Die 1-Lux-Fassade
Aufflammende Kritik an der jetzt fertiggestellten Leuchtfassade des Curt-Frenzel-Eisstadions hat WBG-Chef Dr. Mark Dominik Hoppe zu einem klarstellenden Schritt vor die Presse veranlasst. Alles sei eine Frage des Geschmacks, über den es sich bekanntlich nicht streiten lässt.
Von Bruno Stubenrauch
Kaltweiße und warmweiße LED in unregelmäßigen Strukturen symbolisieren Kratzer auf schimmerndem Eis: Leuchtfassade des Curt-Frenzel-Stadions
Frankfurt hat sein Licht-Kultur-Spektakel “Luminale”, Nürnberg die “Blaue Nacht”, Peking seinen “Watercube” und selbst Donauwörth veranstaltet eine jährliche Lichternacht mit illuminierten Fassaden. Augsburg scheint dagegen Probleme mit leuchtender Architektur zu haben, wie die jüngste Kritik an der Fassadenbeleuchtung des Curt-Frenzel-Stadions (CFS) zeigt. Eishockeyfans, aber auch Lokalpolitiker zeigen sich enttäuscht von der Fassade, die nicht mehr der erwarteten, ursprünglich geplanten “leuchtenden Eisscholle” des Architektenwettbewerbs entspricht.
Anwohner befürchten Schlafentzug durch Lichtimmissionen
“Von der erwarteten flächenhaften, indirekten weißen Beleuchtung, wie sie vorgesehen war, ist nichts zu erkennen”, so Christian Moravcik, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat. Die WBG-Tochter AGS (Augsburger Gesellschaft für Stadtentwicklung), für die Projektsteuerung des Stadionumbaues zuständig, hatte allerdings gute Gründe, die “leuchtende Eisscholle” zu verwerfen: Anwohner hatten gedroht, gegen die ihrer Ansicht nach zu helle Leuchtfassade vorzugehen. Anspruchsgrundlage: die so genannte “Licht-Richtlinie” aus dem Jahr 2012. Sie ist zwar kein Gesetz, wird aber regelmäßig von Gerichten herangezogen, wenn sich Nachbarn wegen zu heller Lichtquellen streiten. Das Papier enthält u.a. Richtwerte, wieviel fremdes Licht in welchen Gebieten nach 22 Uhr maximal auf Schlafzimmerfenster treffen darf. Beim CFS ist es 1 Lux, was in etwa der Leuchtkraft von fünf Vollmonden entspricht.
Riesiges Fassadenmodell erstellt
Um der nachbarlichen “Bedrohung” zu entgehen, schaltete die AGS einen Lichtplaner ein, der zusammen mit den Münchner Fassadenarchitekten eine Lösung fand. Man verabschiedete sich von der komplett gleichmäßigen Hinterleuchtung, die nur mit einer großen Anzahl an Lichtquellen herzustellen gewesen wäre – zugunsten einer reduzierten Beleuchtung mit unregelmäßigen Strukturen, die Kratzer im Eis symbolisieren sollen. Auf ausdrücklichen Wunsch des Architekturbüros, gebranntes Kind in Sachen schlecht kommunizierter Planmodifizierungen, ließ die AGS zwecks Veranschaulichung der Änderungen ein vier mal sieben Meter großes “Mock-up”, ein 1:1-Modell eines Fassadenausschnitts herstellen und im Mai 2012 in der Turnhalle der Reese-Kaserne aufbauen.
Entwurfspräsentation mit bescheidenem Echo
“Wir haben mit großem Verteiler zur Modellbesichtigung eingeladen”, teilte die AGS gestern auf Nachfrage der DAZ mit. Auf der Liste hätten die Panther, Fan-Vertreter, alle Stadtratsfraktionen und die Mitglieder des Bauausschusses und des Sportausschusses gestanden. Die Präsentation sei zudem zeitlich weit vor der Ausschreibung und Detailplanung erfolgt, so die Architekten: “Wären damals Einwände gekommen, hätte man problemlos reagieren können”. Das Echo war laut AGS allerdings “bescheiden”. Nach DAZ-Informationen kamen nur die Panther sowie zwei der 60 Stadträte – jedoch keine Einwände.
“Auch keinerlei negative Reaktion in der Probephase”
Die geänderte Fassade war anschließend Berichtsgegenstand im Sportausschuss. Einen formalen Beschluss gab es laut AGS nicht. Jedoch seien “weitere externe Nachfragen” zur Fassade von der AGS “nicht nur mit Fotos des Modellabschnitts, sondern auch mit dem Hinweis beantwortet worden, die Beleuchtung sei in unregelmäßigen Strukturen geplant”, so Dr. Hoppe in seiner Pressemitteilung vom gestrigen Mittwoch. Ausschreibung und Ausführung schritten unbeanstandet voran. Auch auf die Probephase der Beleuchtung von Oktober 2013 bis Januar 2014 habe es keinerlei negative Reaktion gegeben, so Dr. Hoppe, der die erst jetzt aufflammende Diskussion um die Gestaltung nicht nachvollziehen kann.
Die Grünen im Stadtrat fordern jetzt weitere Aufklärung. “Darauf, dass sich die Art der Installation derart verändert, wurden wir im Stadtrat nicht explizit hingewiesen”, so die Fraktionsvorsitzende Martina Wild gestern. Nun soll im nächsten Bauausschuss über die Fassadenerstellung, über Gründe für die Differenz zum Wettbewerbsergebnis der “leuchtenden Eisscholle” und über die mit der Fassade verbundene Kostensituation berichtet werden.
Von den Medien als “leuchtende Eisscholle” bezeichnet: Visualisierung des Siegerentwurfs des Architektenwettbewerbs aus dem Jahr 2009