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Dienstag, 16.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Ein Jazz-“Echo“ für Tim Allhoff

Der Augsburger erhält die Auszeichnung als „Newcomer des Jahres“

Von Frank Heindl

Augsburger Jazzer mit hoher Auszeichung: Tim Allhoff hat den „JazzEcho“ erhalten.

Augsburger Jazzer mit hoher Auszeichung: Tim Allhoff hat den „JazzEcho“ erhalten.


2008 hat der in Augsburg lebende Pianist Tim Allhoff ein eigenes Trio mit dem Kontrabassisten Andreas Kurz und dem Schlagzeuger Bastian Jütte gegründet. Schon 2010 holte sich das Trio den neuen deutschen Jazzpreis ab. Nun folgte für Allhoff eine noch größere Ehre: In der vergangenen Wochen wurde er mit dem ECHOjazz in der Kategorie „Newcomer des Jahres national“ ausgezeichnet für das neue Album des Trios mit dem Titel „Prelude“. Schon seit mehreren Jahren hat Allhoff unter anderem mit Musikern wie Larry Grenadier, Dieter Ilg gearbeitet. Neben seiner Arbeit als Pianist und Komponist ist er auch als Arrangeur und Auftragskomponist von Bühnen- und Filmmusik tätig und hat seit September 2009 die musikalische Leitung am Theater Ingolstadt inne.

Schon Anfang des Jahres ist bei „jawo“ eine bemerkenswerte Platte erschienen, auf der Allhoff eine wichtige Rolle spielt – das Alex Jung Quartet & Johannes Enders präsentieren auf „Love and the Inception“ sieben Stücke von Alex Jung und den Horace-Silver-Evergreen „Peace“. Beim Telefonat mit der DAZ am vergangenen Wochenende kannte Allhoff die Platte selbst noch nicht, hatte aber fest vor, sie sich jetzt ganz schnell anzuhören. Das könnte sich lohnen – „Love and the Inception“ ist eine spannende, moderne, stilistisch weit gefächerte Scheibe, die schon beim kurzen Reinhören fesselt. Der Tenor-Saxophonist Johannes Enders und Alex Jung an der Gitarre erweitern ihre Musik in kürzester Zeit von komplexen Themen weit in die Richtung eines sehr freien Zusammenspiels, Allhoffs rhythmische und harmonische Arbeit grundiert diesen Sound abwechslungsreich und anpassungsfähig – zurückhaltend, wenn es, wie etwa bei „Gather Momentum“ um sanft-balladenhaftes im lateinamerikanischen Kontext geht, offensiv, wenn er interpretatorisch weit ausgreifende Soli spielt.

Neigung und Talente fürs Filigrane – Brad Mehldau war das Vorbild

In „Prelude“ mit seinem eigenen Trio steht Allhoff natürlich voll im Mittelpunkt. Auch diese Platte zieht den Hörer sofort hinein: Mit einem sehr kleinen Thema im ersten Stück, „winzigwinzigklein“ genannt, das sich schnell zu einem druckvollen, dynamischen Kleinod auswächst und gleich mal Allhoffs gelegentliche Vorliebe für ein bisschen konstruierte Schlüsse offenbart. Hier ist es ein unvermuteter Dur-Akkord wie auch beim vierten Stück „ikkakuju“. Zehn Stücke enthält die CD, sieben davon aus Allhoffs Feder, manche mit durchaus „klassischem“ Jazzton – das Thema von „ohne titel“ etwa könnte durchaus aus einem Realbook der großen Jazzhits stammen – so wie „don’t explain“, das letzte Stück, geschrieben von Billy Holiday und Arthur Herzog, in dem Allhoff nur zu Anfang ein kleines bisschen den Blues aufscheinen lässt, um dann einer wundervolle Ballade einen Tribut von bleibender Schönheit abzustatten. Doch nicht nur hier, sondern auch in den Abschnitten, wo das Trio mit voller Energie spielt, offenbart sich Allhoffs Neigung und Talent fürs Filigrane, fürs Durchsichtige, fein Strukturierte. Im Booklet weist Ralf Dombrowski zu Recht auf die Nähe Allhoffs zu Brad Mehldau hin – Allhoff ist nicht zuletzt auch ein großartiger Lyriker, ein Musiker, bei dem es nie auf die Wucht, immer aber auf jeden einzelnen Ton ankommt.

Von sensationellen Newcomern ist oftmals nach ersten großen Meriten schon bald nicht mehr viel zu hören – kein Wunder in einer Jazzwelt voller großer Talente und auf einem Plattenmarkt, der so viel Hörenswertes bietet, durch das sich kein Mensch je durcharbeiten kann. „Prelude“ jedenfalls bringt einen Pianisten zu Gehör, dem man eine erfolgreiche Zukunft nicht nur wünschen, sondern auch zutrauen kann.

Tim Allhoff Trio: „Prelude“. Doublemoon, 201.

Alex Jung Quartet & Johannes Enders (mit Tim Allhoff am Piano): “Love and the Inception”. Jawo 2011.


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