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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

“Ein reiner Friss-oder-stirb-Haushalt”

Die erste Debatte über den 2016er Haushalt der Stadt Augsburg im dafür zuständigen städtischen Gremium „Finanzausschuss“ sorgte für Verärgerung bei Claudia Eberle (CSM) und Alexander Süßmair (Linke).

Claudia Eberle, Fraktionsvorsitzende der CSM

Claudia Eberle


Die Stadträte Claudia Eberle (CSM) und Alexander Süßmair (Linke) regten sich unisono darüber auf, „dass es sich der gewählte Souverän Stadtrat bieten lässt, dass dieser Verwaltungsvorschlag direkt umgesetzt wurde und dass alle Mitglieder der Regierungsfraktionen auf eigene Anträge verzichteten“, wie Eberle feststellte. Genervt zeigte sich die Fraktionschefin der CSM auch darüber, dass es zum ersten Mal  keine “Liste der nicht aufgenommenen Vorhaben” gibt. Laut Finanzreferentin Eva Weber existiert eine derartige Liste diesmal im Finanzreferat nicht, da die Referenten nur Positionen angemeldet haben, die auch als finanzierbar eingeschätzt wurden. „Damit ist uns Stadträten die Möglichkeit genommen worden, per Antrag zu entscheiden, dass vielleicht Projekt A (das im Haushalt vorgesehen ist) nicht realisiert werden soll, dafür aber Projekt  B (das gar nicht erst angesetzt wurde)“, so Eberle, die somit verdeutlichte, dass damit das übliche Prozedere des politischen Abwägens aller Stadträte ausgeschaltet wurde: „Der sonst übliche Prozess, bei dem es zumindest möglich war, noch einige kleine Inhalte umzusetzen, ist damit komplett aufgelöst – es ist eine reiner “Friss-oder-Stirb-Haushalt”. Die Opposition kann Anträge stellen, aber die wenigen Anträge, die heute abgestimmt und allesamt abgelehnt wurden, zeigen, dass dies relativ sinnlos sein wird“, so Claudia Eberle, die gegenüber der DAZ erklärte, dass es sich um ein „komplettes Diktat“ der Verwaltung handle: „Die Finanzreferentin handelt mit den anderen Referenten aus, welche Maßnahme wie realisierbar ist oder nicht, und der Stadtrat hat das dann 1:1 zu übernehmen.“

Alexander Süßmair

Alexander Süßmair


Ins gleiche Horn blies der Linke Stadtrat Alexander Süßmair, der den Verlauf als „völlig inakzeptabel“ bezeichnete. „Anscheinend will OB Dr. Gribl mit den Koalitionären von CSU, SPD und Grünen eine Technokratie in Augsburg errichten. Politische Diskussionen und Auseinandersetzungen sollen auf allen Ebenen verhindert und durch eine Argumentation von vermeintlichen “Sachzwängen” und “Tatsachen” ersetzt werden. Anders kann man die Vorgänge heute nicht mehr verstehen“, so Süßmair zur DAZ auf Anfrage. Die Liste mit den nicht aufgenommenen Projekten gab es zu den Beratungen des Haushaltsentwurfes laut Süßmair deshalb nicht, weil nach Aussage von Finanzreferentin Weber aufgrund der Finanzlage keine neue Projekte in den Haushalt aufgenommen werden durften.“ Das bedeute nicht weniger als die Beendigung der poltischen Auseinandersetzung und Entscheidung der gewählten Volksvertreter über die Verwendungen der vorhandenen Mittel, so Süßmair. „Dass auch noch die Koalitionsparteien von CSU, SPD und Grünen auf eigene Anträge verzichten, ist auch ein Novum und bestärkt die Kritik, dass alles vorher mit den Referenten ausgemauschelt wird – ohne Rücksicht auf das Gesamtgremium Stadtrat. Das ist völlig inakzeptabel!“ Darüber hinaus bedauerte Süßmair das Fehlen von Haushaltsexperte Moravcik (Grüne), der aus Protest gegen die Finanzpolitik der Stadtregierung den Finanzausschuss verließ: „Ich bin mir sicher, dass mit einem Stadtrat Christian Moravcik die Beratungen heute so nicht verlaufen wären und der Verwaltungsentwurf durch die Koalition nicht einfach so durch gewinkt worden wäre. Das „Totschlagargument“ (Süßmair), das  vielfach von Finanzreferentin und der Koalition beschworen werde („Wenn kein Geld da ist, gibt es auch nichts zu entscheiden, wofür es verwendete werden soll.“) sei laut Süßmair „völlig falsch“. Gerade wenn das Geld knapp oder kaum vorhanden sei, müsse hart und engagiert diskutiert und gerungen werden, wofür dann noch Geld ausgegeben werde und wofür nicht. „Und noch lächerlicher wird dieses Argument, wenn man sich die ganzen Posten in Millionenhöhe der kostspieligen Großprojekte wie Theatersanierung, Mobilitätsdrehscheibe oder Innovationspark ansieht“, wetterte Süßmair Richtung Stadtregierung.

Dass die Augsburger Allgemeine ihrer Chronistenpflicht nachkam, dokumentieren diese Zeilen: „Wie angespannt die Finanzlage der Stadt ist, zeigte sich im Finanzausschuss an einer politischen Entscheidung: Das Dreierbündnis akzeptiert in vollem Umfang die Vorschläge der Finanzverwaltung. Eigene Projekte, die die Handschrift von CSU, SPD und Grünen tragen könnten, wurden nach internen Abstimmungen erst gar nicht mehr vorgetragen“, so kommentiert Michael Hörmann die Vorgänge im Finanzausschuss.