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Samstag, 20.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Das Erlebnis-Kabinett der Regio Tourismus GmbH

Das “Fugger und Welser Erlebnismuseum” wurde am 27. September eröffnet. Gestern gab es von der Regio und ihrer Werbeagentur die erste Erfolgsmeldung: 5.000 Besucher. Unter ihnen befand sich eine Handvoll Kopfschüttler, die ohne einander zu kennen, also unabhängig voneinander, den Schreiber dieser Zeilen baten, sich das Museum ein wenig genauer anzusehen.

Kommentar von Siegfried Zagler

Foto: Martin Kluger


„Die Regio hofft nun, dass ortskundige Besucher und vor allem Schulklassen ins Domviertel strömen. Allein das Renaissance-Ambiente und der erstaunlich großzügige ehemalige Stephansgarten sind jedenfalls schon einen Besuch wert“, so endet ein DAZ-Artikel von Halrun Reinholz zur Eröffnung des Wieselhauses, dessen acht Jahre andauernde (!) Sanierung mit 3,2 Millionen Euro zu Buche schlug, während dagegen das Nutzungskonzept („Erlebnismuseum“) mit 630.000 Euro Erstellungskosten auf den ersten Blick preiswert erscheint. Von den Kosten und der unglaublich langen Sanierungsdauer sowie von dem nicht weniger unglaublichen Zwist bezüglich der Tafeltexte soll an dieser Stelle nicht die Rede sein.

Die Sanierung des Hauses ist gelungen, weil sie einen einzigartigen Blick auf den Klostergarten von St. Stephan ermöglicht und somit nicht nur die Pupillen weitet, sondern die Stadt ein Stück weit erlebbarer macht. Das „Fugger und Welser Erlebnismuseum“, wie das von der Regio entwickelte und genutzte Haus nun genannt wird, ist dagegen kein Museum, sondern eine Art interaktives Kasperletheater. Ein Museum lebt von der Aura und der Inszenierung seiner Exponate, lebt von Texten und deren Ästhetisierung und einer professionellen Dramaturgie. Davon ist im historischen Erlebnis-Kabinett der Regio Augsburg Tourismus GmbH nicht viel zu erkennen. Exponate gibt es dort ohnehin keine, wenn man von einem Glaskasten absieht, in dem Stücke lagern, die man während der Sanierung des Hauses fand. Was das mit den Fuggern und Welsern zu tun hat? Richtig: Nichts! Dieser Glaskasten ergibt keinen Sinn, es sei denn, er will mit der Anordnung der zufällig gefundenen Stücke die Beliebigkeit unterstreichen, mit der die Bild- und Textschaukästen insgesamt angeordnet wurden. Mag sein, dass ein museumspädagogisches Konzept die Struktur des „Museums“ bildet, schließlich soll das Zielpublikum aus Kindern und Schülern bestehen. Mag sein, dass es ein Erlebnis bedeutet, wenn sich Touristen in zehn bis fünfzehn Minuten in das Leben und Denken der Fugger und Welser hineinfühlen können. Es ist im Grunde auch nichts gegen die Texte einzuwenden, die das Leben und Wirken der beiden Familien erzählen. Auch magische Bücher und kleine Pfeffersäckchen sind nette und unterhaltsame Dinge.

Kurzum: Gegen ein triviales Fugger und Welser-Erlebnis-Kabinett im Domviertel wäre möglicherweise nicht viel anzuführen, wären die Filme („Video-Installationen“, wie es in der Museumssprache der Konzeptkünstler vor nicht allzu langer Zeit hieß) nicht dergestalt schlecht gemacht, dass man meinen könnte, man befinde sich in einem Labor einer Filmhochschule, das in aller Perfektion zeigt, was sich beim Schauspiel alles falsch machen lässt. Man sollte den gesamten Kulturausschuss, den Bildungs- und Finanzausschuss dazu zwingen, das Fugger und Welser-Kabinett zu besuchen und dazu zwingen, diese unsäglichen Clips anzusehen, um den Stadträten zu verdeutlichen, wie klug es einst war, als der Kulturausschuss das Brechthaus der Regio nur ein Jahr auf Probe überließ.