DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

“Der Stein soll liegen bleiben”

Der Zwist um die Englet-Gedenktafel verweist auf tiefe Abgründe

Von Siegfried Zagler

Streitobjekt Gedenktafel am Eiskanal


Als am 12. September 2012 am Fuße einer schmucklosen Stange, an deren “Krone” im August 1972 Karl Heinz Englet das olympische Feuer entzündete, ein Gedenkstein enthüllt wurde, konnte niemand unter den 80 geladenen Gäste ahnen, dass sich aus diesem Festakt ein beachtliches Politikum entwickeln sollte. Gesponsert wurde das “Denkmal” von der Handwerkskammer, die gesamte Show wurde von Kanu Schwaben e.V. initiiert. Unter den geladenen Gästen befanden sich Kulturreferent Peter Grab, Ordnungsreferent Volker Ullrich sowie der 2. Bürgermeister und Finanzreferent Hermann Weber. Es war kühl und es nieselte ein wenig. Gemessen an den äußeren Umständen hielt Hermann Weber in seiner Eigenschaft als 2. Bürgermeister eine lange Rede. Im Bootshaus gab es anschließend ein üppiges Buffet, an dem Hermann Weber und Peter Grab  teilnahmen. Falls dieser Festakt zur Enthüllung eines Gedenksteines keine städtische Veranstaltung gewesen sein sollte, sondern quasi eine rechtswidrige Privatveranstaltung auf städtischem Grund, muss man die Frage stellen, warum sich die Vertreter der Stadt vor und nach der Enthüllung so einvernehmlich verhielten. Im Sportausschuss wurde nämlich drei Wochen nach dieser Enthüllung dem Gedenkstein die Genehmigung verwehrt – gemäß Beschlusslage. Damit wurde der feierliche Festakt samt seiner langen Rednerliste und zahlreichen hochkarätigen Gästen zu einer absurden Theatervorstellung erklärt.

Der Sportausschuss sprach sich im März gegen einen Englet-Gedenkstein aus

Im Sportausschuss wurde noch im März 2012 mit großer Mehrheit für eine nicht personifizierte Erinnerungstafel abgestimmt. Antragsteller war damals Horst Woppowa für Kanu Schwaben. Woppowa wollte sich daran offensichtlich nicht erinnern. Anders der Sportausschuss: In einer hitzigen Sitzung am vergangenen Dienstag, 2. Oktober widmete sich der städtische Fachausschuss dem Thema mit drei Anträgen. Allerdings konnte sich der Ausschuss auf keinen davon einigen. Alle Anträge verfolgten das gleiche Ziel: Die personifizierte Tafel soll wieder weg. Zunächst lehnte der Ausschuss den Antrag ab, dass die Tafel ohne Wenn und Aber für immer verschwinden müsse, dann kam die Ablehnung zum Antrag, dass die Tafel weg müsse, bis der Ältestenrat darüber befinde und schließlich wurde der Antrag abgelehnt, dass die Tafel weg komme, bis spätestens zum nächsten Sportausschuss Horst Woppowa befragt werden könne, wie es dazu kam, dass sich Kanu Schwaben über einen Beschluss der Stadt hinweggesetzt hat.

Die Verwaltung wurde beauftragt, den Stein des Anstoßes zu entfernen

Da sich der Ausschuss also nicht auf einen differenzierten Beschluss bezüglich der neuen Situation einigen konnte, hätte man die umstrittene Tafel auch stehen lassen können. Doch schließlich verständigte sich der Ausschuss darauf, dass die personifizierte Tafel vorläufig auf jeden Fall weg müsse, da sie eindeutig gegen einen gültigen Beschluss des Sportausschusses aufgestellt wurde. Der zuständige Amtsleiter Robert Zenner wurde von Peter Grab beauftragt, den Stein des Anstoßes samt Tafel zu entfernen. Warum dieser Auftrag nicht vollzogen wurde, lässt sich nicht nachvollziehen. Gesichert ist aber, dass nur Oberbürgermeister Kurt Gribl einen Ausschussbeschluss aufheben kann. Am Donnerstag, 4. Oktober erfuhr der Stadtrat davon allerdings nichts. Der Gedenkstein steht noch.

“Der Stein soll liegen bleiben”, so Kurt Gribl zur DAZ. Für Kurt Gribl ist diese Angelegenheit vor allem eins: “ärgerlich”. Es sei nicht sensibel agiert worden, sondern auf persönlicher Ebene eine verfahrene Situation entstanden. Nun müsse man möglicherweise eine neue Beschlussvorlage herstellen und eventuell über Gestaltungsfragen des Steines neu nachdenken. Gribl ist es offenbar leid, Szenarien zu korrigieren, die aus persönlichen Empfindlichkeiten innerhalb des Regierungslagers resultieren. Wie es genau weitergehen soll, lässt Gribl noch offen. Es ist aber davon auszugehen, dass sowohl OB Kurt Gribl als auch Bernd Kränzle (CSU) dem fraktionslosen Stadtrat Karl Heinz Englet ersparen wollen, dass die Tafel, die an seinen großen Auftritt vor 40 Jahren erinnert, wieder abgeschraubt wird. Karl Heinz Englet will sich zur Sache nicht äußern und Horst Woppowa war gestern für die DAZ nicht zu erreichen.

Zwischen Englet und Holzapfel steht der blanke Hass

Die Gedenktafel-Posse verweist auf einen tiefen Abgrund. Die Beziehung zwischen Englet und Pro Augsburg ist zerrüttet. Es wäre euphemistisch von einem “Rosenkrieg” zu sprechen. Zwischen Stadtrat Dr. Rudolf Holzapfel (Pro Augsburg) und Karl Heinz Englet steht nichts anderes als der blanke Hass. Holzapfel hat sich in dieser Angelegenheit mit größtmöglicher Intensität gegen den Englet-Gedenkstein gewehrt, als würde diese Tafel der Stadt großen Schaden zufügen.

Karl Heinz Englet ist ein einflussreicher Lobbyist in Sachen Kanusport. Es ist in der Tat ein bemerkenswerter Vorgang, dass ein Vorsitzender eines Sportvereins auf städtischem Grund einem vitalen Lobbyisten eben dieses Vereins ein Denkmal setzt, ohne dass es dafür einen städtischen Beschluss gibt. Peter Grab hat sich auf dem Festakt sehr zurückhaltend verhalten, besser wäre es gewesen, er wäre gar nicht erschienen. Das Gleiche gilt für Hermann Weber.