Bundestag: Ullrich ist Favorit
Im September 2013 finden Bundestagswahlen und in Bayern Landtagswahlen statt. Während die meisten Parteien ihre Kandidaten nominiert haben, kommt es bei der CSU in Sachen Direktmandat für den Bundestag am 15. März zum großen Showdown zwischen Volker Ullrich und Rainer Schaal.
Von Siegfried Zagler
Als am 20. Juli 2011 die Delegierten der Augsburger CSU ins Haus St. Ulrich am Rande der Augsburger Altstadt strömten, um den neuen Bezirksvorstand der Augsburger CSU zu wählen, stand das Ergebnis längst fest. Im Vorfeld dieser Veranstaltung waren die Wellen innerhalb der CSU hoch geschlagen. Damals hatte das Auswahlverfahren der Delegierten im Kreisverband West für neue Machtverhältnisse gesorgt und die Weichen für eine Abspaltung bei der CSU-Rathausfraktion gestellt. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer war aus München angereist, nicht als Delegierter, sondern als „Wahlbeobachter“ – und Gastredner. Seehofer hatte im Vorfeld tagelang vergeblich versucht, die drohende Spaltung der Augsburger CSU zu verhindern. Am 20. Juli 2011 löste Johannes Hintersberger Christian Ruck als Parteivorsitzender ab und läutete somit das politische Ende des langjährigen CSU-Bundestagsabgeordneten Christian Ruck ein. Als schließlich unter Beisein von Horst Seehofer gewählt war, befanden sich im Augsburger CSU-Vorstand fast nur noch Vertraute von Johannes Hintersberger und Bernd Kränzle. Augsburgs OB Kurt Gribl konnte auf den neuen Vorstand nicht mehr bauen, während Volker Ullrich, der drei Monate vorher vom Augsburger Stadtrat zum neuen Ordnungsreferenten gewählt wurde, plötzlich in der Augsburger CSU ein starker Mann, wenn nicht der starke Mann war. Umweltreferent Rainer Schaal hatte sich den Delegierten überraschend als stellvertretender Parteivorsitzender zur Wahl gestellt – und ist dabei mit 36 Stimmen (von 83 möglichen) gescheitert. Mit einem ähnlichen Ergebnis hätte Christian Ruck rechnen müssen, wäre er als Parteivorsitzender zur Wiederwahl angetreten.
Seehofer: „Aus dem wird noch was“
Als die Versammlung vorbei war, stand Horst Seehofer noch einigen Journalisten Rede und Antwort. „Ja, ich gehe davon aus“, so Seehofer auf die Frage, ob er davon ausgehe, dass sein dreitägiges Augsburger Schlichtungsmanagement Früchte tragen werde. Ob er denn gewusst habe, dass es zu einer Kampfabstimmung kommen sollte, wollte die DAZ wissen. „Nein“, so Seehofer, „aber der Verlierer, wie hieß er nochmal?“ – „Rainer Schaal.“ – „Ja, dieser Schaal hat mich beeindruckt. Aus dem wird noch was in der CSU“, so Seehofer.
Seehofer hat sich getäuscht
Horst Seehofer hat sich in seiner Einschätzung der Lage am 20. Juli 2011 in Augsburg getäuscht. Die Geschichte der CSU-Abspaltung und der daraus resultierende Verlust der Mehrheit der bürgerlichen Regierungskoalition ist bekannt und ein Teil der politischen Geschichte der Stadt Augsburg geworden. Und dafür, dass Rainer Schaal als CSU-Politiker im größeren Stil Karriere machen könnte, spricht aktuell auch nicht viel. Im August 2012 liebäugelte Rainer Schaal mit dem Gedanken, Bernd Kränzle als Landtagsabgeordneten zu beerben, worauf ihn der CSU-Ortsverband Lechhausen als Kandidaten vorschlug, aber Schaal fügte sich der normativen Kraft des Faktischen, in diesem Fall den vorhersehbaren Mehrheitsverhältnissen bei der CSU-Nominierungsaufstellung – und verzichtete. Dieses Jahr sah und sieht Augsburgs Umweltreferent bessere Chancen in Sachen Bundestagskandidatur. Schaal schätzt die Lage offensichtlich anders ein als Christian Ruck, der wohl wieder angetreten wäre, hätte ihn Volker Ullrich nicht herausgefordert.
Ullrich ist Favorit
Am 15. März müssen sich also in der Kongresshalle 141 Delegierte aus Augsburg und 19 aus Königsbrunn entscheiden, ob Rainer Schaal oder Volker Ullrich als CSU-Direktkandidat in den Bundestag einzieht. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einzieht, sollte man hinzufügen. (Das letzte Wort haben natürlich die Wähler, aber es ist aufgrund der Wahlergebnisse eines halben Jahrhunderts schwer vorstellbar, dass Ulrike Bahr (SPD) oder Claudia Roth (Grüne) in Bayern als Direktkandidatinnen gegen einen CSU-Mann eine Chance haben könnten.). Jenseits aller Wunschvorstellungen und Karrierehoffnungen der Kandidaten, stellt nun die DAZ eine – aus einer akribischen Umfrage resultierende – Hochrechnung vor, die sich auf einen Satz herunterbrechen lässt: Ullrich ist klarer Favorit.
Hochrechnung der DAZ
Im Kreisverband West sind die Delegierten nach dem „Prinzip Bergheim“ gewählt worden, was zwar diesmal kaum für Empörung sorgte, aber wiederum für klare Verhältnisse: Etwa 90 Prozent der 65 West-Delegierten werden für Ullrich stimmen. (Prognose der DAZ: 58 Stimmen für Ullrich.). Im Kreisverband Ost sieht es anders aus. Dort sind die Schaal Wähler in der Überzahl. Von den 76 Delegierten werden zirka 60 Prozent Rainer Schaal wählen. (Prognose der DAZ: 30 Stimmen für Ullrich.). Schwierig ist es, den CSU-Kreisverband Königsbrunn zu prognostizieren. Schaal scheint über eine Zweidrittel-Mehrheit bei den 19 Delegierten aus Königsbrunn zu verfügen. (Prognose der DAZ: Mindestens 6 Stimmen für Ullrich). Insgesamt werden von den 160 Delegierten nach Recherchen der DAZ also mindestens 94 für Ullrich stimmen (Tendenz steigend, möglicherweise können es sogar 100 + x Stimmen werden, was auch damit zu tun haben könnte, dass Ullrich seit geraumer Zeit durch die CSU-Kreisverbände tingelt, um für seine Wahl zu werben.). Rainer Schaals Niederlage scheint in etwa so sicher wie der Bundesliga-Abstieg von Greuther Fürth. Ein Vergleich der wenig bringt: Sensationsereignisse kommen in der Politik wesentlich seltener vor als im Fußball. Bleiben wir bei der sicheren Prognose: 58,75 Prozent werden für Ullrich, 41,25 Prozent für Schaal stimmen. „14 Delegierte liegt Schaal zurück“, so die Ergebnisprognose der DAZ.