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Samstag, 23.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Ermutigung“ zum Weltfrieden: Der Marion-Samuel-Preis für Wolf Biermann

Gestern Abend wurde im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses der Marion-Samuel-Preis an den Liedermacher und Lyriker Wolf Biermann verliehen. Seit 1999 vergibt die „Stiftung Erinnerung Lindau“, gegründet von Ingrid und Walther Seinsch, den Preis an Menschen, die sich gegen das Vergessen oder bewusste Verdrängen der Holocaust-Verbrechen artikulieren, die Aufarbeitung dieser Zeit voranbringen und so aktiv für Frieden eintreten.

Wolf Biermann im Goldenen Saal

Wolf Biermann im Goldenen Saal


Die Namensgeberin Marion Samuel wurde 1931 geboren und von Nationalsozialisten nach Auschwitz verschleppt – und gilt seither als vermisst. Mit der Preisverleihung soll auch der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden von 1555 in Erinnerung gerufen und in eine Aktualität der Stadtgemeinschaft übersetzt werden, weshalb dieser Preis für Augsburg ein „Glücksfall“ sei, so OB Kurt Gribl. Zu Gast waren unter anderen 20 Jugendspieler des FCA sowie Stefan Reuter und Peter Bircks. Die Stadt  wurde nicht nur vom OB, sondern auch von Kulturreferent Thomas Weitzel, Bürgermeisterin Eva Weber und Bildungsreferent Hermann Köhler vertreten. Kurt Gribl führte in seiner Einführungsrede fragmentarisch in die Biographie des Preisträgers ein. Wolf Biermann (*1936) lehnte sich mit Liedern und Gedichten gegen die DDR-Parteidiktatur auf, was ein Auftrittsverbot (1965) und seine Ausbürgerung aus der DDR (1976) zur Folge hatte. Gribl beschrieb Biermann als einen, der Frieden mit künstlerischen Mitteln in die Welt bringt. Anschließend fragte Preisstifter Walther Seinsch mit Primo Levi, ob eine Katastrophe wie die der NS-Zeit wieder geschehen könne, und stellte einen Bezug zur aktuellen Politik her, indem er den Untergang christlicher Werte in der Flüchtlingsdebatte verurteilte und die Linken wie die AfD als Bedrohung von Demokratie und Frieden sah.

Zuletzt trat der Preisträger Wolf Biermann selbst auf. Er wandte sich gegen die Menschenfeindlichkeit, die auch in der Gegenwart in zahllosen Konflikten und Religionskriegen präsent sei und appellierte an die Politik, im Angesicht der Gefahren und Herausforderungen keiner „Ausrottung der Menschheit“ zuzusehen, sondern tatkräftig und risikofreudig zu bleiben. Abschließend gab er ein Gedicht und zwei Lieder zum Besten, darunter seine berühmte „Ermutigung“. (sow)