Das Treiben der Machos vom Balkan
Zur Uraufführung von „Playboy“ der serbischen Autorin Marijana Verhoef im Hoffmannkeller
Von Halrun Reinholz
Aufführungen im Hoffmannkeller sind immer sehr intim, um nicht zu sagen voyeuristisch. Zumal, wenn die Bestuhlung die Bühne in der Mitte lässt, offen nach drei Seiten. So versprach auch „Playboy“ tiefe Einblicke und hautnahen Kontakt zu den Schauspielern, die ohne Kulisse fast alle Umbau- und Umzieh-Aktionen in voller Öffentlichkeit ausführen müssen. Eine Herausforderung für die Akteure – und auch eine Chance, sich in allen Facetten des Spiels zu beweisen. Dies, das sei vorweg gesagt, ist den jungen Darstellern auch in der jüngsten Premiere im Hoffmannkeller bravourös gelungen. Alexander Darkow, Helene Blechinger und Sebastián Arranz zeigten einem genau hinschauenden Premierenpublikum hautnah, wie Theaterspielen geht.
In ihrem Stück verarbeitet die serbische Autorin die Zustände im postkommunistischen und postjugoslawischen serbischen Kleinstaat, wo sich zwischenmenschliche Kontakte in Willkür, Anarchie und mafiöse Strukturen verwandelt haben. Es geht nicht primär um Politik, sondern um die Interaktion von Menschen, die keine Werte mehr kennen. Vor allem der Umgang der macho-geprägten Männer mit Frauen („Sehe ich da etwa Cellulite?“) steht im Vordergrund. Helene Blechinger (mit Cellulite-Fatsuit!) verkörpert gleich drei Frauenrollen, die klischeehaft die Abhängigkeits- und Anbiederungsformen vor dem alles dominierenden Mann veranschaulichen: Ehefrau, Geliebte und Sekretärin – nur letztere hat zuletzt die Kraft, sich aufzulehnen und zur Waffe zu greifen. Das Verhalten des Machos hingegen ist auch geprägt von den Abhängigkeitsstrukturen der Männer untereinander: Der forsch auftretende Playboy Stevan (von Alexander Darkow hervorragend umgesetzt), der seinen Cousin Johnny zur Schnecke macht, verfällt seinerseits in hündisches Winseln, als er vom großen Fädenzieher Paki unter Druck gesetzt wird. Beide Rollen verkörpert Sebastian Arranz mit wechselndem südländischen Duckmäuser- oder Macho-Gehabe. Die Konstellation ist für aufstrebende Länder wie Serbien, die sich immer noch in einem jede Unmenschlichkeit legitimierendem Nationalrausch befinden, typisch, und so auch das erklärte Anliegen der Autorin. Doch die zwischenmenschliche Tragödie ist universell, dieser Bogen fehlt in dem Stück ein bisschen. Klar, es ist als Komödie angelegt und die Inszenierung von Katrin Plöter spart nicht mit Blut und Slapstick, Kostümphantasie, Leichen und originellen Einfällen. Ein vergnüglicher Abend, der dennoch zum Nachdenken anregt über den dünnen und rissigen Lack des respektvollen Umgangs miteinander. Nicht nur in Serbien.
Fotos: Nik Schölzel