Die gar nicht so wundersame Welt der Waschkraft
Regisseur Hans-Christian Schmid ist am Freitag zu Gast bei den Augsburger Filmtagen
Zuletzt konnte Hans-Christian Schmid mit seinem Film “Requiem” (2006) mehrere wichtige deutsche Filmpreise abräumen. Bei den Augsburger Filmtagen läuft nun sein neuestes Werk, der Dokumentarfilm “Die wundersame Welt der Waschkraft.” DAZ-Redakteur Frank Heindl sprach mit dem Regisseur.
DAZ: Herr Schmid, worum geht’s in Ihrem neuen Film?
Schmid: Zum einen geht es um eine deutsche Wäscherei in Polen, in der rund um die Uhr die Wäsche von noblen Berliner Hotels gewaschen wird. Das Unternehmen hat sich nach dem Fall der Mauer genau auf diesen Markt eingestellt. Zum anderen geht’s um die Wäscherinnen selbst, darum, wie diese Arbeit ihr Leben und das ihrer Familien beeinflusst.
DAZ: Ist der Film globalisierungskritisch?
Schmid: Ja sicher, aber das ist nicht sein Hauptanliegen. Mir geht’s in erster Linie um die Portraits dieser Frauen. Polen ist ‘ne Stunde von Berlin weg, wo ich lebe, aber wir wissen sehr wenig über dieses Land, das ist kein Reise- oder Urlaubsland. Aber klar hat das Thema auch was mit Globalisierung zu tun. Der Grund, diese Wäscherei in Polen zu betreiben, ist natürlich das Lohngefälle: Die polnischen Wäscherinnen kriegen etwa ein Drittel von dem bezahlt, was die Arbeitskräfte hier in Deutschland verdienen würden.
DAZ: Ich habe mal ‘ne Reportage in der Süddeutschen Zeitung zu diesem Thema gelesen …
Schmid: … und genau diese Reportage war der Auslöser für den Film. Ich hab die auch gelesen und eine Stunde später mit dem Kameramann telefoniert, der mit mir mehrere Filme gedreht hat und der aus Krakau stammt. Wir haben sofort beschlossen, dass wir zu diesem Thema was auf die Beine stellen wollen. Das kam mir schon beim Lesen vor wie eine nicht verfilmte Episode.
DAZ: Als Zuschauer könnte man ja leicht Skrupel bekommen und sich beispielsweise vornehmen, nie mehr seine Wäsche in die Wäscherei zu geben. Andererseits sind Betroffenen froh, wenn sie wenigstens einen schlecht bezahlten Job haben. Kann man noch guten Gewissens ins Hotel gehen?
Schmid: Die polnischen Wäscherinnen arbeiten für umgerechnet etwa 300 Euro im Monat. Man sollte sich als Hotelgast schon Gedanken darüber machen, dass man Teil eines Dienstleistungssektors wird, in dem ganz knallhart kalkuliert wird. Allerdings: An welchen Bereichen des Lebens kann man problemlos teilnehmen? Wo wird mein Auto gebaut, wo wird mein Laptop zusammengeschraubt? Aber es ist sicher sehr wichtig, diese Dinge im Hinterkopf zu behalten.
“Die wundersame Welt der Waschkraft” läuft am Donnerstag um 22 Uhr, am Freitag um 20.30 Uhr und am Sonntag um 14 Uhr bei den Tagen des unabhängigen Films. Am Freitag ist Regisseur Hans-Christian Schmid bei der Vorführung zu Gast. Veranstaltungsorte unter www.filmfest-augsburg.de.