Das Flüchtige und die Ewigkeit
Von der historischen Figur des Heiligen Georg sind weder Geburtsort noch Geburtsdatum bekannt. St. Georg ist, so will es die Legende, Märtyrer und Drachentöter in einer Person. Über sein Leben und Wirken gibt es keine gesicherten Aufzeichnungen, weshalb ihn Papst Paul VI. 1969 aus dem katholischen Heiligenkalender entfernte. Was aber den Augsburger Fotografen Walter Käsmair veranlasst hat, ausgerechnet die historisch unscharfe Figur des Heiligen Georg dergestalt scharf aus dem Dunkel einer Herbstnacht herauszuarbeiten, weiß auch er nicht genau. Manchmal ist es nur ein Schatten, manchmal eine Spiegelung und manchmal die flüchtige Existenz eines Ensembles, worauf Käsmair den Sucher seiner Kamera richtet. Das Flüchtige und die Ewigkeit sind nicht viel mehr als große Entwürfe der menschlichen Vorstellungskraft, also metaphysische Welten, die sich gegenseitig bedingen – und somit zur Metapher des Guten führen, das sich stets im Kampf gegen das Böse behaupten muss. In den Schwarz-Weiß-Fotografien des Augsburger Fotokünstlers Walter Kaismair zeigt sich eine Welt, die nur wenige Momente existiert und dennoch für die Ewigkeit geschaffen wurde. Eine Welt, die wir zwar alle kennen, die uns aber meist verborgen bleibt. Eine Welt, in der die Kunst die Aufgaben der Religion übernommen hat. Das im Nebel schwebende Licht um den verschwommenen Rathausturm war der Auslöser, der Impuls für dieses Gemälde, das auf etwas verweist, das möglicherweise größer ist als der ewige Kampf gegen die Dämonen des Bösen.
Fotografien von Walter Käsmair sind in Brechts Bistro sowie im „Andechser“ zu sehen. Seine Kalender sind in jeder besseren Buchhandlung erhältlich.