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Montag, 28.10.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Die 1-Lux-Fassade

Aufflammende Kritik an der jetzt fertiggestellten Leuchtfassade des Curt-Frenzel-Eisstadions hat WBG-Chef Dr. Mark Dominik Hoppe zu einem klarstellenden Schritt vor die Presse veranlasst. Alles sei eine Frage des Geschmacks, über den es sich bekanntlich nicht streiten lässt.

Von Bruno Stubenrauch

Kaltweiße und warmweiße LED in unregelmäßigen Strukturen symbolisieren Kratzer auf schimmerndem Eis: Leuchtfassade des Curt-Frenzel-Stadions

Frankfurt hat sein Licht-Kultur-Spektakel “Luminale”, Nürnberg die “Blaue Nacht”, Peking seinen “Watercube” und selbst Donauwörth veranstaltet eine jährliche Lichternacht mit illuminierten Fassaden. Augsburg scheint dagegen Probleme mit leuchtender Architektur zu haben, wie die jüngste Kritik an der Fassadenbeleuchtung des Curt-Frenzel-Stadions (CFS) zeigt. Eishockey­fans, aber auch Lokalpolitiker zeigen sich enttäuscht von der Fassade, die nicht mehr der erwarteten, ursprünglich geplanten “leuchtenden Eisscholle” des Architekten­wettbewerbs entspricht.

Anwohner befürchten Schlafentzug durch Lichtimmissionen

Supervollmond im August

Supervollmond im August 2014


“Von der erwarteten flächenhaften, indirekten weißen Beleuchtung, wie sie vorgesehen war, ist nichts zu erkennen”, so Christian Moravcik, stellvertretender Fraktions­vorsitzen­der der Grünen im Stadtrat. Die WBG-Tochter AGS (Augsburger Gesellschaft für Stadt­entwicklung), für die Projekt­steuerung des Stadion­umbaues zuständig, hatte allerdings gute Gründe, die “leuchtende Eisscholle” zu verwerfen: Anwohner hatten gedroht, gegen die ihrer Ansicht nach zu helle Leuchtfassade vorzugehen. Anspruchsgrundlage: die so genannte “Licht-Richtlinie” aus dem Jahr 2012. Sie ist zwar kein Gesetz, wird aber regelmäßig von Gerichten herangezogen, wenn sich Nachbarn wegen zu heller Lichtquellen streiten. Das Papier enthält u.a. Richtwerte, wieviel fremdes Licht in welchen Gebieten nach 22 Uhr maximal auf Schlaf­zimmer­fenster treffen darf. Beim CFS ist es 1 Lux, was in etwa der Leuchtkraft von fünf Vollmonden entspricht.

Riesiges Fassadenmodell erstellt

Fast niemand wollte es sehen: das "Mock-up"

Fast niemand wollte es sehen: das 4 x 7 Meter große "Mock-up" (Bild: AGS)


Um der nachbarlichen “Bedrohung” zu entgehen, schaltete die AGS einen Lichtplaner ein, der zusammen mit den Münchner Fassaden­architekten eine Lösung fand. Man verab­schiedete sich von der komplett gleichmäßigen Hinter­leuchtung, die nur mit einer großen Anzahl an Lichtquellen herzu­stellen gewesen wäre – zugunsten einer reduzierten Beleuchtung mit unregel­mäßigen Strukturen, die Kratzer im Eis symbolisieren sollen. Auf ausdrück­lichen Wunsch des Architekturbüros, gebranntes Kind in Sachen schlecht kommunizierter Plan­modifi­zierungen, ließ die AGS zwecks Veranschaulichung der Änderungen ein vier mal sieben Meter großes “Mock-up”, ein 1:1-Modell eines Fassaden­ausschnitts herstellen und im Mai 2012 in der Turnhalle der Reese-Kaserne aufbauen.

Entwurfspräsentation mit bescheidenem Echo

Schwimmhalle "watercube" in Peking (Bild: Ausstellung "Textile Architektur" im tim)

Schwimmhalle "watercube" in Peking (Bild: Ausstellung "Textile Architektur" im tim)


“Wir haben mit großem Verteiler zur Modell­besichtigung eingeladen”, teilte die AGS gestern auf Nachfrage der DAZ mit. Auf der Liste hätten die Panther, Fan-Vertreter, alle Stadtrats­fraktionen und die Mitglieder des Bauaus­schusses und des Sport­aus­schusses gestanden. Die Präsentation sei zudem zeitlich weit vor der Ausschreibung und Detail­planung erfolgt, so die Architekten: “Wären damals Einwände gekommen, hätte man problemlos reagieren können”. Das Echo war laut AGS allerdings “bescheiden”. Nach DAZ-Informationen kamen nur die Panther sowie zwei der 60 Stadträte – jedoch keine Einwände.

“Auch keinerlei negative Reaktion in der Probephase”

Illuminierte Fachwerkfassade in der Donauwörther Lichternacht 2011

Illuminierte Fachwerkfassade in der Donauwörther Lichternacht 2011


Die geänderte Fassade war anschließend Berichtsgegenstand im Sportausschuss. Einen formalen Beschluss gab es laut AGS nicht. Jedoch seien “weitere externe Nachfragen” zur Fassade von der AGS “nicht nur mit Fotos des Modell­abschnitts, sondern auch mit dem Hinweis beantwortet worden, die Beleuchtung sei in unregelmäßigen Strukturen geplant”, so Dr. Hoppe in seiner Pressemitteilung vom gestrigen Mittwoch. Ausschreibung und Ausführung schritten unbeanstandet voran. Auch auf die Probephase der Beleuchtung von Oktober 2013 bis Januar 2014 habe es keinerlei negative Reaktion gegeben, so Dr. Hoppe, der die erst jetzt aufflammende Diskussion um die Gestaltung nicht nachvoll­ziehen kann.

Die Grünen im Stadtrat fordern jetzt weitere Aufklärung. “Darauf, dass sich die Art der Installation derart verändert, wurden wir im Stadtrat nicht explizit hingewiesen”, so die Fraktionsvorsitzende Martina Wild gestern. Nun soll im nächsten Bauausschuss über die Fassadenerstellung, über Gründe für die Differenz zum Wettbewerbsergebnis der “leuchtenden Eisscholle” und über die mit der Fassade verbundene Kostensituation berichtet werden.

Von den Medien als “leuchtende Eisscholle” bezeichnet: Visualisierung des Siegerentwurfs des Architektenwettbewerbs aus dem Jahr 2009