„Ein neues Land“ – von Kerzen auf dem Maidan und Putins Demokratur
Mit einer Ausstellung zur ukrainischen Bürgerbewegung auf dem Maidan und Boris Reitschusters Eröffnungsvortrag dazu zeigt sich das Augsburger Bukowina-Institut politisch höchst aktuell.
Von Halrun Reinholz
Boris Reitschuster (sitzend), am Rednerpult Eduard Kukla (Foto: Luzian Geier)
Im Bukowina-Institut an der Universität Augsburg werden die Ereignisse in der Ukraine immer schon aufmerksam verfolgt, denn man hat persönliche Kontakte in dieses Land. Die nördliche Hälfte der historischen altösterreichischen Region Bukowina, nach der das Institut benannt ist, gehört zusammen mit der ehemaligen Hauptstadt Czernowitz (ukrainisch Tscherniwzi) seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Ukraine. Die Wende brachte die Möglichkeit, sich auch persönlich mit den beiden Bukowina-Ländern Ukraine und Rumänien auszutauschen und seither pflegt das Institut einen regen Kontakt mit dortigen Universitäten und Institutionen, Dozenten und Studenten tauschen sich auf gemeinsamen Tagungen aus und das Bukowina-Institut hat auch schon viele Augsburger auf seinen legendären Bukowina-Reisen (nach Nordrumänien und die Westukraine) mit der Region vertraut gemacht. Die Ausstellung „Ein neues Land“ des Prager Fotografen Eugen Kukla mit Bildern von der Bürgerbewegung auf dem Maidan war schon lange geplant.
Dass ihre Eröffnung ausgerechnet am Tag nach der nächtlichen politischen Mammutrunde in Minsk stattfinden sollte, ahnte man da noch nicht. Deshalb war es auch ungewöhnlich für die Verhältnisse des kleinen Instituts, dass mehr als 200 Eröffnungsgäste da waren. Sicher auch wegen der Fotos und ihres Themas, aber gelockt hatte nicht zuletzt der Eröffnungsredner Boris Reitschuster, langjähriger Leiter des Focus-Büros in Moskau und bekannt als scharfer Putin-Kritiker. Dazu noch gebürtiger Augsburger. Was er in seinem Vortrag „Putin x Russland = Demokratur“ zu sagen hatte, war nicht dazu angetan, große Hoffnungen in den soeben unterzeichneten Minsker Waffenstillstand zu setzen. Schonungslos und in freiem Vortrag erörterte der Journalist seine Befürchtungen zur weiteren Handlungsweise des russischen Präsidenten und begründete sie mit seinen langjährigen Recherchen aus der unmittelbaren Nähe in Moskau. Seine Schelte galt vor allem den westlichen Politikern, die die Situation in Russland nach seiner Auffassung vollkommen unterschätzen und sich „wie Sozialpädagogen statt wie strategische Politiker“ benehmen würden gegenüber einem Machthaber, der nach wie vor in den erlernten KGB-Kategorien denkt und seine Macht auf eine nur notdürftig als Demokratie getarnte Diktatur stützt. Die aktuellen leidtragenden dieser Politik sind die Ukrainer, nun im öffentlichen Fokus. Mit zahlreichen konkreten Erlebnissen belegt Reitschuster seine Haltung. Auch während der Geschehnisse auf dem Maidan wurde er Zeuge der organisierten prorussischen Gegendemonstrationen.
Der Maidan-Fotograf Eugen Kukla bestätigte in seiner Einführung zur Ausstellung die friedliche Aufbruchsstimmung der orangenen Revolution, die er bei fünf Besuchen vor Ort erlebt und auf seinen Bildern festgehalten hatte. Diese Bilder einer angst- aber auch hoffnungsvollen Vergangenheit der Ukraine haben jetzt eine weitere Dimension der Aktualität erreicht und werden damit zum Mahnmal für eine friedliche Lösung des Konflikts mit Russland. Im Bukowina-Institut sind sie noch bis zum 2. April zu sehen.
Bukowina-Institut an der Universität Augsburg, Alter Postweg 97a, geöffnet Mo-Fr 9-15 Uhr
www.bukowina-institut.de