CFS-Debakel: Man könnte glauben, es war ein Haufen Deppen am Werk
Warum das CFS nicht nur eine technische Baustelle ist
Kommentar von Siegfried Zagler
Die Stadt nimmt 16,2 Millionen Euro in die Hand, baut der Panther GmbH in Zeiten leerer Stadtsäckel quasi ein neues Eishockeystadion – und statt des erwarteten Zuspruchs stehen die Architekten und Bauherren im Feuer, die Panther vor dem finanziellen Ruin und die Stadt Augsburg im Brennpunkt der Lächerlichkeit.
Ein Stadion zu bauen, in dem die Sicht auf den meisten Plätzen inakzeptabel ist, ist ein trostloser Sachverhalt, aber ein heilbarer. Viel schwieriger zu heilen – vermutlich gar unheilbar – sind allerdings andere Vorgänge. Augsburgs OB Kurt Gribl geht seit gestern konkret von Planungsfehlern der Architekten aus: „Ich persönlich bin überzeugt, dass ein Planungsfehler der Architekten vorliegt. Die Ergebnisse waren nicht bestimmt durch Vorgaben anderer Beteiligter.“ Eine klare Ansage und eine deutliche Lanze für die AGS, im Speziellen für deren Chef, Edgar Mathe, der sich – wie alle anderen Beteiligten – an die von OB Gribl ausgegebene Parole der „kanalisierten Kommunikation“ hält. Übersetzt heißt das, dass in Sachen CFS nur noch Gribl spricht.
Grab hat die Diskussion nicht abgekühlt, sondern unnötig erhitzt
Der „Maulkorberlass“ war nötig und das sagt im Prinzip sehr viel über die kommunikativen Fähigkeiten derjenigen aus, die er betrifft. Gribl muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er die Riege der vermeintlich Verantwortlichen zu lange auf zu niedrigem Niveau zur Sache reden ließ. Grab suchte nach dem ersten Panther-Heimspiel sehr schnell den Schulterschluss mit den AEV-Fans und hat dabei die Diskussion nicht abgekühlt, sondern unnötig erhitzt, und er hat sich im AEV-Forum in einige Widersprüchlichkeiten verstrickt, die ihm in nicht allzu ferner Zukunft noch schwer zusetzen könnten. Baureferent Gerd Merkle muss man den schweren kommunikativen Fehler vorwerfen, dass er die Klagen der Fans als Geschrei von Ahnungslosen abgetan hat. Merkle ist selbst Architekt. Er nahm als Baureferent mit zuviel Emotion die Planer-Architekten in Schutz. Für ihn fand in der veröffentlichten Meinung, die sehr geschickt von den AEV-Fans gesteuert und bestimmt wurde, eine „Vorverurteilung“ statt, und zwar dergestalt, „dass man glauben könnte, es ist ein Haufen Deppen am Werk“. Merkle brachte in der Stadtratssitzung vor einem Monat damit auf den Punkt, was mittlerweile nicht nur das Augsburger Eishockeypublikum, sondern die halbe – wenn nicht die ganze Stadt – von der Stadtregierung und speziell von den städtischen Bauherren denkt.
Modellpräsentation im April 2010: Der OB mit seinen Referenten Merkle und Grab, rechts die Architekten Stefan Öttl und Jürgen Hermann
Was ist es aber, ein Stadion zu bauen, in dem man viel zu wenig sieht?
OB Gribl macht, seit er die CFS-Sanierung zur Chefsache gemacht hat, einen guten Job. Das attestiert ihm nicht nur Panther-Manager Max Fedra, sondern in der gestrigen Stadtratssitzung auch die Rathaus-Opposition. Es geht ihm dabei in erster Linie darum, die aktuelle Bauruine in ein funktionsfähiges und von den AEV-Fans akzeptiertes Stadion zu verwandeln. Allerdings liegt Gribl mit seiner Haltung bezüglich der politischen Verantwortlichkeit weit ab vom Schuss der Gesetzmäßigkeiten einer medienbestimmten Wirklichkeit, wenn er meint, dass er die Frage nach der politischen Verantwortlichkeit weit hinter der Sorge um die technische Sanierung platzieren könnte. Es mag „billig und primitiv“ (Gribl) sein, Köpfe rollen sehen zu wollen. Wer will da widersprechen? Was ist es aber, ein Stadion zu bauen, in dem man viel zu wenig sieht? Es ist auch billig und bis zum Anschlag amateurhaft, über Wochen hinweg eine extrem tief hängende Diskussion über die Funktionsfähigkeit eines falsch geplanten Stadions zu führen.
Die Formel, mit der „Stadion-Papst“ Nixdorf die Sichtlinien berechnet, ist nicht kompliziert. Der zuständige Baureferent, der nicht zuständig sein will, hätte spätestens nach dem 3. Oktober die Diskussion qualifiziert übernehmen müssen. Er hätte in Nixdorfs Büchlein schauen müssen und – wie die DAZ – an einem Nachmittag die C-Werte im CFS als inakzeptabel erkennen können. Allein das Krisenmanagement der Stadt in Sachen CFS war zu Beginn des Debakels so erbärmlich, dass „man glauben könnte, es war ein Haufen Deppen am Werk“, um es mit Gerd Merkle zu sagen.
Die Suche nach der politischen Verantwortlichkeit ist eröffnet
Ohne direkt darauf angesprochen worden zu sein, trug gestern in einer kleinen Fraktionspressekonferenz die Fraktionsvorsitzende von Pro Augsburg, Beate Schabert-Zeidler vor, dass man städtische Referenten nicht einfach abberufen beziehungsweise entlassen könne. Aufgrund des rechtlichen Konstrukts könne man einen Referenten nur wegen Krankheit oder wegen strafrechtlich relevanter Vorgänge loswerden. Das gehe nicht so einfach wie auf Landes- und Bundesebene. Stadtrat Dr. Rudolf Holzapfel (Pro Augsburg), der lange Zeit zweiter Vorsitzender des AEV war und von der tiefen Verankerung des Vereins in der Stadtgesellschaft weiß, plädiert dennoch unumwunden dafür, dass – falls es politische Verantwortlichkeit geben sollte – dies zu drastischen Konsequenzen führen müsste.
In Sachen CFS ist gestern im Stadtrat die Suche nach der politischen Verantwortlichkeit eröffnet worden. Nach dem Antrag der SPD darf Stefan Quarg (SPD) uneingeschränkt Akteneinsicht vornehmen. Weitere investigative Maßnahmen von unabhängigen Kommissären werden folgen. Gut möglich, dass sie das CFS-Debakel in eine griechische Tragödie umschreiben.