Brechtfestival: Kulturbeirat liest Parteipolitik die Leviten
Der Kulturbeirat der Stadt Augsburg wurde in Sachen Brechtfestival auf seiner turnusmäßigen Sitzung am Mittwoch, den 24. Februar, nicht in die neuen Pläne der Regierungskoalition (CSU/SPD) eingeweiht. Dabei handelt es sich um Pläne, die vorsehen, auch das 2017er Brechtfestival von Joachim Lang gestalten zu lassen.
Dieser Schweigevorgang bedeute für die Mitglieder des Kulturbeirats eine besondere Zumutung, weil eben in dieser Sitzung der Kulturbeirat seine beratende Funktion ausübte und den anwesenden Kulturausschussmitgliedern und dem Kulturreferenten Thomas Weitzel darlegte, wie sich der Kulturbeirat die Zukunft des Brechtfestivals vorstelle. So äußerte sich der Kulturbeiratsvorsitzende Peter Bommas heute Vormittag gegenüber der DAZ. Die explizite Nachfrage, ob es in Sachen Brechtfestival 2017 eine neue Entwicklung gebe, sei nicht beantwortet worden, so Bommas – “und dann mussten wir am nächsten Tag in der DAZ von den neuen Plänen lesen, die am Montag im Koalitionsausschuss für Verwerfungen sorgten.”
Die anwesenden Fraktionsvertreter stimmten zu
Der Kulturbeirat der Stadt Augsburg hat deshalb eine Sondersitzung einberufen und am vergangenen Donnerstag in dieser nichtöffentlichen(!) Sondersitzung zum Thema „Brechtfestival“ mit den anwesenden Vertretern der im Stadtrat tätigen Fraktionen seine Irritation zum aktuellen – teilweise öffentlich geführten – Disput um die Zukunft des Festivals zum Ausdruck gebracht. Der Kulturbeirat könne seine von der Politik erwünschte und in der Geschäftsordnung niedergelegte Beratungs- und Empfehlungsfunktion für den Kulturausschuss sowie seine Kommunikation mit der Kulturszene nur verantwortlich wahrnehmen, wenn er als überparteiliches Experten-Gremium respektiert und seriös mit Informationen versorgt werde. Die Bedeutungshöhe des Kulturbeirats und der damit verbundene Respekt seitens der Politik dürfe nicht unterlaufen werden, so die Kernbotschaft der Beiratsmitglieder an die Vertreter der Fraktionen. “Die anwesenden Fraktionsvertreter stimmten dieser Aussage im Verlauf des konstruktiven und vertrauensbildenden Gesprächs zu”, wie es in der gestrigen Pressemitteilung des Kulturbeirats heißt.
Über den Prozess der Entscheidungsfindung zur Zukunft des Brechtfestivals sei der Kulturbeirat irritiert gewesen, wie es in diesem Papier weiter heißt. Unabhängig von den Vorgängen in den Hinterzimmern von CSU und SPD hält der Kulturbeirat an seinem Beschluss vom 24. Februar 2016 fest. Dieser Beschluss solle gemäß § 1 II Nr. 2 GO die Meinungsbildung des Kulturausschusses befördern.
Die Empfehlungen des Kulturbeirats sehen u.a. eine ganzjährige Struktur der Brechtpflege vor
Der Kulturbeirat der Stadt Augsburg bewertet das Brechtfestival als eines der wichtigsten großen kulturellen Ereignisse der Stadt. Es habe sich in den letzten Jahren zu einer starken Marke in der öffentlichen Wahrnehmung entwickelt. Seine generationsübergreifende und popkulturelle Identität sei zu wahren: “Nicht nur als Theater- sondern vielmehr auch als Literatur- und Musikfestival. Nach Art und Umfang ist das Format der letzten Jahre grundsätzlich geeignet, Bertolt Brecht als einen der bedeutendsten Söhne der Stadt zu würdigen.”
Nach Auffassung des Beirats müsse die Eigenständigkeit des Festivals als städtische Veranstaltung fortgeführt werden. “Das Theater Augsburg ist als enger Kooperationspartner zu beteiligen. Die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit sind in einem neuen Kooperationsvertrag festzuschreiben. Dabei sind die beidseitigen Erfahrungen der letzten Jahre zu berücksichtigen.”
Nach Auffassung des Beirats müsste für die Aufführungs- und Spielorte eine noch bessere Verteilung über das gesamte Stadtgebiet ins Auge gefasst werden. In Bezug auf die Veranstaltungsformate sollten noch mehr partizipative Elemente (Schulprojekte mit eigener Präsentationsplattform, Bürgerbühnen-Workshops) ins Programm aufgenommen werden.
Außerdem müsste, um der überragenden Bedeutung Bertolt Brechts für die Stadt Augsburg Rechnung zu tragen, eine ganzjährige Struktur der Brechtpflege geschaffen werden. Diese könnte von der Strahlkraft des Brechfestivals profitieren. Erforderlich sei eine effektive und nachhaltige Vernetzung des Brechtfestivals mit Brechthaus, Brechtpreis, den Brechtführungen und der Brechtforschung. Wünschenswert sei auch ein verstärkter wechselseitiger Austausch mit anderen großen städtischen Events wie zum Beispiel dem Modularfestival und dem Friedensfest.
Für das Übergangsjahr 2017 schlägt der Kulturbeirat vor, mit dem bewährten lokalen Team zu arbeiten. “Es ist nicht unabdingbar, die Leitung des Festivals in die Hände einer externen Einzelperson zu legen. Zugleich ist eine verstetigte Struktur des Brechtfestivals zu schaffen, die der zukünftigen Leitung den Einstieg in ihre Arbeit erleichtert. In Bezug auf die zukünftige Festivalleitung ist der Kulturbeirat im Auswahlverfahren zu beteiligen.”