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Mittwoch, 12.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Döner & Co. dürfen wieder raus – ausnahmsweise

Zwei konkurrierende Anträge zur Lockerung der „Sperrzeitenregelung für den Außenverkauf von Speisen und Getränken“ in der Innenstadt, umgangssprachlich als „Dönerverbot“ abgekürzt, standen gestern auf der Tagesordnung des Allgemeinen Ausschusses des Stadtrats. Einer wurde angenommen.

Der SPD-Antrag, der auch von den Grünen unterstützt wurde, sah vor, die „Änderungsverordnung zur Verordnung über die Ausnahmen von der Allgemeinen Sperrzeit“ vom 23.02.09 so zu ändern, dass Speisen und nichtalkoholische Getränke wieder uneingeschränkt verkauft werden dürfen. Dies kritisierte Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg): „Wenn die Verordnung aufgehoben würde, würde der Stadt das Heft des Handelns aus der Hand genommen. Es darf sich nichts zum Schlechteren verändern. Wir wollen den Weg des Miteinanders weitergehen.“

Rainer Schönberg (Freie Wähler) argumentierte ähnlich: „Wenn ich die Verordnung wegnehme, stelle ich den desolaten Zustand von früher wieder her.“ Noch weiter ging Claudia Haselmeier (CSU), die in dem SPD-Antrag einen „Verrat an den Anwohnern und die einseitige Bevorzugung einer Gruppe von Bürgern“ sah. Herr Spindler als Vertreter der Verwaltung trug rechtliche Bedenken gegen den SPD-Antrag vor. Für den Punkt 2 des SPD-Antrags, der eine Beteiligung der Gastronomen an den Kosten der Müllbeseitigung vorsah, gebe es keine Ermächtigungsgrundlage im Abfallrecht. In diesem Punkt sei also keine „freie politische Disposition“ möglich.

Lösung per Ausnahmegenehmigung

CSU und Pro Augsburg präferierten einen anderen Weg. Ihr als Tischvorlage verteilter Dringlichkeitsantrag vom 28. Oktober sah vor, das Außenverkaufsverbot grundsätzlich beizubehalten, den Gastronomen aber die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen zu eröffnen, unter starken Auflagen, zu deren Einhaltung sich die Gaststättenbetriebe verpflichten müssten:

  • „Abfälle und Verpackungsmüll werden durch betriebseigenes Personal im Umkreis von 50 Metern um die Betriebsstätte zum Beginn der allgemeinen Sperrzeit (Putzstunde) um 5:00 Uhr morgens auf Kosten des Betriebs eingesammelt und beseitigt (Anm. d. Red.: bisher gilt gemäß Straßenreinigungs- und -sicherungsverordnung ein Umkreis von 20 m),
  • Die im Rahmen der Reinigungsaktion erkannten Orte menschlicher Ausscheidungen werden dokumentiert und dem Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungsbetrieb bis 5:30 Uhr morgens gemeldet, um eine gezielte Frühreinigung zu ermöglichen,
  • In der Zeit von 1:00 Uhr bis 5:00 Uhr, bzw. zu den Uhrzeiten, für die die Ausnahmen genehmigt werden, beschäftigt der Betrieb auf eigene Kosten geeignetes Personal, welches im Umkreis von 25 Metern zum Eingang des Betriebs lautstarke Passanten um Ruhe bittet.“

Ferner müssten die Gastronomen nachweisen, dass die gesetzlichen Lärm-Grenzwerte für das Zeitfenster der beantragten Ausnahme eingehalten werden. Letzteres ging Verena von Mutius (Grüne) zu weit: „Die Lärmregelung ist eine harte Bedingung, die kein Mensch erfüllen kann.“ Kritik am Regierungsvorschlag kam auch von Margarete Heinrich (SPD). Die Auflagen seien indirekte Zwangsmaßnahmen und eine Vorlage für Denunzierungen. Die Lärm-Auflagen seien nicht zu kontrollieren, wodurch die Wirte erpressbar würden.

Erpressungsvorwurf zurückgewiesen

Ordnungsreferent Walter Böhm

Ordnungsreferent Walter Böhm


Ordnungsreferent Walter Böhm wies den Erpressungsvorwurf zurück und erklärte das Procedere zu den Lärmgutachten so: Die Lärmmessungen seien vom Gastronomen zu veranlassen, ein vom Antragsteller zu bezahlender Gutachter bestätige dann die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte, die Verwaltung prüfe das Gutachten und das Bürgeramt erteile die Ausnahmegenehmigung.

Kontrovers diskutiert wurde auch die Außenwirkung des sog. „Dönerverbots“ in der Vergangenheit. Während Verena von Mutius konstatierte, Augsburg habe sich in der ganzen Bundesrepublik lächerlich gemacht, nahm Beate Schabert-Zeidler die Berichterstattung in den Medien, insbesondere den Vorwurf der Provinzialität aufs Korn: „Ist Rom provinziell? Auf der Spanischen Treppe darf man überhaupt nichts essen und trinken, weil die Stadt anders der Abfallproblematik nicht Herr wird.“

Der Ausschuss lehnte den Antrag der SPD mit 7:5 Stimmen ab. Der Antrag von CSU und Pro Augsburg wurde ebenso knapp mit sieben Stimmen angenommen, gegen die fünf Stimmen von SPD und Grünen.

» Antrag der SPD vom 19.10.2009 (pdf 227 kB, via SPD Augsburg)