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Samstag, 26.10.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

“Eigenlob stinkt”

Warum in Augsburg die Kulturpolitik über Selbstbeweihräucherung nicht hinauskommt

Kommentar von Siegfried Zagler

Kaum ist das Brechtfestival aus, schwingt sich die Stadt zusammen mit Patrick Wengenroth und der scheidenden Theaterintendantin mit Erklärungen über das vergangene Brechtfestival auf die heiligen Höhen der Selbstbewertung. Besser gesagt: Diejenigen, die das Brechtfestival zu verantworten haben, loben sich selbst in den Himmel und kommentieren zumindest ansatzweise die öffentliche Berichterstattung kritisch, indem sie zwischen lokaler und überregionaler Presse unterscheiden.

Das ist nichts Neues. Joachim Lang, Peter Grab und Co. haben mit diesem Unfug angefangen und dabei die Stadt Augsburg zu einer erstklassigen Lachnummer verkommen lassen. Dass nun Thomas Weitzel und Patrick Wengenroth damit fortfahren, macht den Sündenfall der Grab-Ära nur noch schlimmer. Doch um Peinlichkeiten soll es an dieser Stelle nicht gehen, sondern vielmehr darum, warum man die Stadt in die Pflicht nehmen muss, Kulturpolitik zu gestalten, ohne gleich die eigene Bewertung hinterher schicken zu müssen.

Es soll auch nicht um die Frage gehen, ob Wengenroth ein glänzender Brechtfestival-Macher ist oder nicht. Wichtiger ist vielmehr, dass er von der Stadt einen grob beschriebenen Auftrag erhält, den er mit vollkommener künstlerischer Freiheit zu gestalten hat.

In dieser Angelegenheit ist es ebenfalls von großer Bedeutung, dass die Laufzeit eines Festivalmachers eindeutig und unverrückbar begrenzt ist. An dem Flurschaden des Gefälligen, der von der siebenjährigen Lang-Ära verursacht worden ist, wird die Kulturstadt Augsburg noch lange laborieren.

Nur wenn einem künstlerischen Leiter zwei oder drei Festivals (ohne die geringste Chance auf Verlängerung) seitens der Stadt angeboten werden, die er, unbeeinflusst von lokalen Akteuren, frei gestalten kann, besteht die Chance auf ein hochwertiges Festival. Wenn aber ein Festival-Macher stets mit einem weiteren Festival liebäugeln kann, sind Gefälligkeitsattitüden zu befürchten, wie die endlosen Lang-Festivals gezeigt haben – und auch das Wengenroth-Festival bereits gezeigt hat.

Deshalb muss in den genetischen Code eines Festivals gestanzt werden, dass dem jeweiligen Festivalleiter nicht mehr als zwei (oder drei) Gestaltungseinheiten zugebilligt werden. “Eigenlob stinkt”, sagt der Volksmund. Wer sich selbst loben muss, leidet nicht selten an Aufmerksamkeitsmangel.

Wenn die Stadt für ihre Brechtfestivals mehr Beachtung finden will, sollte sie zwei Dinge ins Auge fassen. Erstens die Freiheit der Kunst gewährleisten und zweitens müsste sie wesentlich mehr Mittel zur Verfügung stellen.