„Erfolg“ – Lion Feuchtwangers genialer Schlüsselroman trotzt dem Regen
Dirk Heißerer las aus Feuchtwangers Meisterwerk “Erfolg” im ausverkauften Biergarten “Drei Königinnen”.
Von Halrun Reinholz
Beim zweiten Termin der Literaturreihe im Biergarten Drei Königinnen war der Titel Omen und Petrus weniger gnädig: Wer für einen überdachten Platz zu spät dran war, musste (zumindest im ersten Teil der Veranstaltung) tapfer unter dem Schirm ausharren. Literaturwissenschaftler Dirk Heißerer, der sich darauf spezialisiert hat, Autoren an ihren Wirkungsorten zu erkunden, bemühte sich redlich, das Trommeln des Regens zu übertönen. Denn Lion Feuchtwangers opulenter, aus fünf Büchern bestehender Roman „Erfolg“, ein unübertroffenes Sittengemälde der Stadt München und seiner oberbayerischen Umgebung aus der Zeit der Räterepublik und der „Bewegung“ der Zwanziger Jahre, hatte trotz der unsicheren Wetterlage noch mehr Interessierte als sonst in den restlos gefüllten Biergarten gelockt.
Szenen aus Bayern
Mit sichtlichem Vergnügen las Heißerer mehr oder weniger bekannte Szenen aus dem Roman – etwa die Beschreibung des „Landes Altbayern“ und seiner Politiker, die passagenweise erstaunlich aktuell anmutet. Heiterkeit lösten auch die Szenen mit dem Ingenieur Kaspar Pröckl aus, der sich nach erfolgter Entschlüsselung als der junge Bertolt Brecht entpuppte und deshalb in Augsburg nicht fehlen durfte. Bereitwillig plauderte Heißerer auch zwischen den gelesenen Passagen Hintergründe aus, wie etwa, dass Brecht ein großer Verehrer Feuchtwangers (der selbst im Roman als Jacques Tüverlin auftaucht) war und von diesem nicht unerheblich gefördert wurde. Dennoch versuchte er, bei der Figur des Kaspar Pröckl (ein Ingenieur zwar, der aber Balladen vortrug und dazu ein Banjo spielte) Änderungen zu erwirken. Allerdings kam er damit zu spät, das Buch war bereits im Druck. Gelesen wurde auch die Szene einer Orchesterprobe des Komikers Balthasar Hierl – unverkennbar Karl Valentin. Und dann natürlich aus dem politischen Fundus des Romans die Gestalt des Rupert Kutzner von den „wahrhaft Deutschen“ (unschwer als Adolf Hitler zu erkennen), der „noch vor der Baumblüte“ nach Berlin zu marschieren versprach. Beklemmend angesichts der Tatsache, dass der Roman im Oktober 1930 erschien und die „wahrhaft Deutschen“ Feuchtwanger bald ins Exil trieben.
Lust auf Bayerische Geschichte
Die gelesenen Passagen machten tatsächlich Lust auf den vielschichtigen, umfangreichen, aber sprachlich meisterhaften Roman Feuchtwangers und auch auf die Auseinandersetzung mit Bayerischer Geschichte. Kongenial zum Text begleitete die junge Harfenistin Stefanie Morgenroth: Frère Jacques oder Der alte Peter, auch Gesungenes zur Harfenbegleitung, waren sorgfältig und passend ausgewählt, vom Publikum leider aber teils in beschämender Weise ignoriert und durch Biergarten-Geratsch übertönt. Da wäre ein mahnender Hinweis des Veranstalters vielleicht hilfreich gewesen.