Das Erasmus Projekt OWNING THE FUTURE – Ein Plädoyer für Partizipation und politisches Engagement
Nach Herodot ging bei den Persern alles gut, solange sich die Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder an drei Dinge hielten: als erstes mussten sie ihnen das Reiten beibringen, als zweites das Bogenschießen und als drittes mussten sie darauf hinwirken, dass sie stets die Wahrheit sagten. – Würde Herodot heutzutage als Erziehungsberater in Europa herangezogen, würde er Eltern bestimmt dazu anhalten, den Kinder die Teilnahme an einem Erasmus Programm zu ermöglichen.
Von Udo Legner
Als sich die fünf teilnehmenden Schulen vor gut zwei Jahren auf dieses Projekt einließen, konnte niemand ahnen, welche politische Brisanz diese europäische Schulpartnerschaft beinhalten würde. Tatsächlich wurde es zu nichts weniger als zu einem Seismographen der politischen Entwicklung in den beteiligten Ländern. Von seiner Intention her war das zweijährige Projekt auf den Austausch von “Best-Practice-Beispielen angelegt und die beteiligten Schulen – neben den beiden zwei Augsburger Schulen, dem städtischen Maria-Theresia-Gymnasium und dem Holbein-Gymnasium waren weiterführende Schulen aus Spanien (Murcia), England (Penzance in Cornwall) und Holland (Amstelveen bei Amsterdam) beteiligt – wollten sich über Projekte und Methoden austauschen, die zum Untertitel der Schulpartnerschaft passten: „Preparing Students for Success in Life and Learning“.
Der erste Glücksfall: Der Augsburger Begabungstag
Dass es bei dieser ursprünglichen Ausrichtung nicht blieb, hatte mehrere Gründe. Gäste wie Gastgeber profitierten davon, dass das erste Erasmus-Treffen im November 2017 parallel zum Augsburger Begabungstag stattfand.
Jaakov Hecht, der Keynote-Speaker bei dieser vom Augsburger Bildungsbündnis organisierten Konferenz und Begründer der demokratischen Schulen in Israel, gab für die Teilnehmer am Erasmus-Projekt in einem Workshop die Marschroute vor: Partizipation und Mitbestimmung, wo immer sich diese realisieren lassen! Hierzu passten die weiteren Inhalte und Schwerpunkte des Programms: die Öffnung der Schule in die Stadtgesellschaft. Den Erasmus-Partnerschulen aus Spanien, England und Holland wurden die Stadtbücherei, die Werkstatt Solidarische Welt sowie der Verein Tür an Tür als wichtige Kooperationspartner vorgestellt – und der Fokus auf nachhaltiges und handlungsorientiertes Lernen.
Erkenntniszugewinn durch Projektarbeit
In einem Graffiti-Workshop entwarfen die internationalen Schülergruppen ihre Visionen einer Schule der Zukunft, die sie beim Empfang im Augsburger Rathaus präsentierten. Auch bei den folgenden Erasmus-Treffen hatte das ganzheitliche Lernen einen festen Platz im Programm: Handpuppen und Food Design Workshop bei den Treffen in Spanien und Cornwall sowie eine Installation zum Thema „1968 und die Folgen“ standen beim zweiten Treffen in Augsburg im Juli 2018 auf dem Programm.
Der zweite Glücksfall : Das JUST KIDS Festival zum Thema „1968 und die Folgen“
Zur Vorbereitung auf das zweite Treffen in Augsburg stellten die Schüler Recherchen an, wie sehr sich die 68er Protestbewegung auf die Gesellschaft in den Teilnehmerländern bis heute ausgewirkt hat. Wie wenig Schüler- wie Lehrerschaft aus Cornwall mit dem Thema “1968” anfangen konnten, mag durchaus als eine Erklärung für die große Zustimmung in Südengland zum Brexit Referendum herhalten.
Womit niemand gerechnet hatte, geschah zu Beginn des laufenden Schuljahres. Eine Welle der Politisierung, die sich als Protest gegen das Versagen der Politik gegenüber dem Klimawandel verstand, schwappte von Schweden bis ins Schwabenland. Sowohl am Maria-Theresia wie am Holbein-Gymnasium waren es die Teilnehmer am Erasmus-Programm, die den Schülerprotest im Rahmen der Fridays for Future Schulstreiks maßgeblich organisierten.
The Times They Are A‘ Changin‘
Inspiriert von einem „Wald-Workshop“ bei dem Erasmus-Treffen in Cornwall und im Einklang mit den Zielen des Fridays for Future Bewegung wurde am Holbein-Gymnasium im Dezember das erste Augsburger Baumfest organisiert, bei dem sich die Schüler für den Erhalt ihrer Schulbäume in der Hallstraße einsetzten.
Was dem Holbein-Gymnasium sein Baumfest war, das war am Maria-Theresia-Gymnasium das Nachhaltigkeits-Fahrradkino Filmfest, das am letzten Schultag vor den Osterferien in Kooperation mit der Umweltstation Augsburg, dem 29++Fahrradkino des Naturerlebniszentrums Burg Schwaneck/Landkreis München und dem KJR München-Land über die Leinwand der altehrwürdigen Turnhalle flimmerte.
Das viel strapazierte Wort “Nachhaltigkeit” durfte bei diesem Kinospektakel zu Recht in den Mund genommen werden. Zum einen erstrampelten die MT-Fahrrad Helden die für die Filmprojektion benötigte Energie selbst, zum anderen gaben die präsentierten Kurzfilme tolle Impulse für einen nachhaltigeren Lebensstil. Last but not least trugen sich über 100 Schüler in Arbeitsgruppen ein. Sie werden am Ende des Schuljahrs beim Just-Kids-Festival ihre Tipps und Recherchen zu einem ökologischen Alltagsleben präsentieren.
Hinweis:
Im Rahmen des Augsburger Europatags wird das Erasmus-Projekt „Owning the Future“ unter dem Stichwort „Europareise“ am Samstag, den 4. Mai, von 11 bis 16 Uhr am Martin-Luther-Platz präsentiert.