medien. Am Osterwochenende unterhielt er sich mit ihm in seiner Muttersprache Krio. Dass sich Gibril Sankoh und Nando Rafael für das Projekt interessieren und ihn besuchten, brachte Saidu, der vor fast drei Jahren floh, ein wenig aus der Fassung.

„Sie wollen es hier auch schaffen“

„Wir können sehr gut nachvollziehen, was die Jungs durchgemacht haben.“ Nando Rafael (li.) und Gibril Sankoh vor dem Familienzentrum der SOS-Familien- und Jugendhilfen Augsburg.

„Wir können sehr gut nachvollziehen, was die Jungs durchgemacht haben.“ Nando Rafael (li.) und Gibril Sankoh vor dem Familienzentrum der SOS-Familien- und Jugendhilfen Augsburg.


Vor dem Familienzentrum der SOS-Familien- und Jugendhilfen Augsburg spielten die Flüchtlinge aus Afrika und dem Irak mit den Profis eine Runde Kleinfeldfußball. „Für die meisten ist die Flucht ein Trauma, ganz zu schweigen von dem, was sie vorher erlebt haben”, so Angelika Christl, Bereichsleiterin Hochfeld der SOS-Familien- und Jugendhilfen Augsburg. Saidu hätte sogar einen Ausbildungsplatz als Maler in Aussicht. Doch aufgrund seines Aufenthaltstatus, darf Saidu mangels Arbeitserlaubnis keinen Job und keine Lehrstelle annehmen, erklärte Christl den beiden Fußballprofis den mühsamen Weg einer Integration. Dass Sankoh und Rafael zu einem Besuch vorbei kamen, hat für die Pädagogin einen hohen Stellenwert. „Für unsere Jungs ist das eine super Motivation. Sie wollen es hier auch schaffen. Es muss ja nicht gleich die Bundesliga sein“.

*Name von der Redaktion geändert.