Ein Fest für das Staatstheater Augsburg
Mit dem traditionellen Theaterfest zur Spielzeiteröffnung wurde im nun schon vertrauten Martinipark die neue Spielzeit eingeläutet. Fast so wie immer – aber doch mit einigen neuen Akzenten. Und mit dem neuen Logo des Staatstheaters Augsburg.
André Bücker wirkte entspannt, als er auf der Bühne im Martinipark die Spielzeitshow moderierte. Die Schwierigkeiten des Interims sind zwar immer nochvorhanden, es stehen weiterhin Umzüge bevor, aber immerhin darf man sich nun mit dem Titel „Staatstheater“ schmücken. Und als Sahnehäubchen dann kurz vor Spielzeitbeginn die Meldung: Eines der neuen Ensemblemitglieder, die Mezzosopranistin Natalya Boeva, gewann den ersten Preis im ARD-Musikwettberwerb. Die Preisgekrönte war allerdings nicht in der Spielzeitshow zu sehen oder zu hören, die wie in jedem Jahr dem Publikum ein paar Appetithäppchen aus den bereits in Vorbereitung befindlichen Produktionen servierte. Doch das Musiktheater hat auch sonst aufgestockt und die teils unerfreulichen Abgänge der letzten Spielzeit ausgeglichen: Die sehr junge Olena Sloia stieg gleich mit der „Hölle der Rache“ in die Gunst des Augsburger Publikums ein, die sie auch demnächst als Königin der Nacht in der Zauberflöte singen wird. Kate Allen bot im Kontrast dazu eine Arie (wenn man das so nennen kann) aus der Oper JFK von David T. Little an, die als europäische Erstaufführung in Augsburg zu sehen sein wird. Auch die Oper „Dalibor“ von Smetana ist ein Schmankerl der neuen Spielzeit. Zwar hat der neue Spielplan wieder ein bisschen mehr Bekanntes und Vertrautes zu bieten, doch André Bücker bekannte sich zur Spielzeiteröffnung noch einmal explizit zu seinem Konzept, Neues und selten Gespieltes im Fokus der Auswahl zu haben. Im Musiktheater ist das vertraute außer der Zauberflöte auch Donizettis Don Pasquale, aus dem sowohl das Orchester mit der Ouverture als auch die bereits in der letzten Spielzeit zum Publikumsliebling avancierte Koreanerin Jihyun Cecilia Lee eine Kostprobe gaben.
Das Schauspielensemble präsentierte sich zunächst mit der unterhaltsamen Polizisten-Szene aus dem bereits in der letzten Spielzeit angelaufenen Shakespeare-Stück „Viel Lärm um nichts“. Die erste Schauspielpremiere der Spielzeit wird bereits am nächsten Wochenende die „Orestie“ sein, ein 2500 Jahre alter Stoff, der nichts von seiner Aktualität und der Befindlichkeit des Rechtsstaates eingebüßt hat, wie der Intendant präzisierte. Eine besondere Herausforderung verspricht eine weitere Premiere des Schauspiels: Peter Shaffers „Amadeus“, der den meisten Zuschauern von der Verfilmung durch Milos Forman bekannt sein dürfte. Anatol Käbisch und Katharina Rehn gaben als Mozart und Konstanze gemeinsam mit Thomas Prazak als Salieri Einblick in die Produktion.
Besonderen Applaus ernteten die Darbietungen des Ballettensembles. Ballettdirektor Ricardo Fernando hat sich als abendfüllendes Spektakel der neuen Spielzeit die „Vier Jahreszeiten“ vorgenommen. Die von Vivaldi, aber auch die von Philip Glass, dessen Musik zum Ballett „Hamlet“ das Augsburger Publikum noch in sehr positiver Erinnerung hat. Zur Spielzeitshow gab es schon mal den „Winter“ von Vivaldi zu sehen. Danach noch einen Pas de deux mit den Neuzugängen Samuel Maxted und Karen Mesquito.
Der zweite Teil der Show war der Verleihung der Theaterpreise für die vergangene Spielzeit gewidmet. Diese seit Jahren vom Augsburg-Journal und dem Förderverein der Theaterfreunde ausgerichtete Gala soll ein Zeichen der Wertschätzung für das Theater sein. Ein Künstler jeder Sparte erhält nach der Auswahl durch die siebenköpfige Jury ein Preisgeld von 1000 Euro, wie der Vorsitzende der Theaterfreunde Rolf D. Neuburger dem Publikum erklärte. Die Prämierten des Abends sind Jihyun Cecilia Lee für das Musiktheater, Thomas Prazakfür das Schauspiel und Ji Won Kim Doede für das Ballett. Den Publikumspreis erhielt Ricardo Fernando für seine umjubelte Schwanensee-Inszenierung, die zur Freude des Publikums wieder aufgenommen wird. Der Sonderpreis ging an die Produktion „Herz aus Gold“, die Fugger-Geschichte, die im Sommer ihre Uraufführung auf der Freilichtbühne hatte und trotz aller Skepsis beim Publikum bestens ankam. Texter Andreas Hillger und Komponist Stephan Kanyar zeigten sich erfreut über die Resonanz des Auftragswerks in der Fuggerstadt Augsburg und auch Laudatorin Theresia Gräfin Fugger von Glött bestätigte die positive Resonanz in den Familien der Fugger-Nachfahren. Nach der Preisverleihung war zu erfahren, dass Rolf Neuburger den Vorsitz der Theaterfreunde nach sieben Jahren in jüngere Hände legen möchte. Eigentlich wollte er das auf der Bühne kundtun, doch im Geplauder mit seinem alten Weggefährten Walter Schilffarth wurde das vergessen. Klaus Vogelsang, Theaterbeauftragter der Universität, wird sich als sein Nachfolger fortan bemühen, den Mitgliederstamm des Fördervereins zu verjüngen – was gerade auch im Hinblick auf die Begleitung der Theatersanierung als wichtig erachtet.
Die Spielzeitshow war wie immer nur der Höhepunkt eines ganzen Theaterfest-Tages, an dem von Kinderspielen über Speed-Dating, Geländeführungen, Tanzkursen, Bands auf der Wiesenbühne, Familienkonzert, Aufführungen von Schulchören, Theaterauftritten von Gästen und Ballett-Nachwuchs alles Mögliche zur Belustigung des Publikums geboten war. Die Resonanz konnte sich auch Dank des unerwartet guten Wetters sehen lassen. Erst während der Verleihung des Theaterpreises zog der Sturm über Augsburg und der Regen trommelte auf das Hallen-Dach. Nicht ganz so schlimm wie im letzten Jahr bei der Premiere von Momo, offenbar hat man inzwischen Maßnahmen zum Schallschutz getroffen. Deshalb alles in allem ein vielversprechender Start in die neue Spielzeit, die nach langer Abstinenz den Theaterhunger wieder aufleben lässt.