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Mittwoch, 15.01.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

CSU weiter in schwerer Not

Die Rathausmehrheit der bürgerlichen Koalition ist nicht mehr zu halten

Von Siegfried Zagler

Die Wahl der Delegierten am 8. Juni im Kreisverband West zum Bezirksparteitag der Augsburger CSU ist aus juristischer Sicht in Ordnung. Zu diesem Ergebnis kam eine Untersuchung des CSU-Landesjustiziars. Darüber wurde an gestrigen Sonntagnachmittag auf einer „Sonderversammlung“ der Augsburger CSU ausführlich und kontrovers diskutiert.

Damit scheinen zwei Dinge in Stein gemeißelt: Erstens wird am 20. Juli der amtierende CSU-Parteivorsitzende Christian Ruck von Johannes Hintersberger abgelöst und zweitens befindet sich die Rathausmehrheit der bürgerlichen Koalition in einem fortgeschrittenen Prozess der Auflösung. Wie bereits mehrfach berichtet, sind auf der turbulenten Versammlung des Kreisverbandes West nicht die auf den Listen der Ortsvereine vorgeschlagenen Delegierten gewählt worden, sondern Delegierte, die dem so genannten „Schley-Lager“ angehören.

Missbilligung für Schley

Fraktionsausschluss für Tobias Schley?

Fraktionsausschluss für Tobias Schley?


Tobias Schley, CSU-Stadtrat und Vorsitzender des Kreisverbandes West, wurde auf der gestrigen Sonderversammlung vom Bezirksvorstand der CSU eine Missbilligung für die Wahlvorgänge in Bergheim ausgesprochen. Die Vorgänge im Rahmen der Delegiertenwahl werden inzwischen von allen Beteiligten als Auslöser für die aktuelle Krise der CSU Rathausfraktion bewertet. Die CSU-Stadträte Ingrid Fink, Claudia Eberle, Uschi Reiner und Dr. Dimitrios Tsantilas wurden am 8. Juni in Bergheim aus den Delegiertenlisten herausgewählt. Tsantilas werde wohl (nicht nur aus diesem Grund, aber aus diesem Anlass) aus der Fraktion austreten, wie die DAZ gestern in Erfahrung bringen konnte. Tsantilas war gestern zwar für die DAZ nicht erreichbar, aber das „Gerücht“, dass er kurz vor dem Sprung aus der CSU-Fraktion stehe, wurde von niemandem ernsthaft dementiert.

Gegen Tobias Schley liegt wohl wegen seiner „frauenfeindlichen Äußerungen“ ein Fraktionsausschlussverfahren in der Luft, wie am Rande des „Promi-Fußballturniers“ im Kulturstadion kolportiert wurde. Auf die Frage, wie es mit der Rathausfraktion der CSU denn weitergehen soll, wusste gestern weder der unter Beschuss geratene Fraktionschef Bernd Kränzle noch der designierte Parteichef Johannes Hintersberger eine Antwort. Christian Ruck wie Bernd Kränzle betonten gestern in ihren Reden im Viermetzhof bei einer Parteiveranstaltung, dass der Erfolg der CSU nur über OB Kurt Gribl zu definieren sei. Gribl sei das Gesicht der Stadt und der Partei. „Der Erfolg des OB ist auch der Erfolg Augsburgs“, so Ruck. Auch der angeschlagene Fraktionschef Kränzle zeigte deutlich Flagge für Gribl: „Ich habe die Vision, dass wir mit OB Gribl die nächste Wahl gewinnen. Ich reiche ihm die Hand.“

Schafft Gribl die Herkulesaufgabe, die CSU-Fraktion zusammenzuhalten?

Schafft Gribl die Herkulesaufgabe, die CSU-Fraktion zusammenzuhalten?


„Klare Schranken gegenüber frauenfeindlichen Handlungen und Äußerungen“

Offensichtlich stand nach den Vorgängen in Bergheim die CSU-Fraktion vor einer Zerreißprobe. Hätte es das „Misstrauensvotum“ gegen Bernd Kränzle nicht gegeben, wäre die Fraktion längst auseinandergeflogen. Kränzle wird möglicherweise und bisher unausgesprochen zur Last gelegt, dass er ein Förderer von Schley sei und keine klare Kante gegen Hohenhau zeige. Schley wie Hohenhau sind bei Ruck und Gribl und bei weiten Teilen der CSU-Stadtratsfraktion in etwa so gelitten wie Masern und Pocken.

In einer mit viel Applaus bedachten Rede legte Oberbürgermeister Kurt Gribl gestern im Viermetzhof bei der Parteiveranstaltung („CSU – erfolgreich für Augsburg“) einen breiten Korridor für eine Zusammenarbeit innerhalb der CSU-Fraktion, zumindest auf der Inhaltsebene. Dabei kommt es Gribl vor allem auf eine erfolgreiche Fortführung der Sachpolitik an. „Es gibt keinen Zugriff mehr auf die Mobilitätsdrehscheibe und den Umbau des Hauptbahnhofes“, so Gribl in seiner halbstündigen Rede vor 150 geladenen Gästen. Ohne Tobias Schley namentlich zu erwähnen, zog Gribl eine „klare Schranke gegenüber frauenfeindlichen Handlungen und Äußerungen“. „Es kann nicht sein, dass Fraktionsmitglieder von Fraktionsmitgliedern gemobbt werden“, so Gribl zur DAZ.

Gibt es einen Herkules, gibt es eine Hydra: Die Augsburger CSU im Viermetzhof

Gibt es einen Herkules, gibt es eine Hydra: Die Augsburger CSU im Viermetzhof


In Bergheim hat sich die Mehrheit der Rathauskoalition in Luft aufgelöst

Das war als Kampfansage an Tobias Schley zu verstehen, dessen Tage in der Augsburger CSU-Fraktion gezählt zu sein scheinen. Wenn Schley nicht gehen muss, verlässt dann Tsantilas die Fraktion? Wirft Ruck hin oder kämpft er wie Herkules einen Kampf gegen die neunköpfige Hydra? Bleibt Kränzle Fraktionschef oder wird er von Ralf Schönauer abgelöst? „Überlebt“ Bernd Kränzle das Misstrauensvotum, verlassen dann Uschi Reiner und Claudia Eberle die Fraktion? „Scheißweiber“, so sollen sie von Schley beschimpft worden sein, was Schley allerdings dementiert.

Der Vorhang ist längst nicht zu und jenseits aller Sonntagsreden bleiben alle Fragen offen. Sicher ist nur, dass nichts sicher ist und sich die Mehrheit der so genannten bürgerlichen Rathauskoalition in Bergheim über Nacht in Luft aufgelöst hat.