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Donnerstag, 28.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Ein Jahr DIE LINKE im Augsburger Stadtrat

Mit einem Empfang im Rathaus feierten die Linken gestern ihre einjährige Präsenz im Augsburger Stadtrat. Als Gäste sprachen die linken Bundestagsabgeordneten Kornelia Möller und Klaus Ernst.

Dietmar Michalke

Dietmar Michalke


„Wenn es eine Zeit für linke Politik gibt, dann ist diese jetzt gekommen“, so begann Dietmar Michalke seinen Rückblick auf ein Jahr linke Stadtratstätigkeit. Angesichts der Krise mit steigender Arbeitslosigkeit sei die Position der Linken längst keine Sozialromantik mehr. Beispielhaft führte Michalke den von seiner Partei beantragten Sozialpass für ALG II-Empfänger an: Diese sollten von Behördengebühren befreit werden, freien Eintritt in Museen, den Zoo und die Stadtbücherei erhalten, außerdem kostenlose Theater-Restkarten und eine ÖPNV-Monatskarte für 14 Euro. Dies sei der Satz für ALG-Empfänger und „dafür sollte man die Monatskarte dann auch kaufen können“, so Michalke.

Viel Geld werde in Augsburg verplempert, das man besser in echte soziale Aufgaben stecken könnte, Beispiel: die rund 5 Millionen Euro für die FIFA Frauenfußball-WM. Den Imagegewinn für Augsburg durch die Ausrichtung der Weltmeisterschaft sehen die Linken nicht. Michalke schilderte den Test, den er hierzu durchgeführt hat: Nur einer von 60 Stadträten hatte die Frage richtig beantworten können, in welcher Stadt die letzte Frauen-WM stattgefunden hat. Michalke möchte im Stadtrat weiter versuchen, unsoziale Beschlüsse zu verhindern. „Wir sind manchmal Außenseiter, weil wir soziale Themen aufgreifen“, schloss der Stadtrat seinen Rück- und Ausblick.

„Berühmt-berüchtigte Fragen“

Stadtratskollege Alexander Süßmair kritisierte die ausschließliche Organisation des Augsburger Friedensfestes durch die beiden großen Kirchen. Das Fest sei Sache aller Menschen. Erstaunt sei er deshalb gewesen, dass sein Pochen auf verfassungsgemäße Neutralität im Stadtrat Unfrieden ausgelöst habe. Das Maxstraßenproblem ist für Süßmair ein gesamtgesellschaftliches. Der soziale Druck auf die Menschen nehme zu und suche sich Alkohol und Gewalt als Ventil. Ordnungspolitik oder das Abstempeln von Imbissläden als Sündenbock sei der falsche Lösungsansatz. Auch Süßmair möchte im Stadtrat künftig mit seinen „berühmt-berüchtigten“ Fragen präsent sein und weiter soziale Gerechtigkeit einfordern.

MdB Klaus Ernst

MdB Klaus Ernst


Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, sprach anschließend zum Thema, das aus seiner Sicht die Menschen bewegt: die Wirtschafts- und Finanzkrise. „Wie können wir verhindern, dass Menschen, die nichts dafür können, die Leidtragenden davon werden, was eine Minderheit angerichtet hat?“, sei aktuell die Frage. Die Linke setze sich deshalb für eine Verlängerung der Kurzarbeit, längere Zahlung von Arbeitslosengeld I und eine deutliche Aufstockung von ALG II ein. Der Bankensektor müsse unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden. Nur so sei gewährleistet, dass die Realwirtschaft wieder mit Krediten versorgt wird, wie es das verfassungsgemäße Gemeinwohlgebot vorsehe.

MdB Kornelia Möller

MdB Kornelia Möller


„Zwei starke Stimmen“

Kornelia Möller, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, verwies auf den jüngsten Augsburger Armutsbericht. 5596 Kinder leben von der Grundsicherung. Das heiße nichts anderes als dass es „ungesicherte Bedarfe“ gebe. Dafür brauche es die Linken, „die den Finger drauflegen“. Bei Michalke und Süßmair bedankte sich Möller für ihre „wunderbare Stadtratsarbeit“. „Jetzt haben Menschen, die bisher keine Lobby hatten, zwei starke Stimmen!“ Das habe selbst die Presse zur Kenntnis genommen.