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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Brechtfestival: Element of Crime auf Brechtsuche

Das ist er jetzt, der aktuelle Bezug zu Brecht: Im Rahmen des Brechtfestivals trat die Band Element of Crime in der Kongresshalle auf.

Von Halrun Reinholz

Sven Regener ---- Foto: Nina Hortig

Sven Regener


Die Akteure auf der Bühne gehören nicht der jüngsten Generation an; im Saal sind auch etliche ergraute Häupter zu sehen, die neben deutlich Jüngeren zu den swingenden Tönen der Band wippen. 1985 wurde die New-Wave-Band bereits gegründet und hatte sich – der  seltsame Namen mag darauf hinweisen –  zunächst Songs mit englischen Texten vorgenommen, um sich von der damals aktuellen Neuen Deutschen Welle abzugrenzen. Dass Element of Crime heute (auch) mit Brecht assoziiert werden kann und deshalb zum Brechtfestival eingeladen wurde, ist eher Zufall. Amüsiert schilderte Leadsänger Sven Regener den Umstand, dass sie für das „Festival de la Batie“ in Genf 1989 Kurt-Weill-Songs in ihr Repertoire aufnahmen – mit deutschen Texten von Brecht. Damit gelang der Band ein Stilwechsel und der Durchbruch im deutschsprachigen Pop. Die Texte haben durchaus eine lyrische Qualität (auch wenn sie leider im Konzert schwer verständlich waren), denn Leadsänger und Textschreiber Sven Regener ist auch Schriftsteller, bekannt ist vor allem sein Roman „Herr Lehmann“. Erst kürzlich wurde er mit dem Carl-Zuckmeyer-Preis der Stadt Mainz für die Pflege der deutschen Sprache ausgezeichnet. Brecht spielt allerdings insgesamt eine eher untergeordnete Rolle im Repertoire von Element of Crime, wie der Leadsänger im Konzert fast verschämt gestand. Mit Ironie versuchte er bei seinen Ansagen die Brücken zu Brecht zu schlagen. „Diesen Song haben wir für einen Film aufgenommen. Regisseur war Leander Haussmann. Der inszeniert gerade am Berliner Ensemble Brechts Guter Mensch von Sezuan“. Oder: „Mit diesem Song haben wir ein Videoclip aufgenommen. Dazu brauchten wir historische Kostüme. Wir gingen zum Berliner Ensemble. Und wer hat das gegründet?“ Man müsse nur etwas kratzen, irgendwo finde sich immer ein Bezug zu Brecht, kalauerte er zum Vergnügen des Publikums.

Immerhin drei Brecht-Songs bekamen die Zuschauer an dem Abend zu hören – unter anderem Surabaya Johnny, ein Hit im Repertoire der Band. Die Ballade passt gut zu ihrem poppig-verträumten Stil, wo es gern um Liebe, Ängste, Träume geht – den ganz normalen Wahnsinn halt. Doch die Band kann auch Filmmusik, singt zuweilen nach wie vor englische Texte und zeigte temporeich und ohne Pause ihr reiches Repertoire. Instrumental hervorragend besetzt mit Gitarre(n), Bass und Schlagzeug, ist ihr Markenzeichen der Einsatz von Bläsern. Zu dem Saxophon im Hintergrund kommen immer wieder die tragenden Trompetentöne von Sven Regener selbst. Gitarre spielen kann er auch. Und Geschichten erzählen. Auch so kann Brecht daherkommen, auf Umwegen. Das Publikum war in der mit 1.400 Personen gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Kongresshalle begeistert.

Foto: Nina Hortig