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Donnerstag, 16.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Deutsche Bahn AG zu Gast im Stadtrat

Der Augsburger Stadtrat hatte gestern Gelegenheit, mit Klaus-Dieter Josel, dem Konzernbevollmächtigten der DB AG für Bayern, über verschiedene Bahnthemen zu sprechen und die Positionen der Bahn anzuhören. Zur Disposition stand nichts.

Klaus-Dieter Josel

Klaus-Dieter Josel


Josel begann seinen Vortrag mit den einfacheren Themen. Mit den ICE-Zügen, die wegen Achswellenproblemen stillgelegt waren, will die Bahn Ende Juni wieder im Fahrplan sein. Wann der Fugger-Express voll einsatzfähig ist steht noch nicht fest. Unbestimmt blieb Josel auch bei der Nordanbindung im Fernverkehr. „Am Grundkonzept 2006 halten wir fest“, so der Konzernbevollmächtigte.

Konkreter wurde Josel bei den Bahnhofsplänen, zumindest bei den Punkten, die für die Bahn nicht gehen. Dazu gehört das „Loch“, wie Josel das östliche Tunnelende des Siegerentwurfs im Innenstadtwettbewerb bezeichnete. Über diesen Zugang wäre die Verteilerebene zu den Gleisen direkt vom Bahnhofsvorplatz aus erreichbar. Josels Argument zur Ablehnung: heute gehen täglich 45.000 Fahrgäste durch die Bahnhofshalle, die derzeit mit neuen Läden ausgebaut wird. 70 Prozent dieser Fahrgäste sind Ladenkunden. Durch einen direkten Zugang von der Stadt zu den Gleisen würden den Läden 25.000 Kunden wegbrechen.

Dietmar Michalke (Die Linke) kommentierte diese Haltung als Abzockermentalität. Die Bahn sei kein Luxusprodukt, sondern Infrastruktur. Josel entgegnete: „Wir zwingen die Kunden nicht, in unsere Läden zu gehen“. Die Bahn müsse aber als Wirtschaftsunternehmen agieren, nur dann sei Geld da für Baumaßnahmen wie den Augsburger Hauptbahnhof.

„Der Innenstadtwettbewerb ist Makulatur“

"Augsburger Loch"

Wettbewerbssieger: "Augsburger Loch"


Zwei weitere Entwurfsideen aus dem Innenstadtwettbewerb fielen bei Josel durch: die Fortführung des Fuß- und Radwegtunnels bis zum neuen westlichen Bahnhofsvorplatz sei als Stadtteilverbindung zu sehen. Sie falle damit in den Verantwortungsbereich der Stadt, warnte er. Eine Finanzierung über die Mobilitätsdrehscheibe sei so nicht möglich.

Auf finanzielle Konsequenzen wies Josel auch bezüglich des breiteren Mittelbahnsteigs für die Straßenbahnen hin. Wenn unten umgeplant würde, „sind wir oben natürlich auch betroffen“. Auf der Zeitschiene käme man „weit nach hinten“.

Keine Zusage gab es von Josel für den Grunderwerb zur Entlastungsstraße auf der Bahnhofswestseite, konzeptioneller Bestandteil des Innenstadtwettbewerbs. Man sei gesprächsbereit, könne aber nicht allein über den Abbau von Bahn-Infrastruktur entscheiden. Die Aussagen Josels zu den Wettbewerbsideen kommentierte Stefan Quarg (SPD) gegenüber der DAZ enttäuscht: „Wenn das alles so kommt wie von Josel vorgetragen, ist der Innenstadtwettbewerb bezüglich des Bahnhofs Makulatur“.

Breiten Raum in der Diskussion nahm auch das für den Stadtrat wünschenswerte separate Güterzugdurchfahrtsgleis ein. Josel blockte den Wunsch mit dem Argument „150 Millionen Mehrkosten“ ab. Man müsse an die zentralen Oberleitungsmasten ran, an denen die Leitungen des gesamten Bahnhofs hängen. Dafür gebe es „keinen Sponsor“. Außerdem seien Güterzugsdurchfahrten an Bahnsteigen üblich und stellten kein Sicherheitsrisiko dar. Dissens gab es über die Zahl der künftigen Güterzugsdurchfahrten. Während Josel die Prognose „heute 100, maximal eine Verdoppelung im Jahr 2030“ präsentierte, hatte Baureferent Gerd Merkle andere Zahlen. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens bei der Erstellung eines Bebauungsplanes waren der Stadt aus Berlin über 260 Züge im Jahr 2015 genannt worden, was die Planung aufwändiger Lärmschutzmaßnahmen nach sich gezogen hatte.

Am Ende der zweistündigen Aussprache versuchte OB Kurt Gribl eine positive Zusammenfassung: das Gespräch habe „ein bißchen die Distanz gelöst, die manchmal empfunden wird“. Er überreichte Klaus-Dieter Josel einen silberen Brieföffner mit dem Wunsch, „damit Sie die Briefe, die Sie aus Augsburg erreichen, besonders gerne öffnen.“