CSU: Rosenkrieg endet am Dienstag
Von Siegfried Zagler
In Süditalien galt (und gilt) das Eheversprechen als irreversible Angelegenheit. Marcello Mastroianni blieb trotz zahlreicher Affären bis zu seinem Tod mit seiner Frau Flora Carabella verheiratet. Für seine Rolle in dem Film „Scheidung auf italienisch“ (1961) bekam Mastroianni eine Oscar-Nominierung. Das Buch wurde für die Kategorie „bestes Drehbuch“ nominiert. Das Drehbuch bekam den Oscar, Mastroianni nicht. Die Scheidung der Augsburger CSU wird – „wenn man eins und eins zusammenzählen kann“ – am kommenden Dienstag (12 Uhr Mittag) auf einer Pressekonferenz im „Weißen Hasen“ vollzogen werden. Die Scheidungswilligen beenden nach drei Monaten öffentlichen Rosenkrieg das CSU-Desaster mit einem Knall: Happy End ausgeschlossen.
„Mister Klebstoff“ Bernd Kränzle demonstrierte donnerstags im Stadtrat – am Tag seines 69. Geburtstags – noch ein wenig Hoffnung, doch die zahlreichen Auguren erzählten (unabhängig voneinander) etwas anderes: Claudia Eberle, Dimitrios Tsantilas, Uschi Reiner, Wolfgang Kronthaler, Rolf Rieblinger und schließlich Hermann Weber werden am Dienstag die Scheidung verkünden, also die CSU-Fraktion verlassen und ihr eigenes Süppchen kochen. Die Spaltung der Augsburger CSU ist nicht unbedingt reif für den Oscar, trägt aber Züge einer italienischen Scheidung. Die gesamte politische Situation der Stadt ist mit der besiegelten Spaltung eine andere, eine bessere womöglich.
Scheidungswillige Rosenkrieger: Claudia Eberle, Dimitrios Tsantilas, Uschi Reiner, Wolfgang Kronthaler, Rolf Rieblinger und Hermann Weber (v.l.)
Das Theater der Grausamkeiten wird am Dienstag beendet
Das Schmierentheater der letzten Monate war zuletzt unerträglich – nicht nur für CSU-Wähler. Vorhang zu für tägliche Diffamierungen und eine aberwitzige „Schuldenbocktheorie“. Das „Theater der Grausamkeiten“ wird am Dienstag beendet. Dann beginnt das neues Stück: ein wildes Theater des Durcheinanders, ständig wechselnde Mehrheiten und politische Inszenierungen im Stile der Commedia dell’arte. Wie es tatsächlich im Augsburger Stadtrat weitergehen wird, ist völlig offen. Hermann Weber soll mit Karl-Heinz Schneider (SPD) über eine Zusammenarbeit gesprochen haben – und dabei abgeperlt sein. Für eine Bestätigung dieses Gerüchts war gestern weder Schneider noch Weber zu erreichen.
Zusammen mit Pro Augsburg und der SPD könnte die neue Fraktion um Hermann Weber eine Mehrheit, eine neue Regierung bilden. Die CSU um Hintersberger, Kränzle und Ullrich müsste zusammen mit den Grünen die Opposition stellen. Ein Gedankenspielchen, bei dem die SPD nicht mitspielte. Man werde „Sachpolitik betreiben und sehen, was möglich ist“, so SPD-Fraktionschef Stefan Kiefer zur DAZ. Johannes Hinterberger, Volker Ullrich, Bernd Kränzle und Tobias Schley weilten gestern in München. Grund: Edmund Stoibers 70. Geburtstag. Mit von der Partie: Oberbürgermeister Kurt Gribl. – Vorhang zu, Vorhang auf, alle Fragen offen.