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Donnerstag, 03.10.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Brechtfestival 2014: „Es war die beste Zeit“

Das Berlin der 20er Jahre steht im Fokus der Veranstaltungsreihe, die die lokale Kulturszene  mit prominenten Gästen zusammenführt.

Von Halrun Reinholz



Nach fünf Festivaljahren unter der Verantwortung des künstlerischen Leiters Joachim Lang hat sich eine gewisse Routine eingeschlichen: Als kleiner Appetithappen wird in der Adventszeit das Programm des neuen Brechtfestivals vorgestellt, die weihnachtliche Vorfreude damit perspektivisch ins neue Jahr gehoben. So wissen wir auch diesmal noch vor der Bescherung, was uns vom 31. Januar bis zum 10. Februar zum Thema Brecht in Augsburg erwartet. Nach diversen thematischen Schwerpunkten ist der Blickwinkel diesmal zeitlich auf die 1920er Jahre ausgerichtet, die Brecht in der damals brodelnden Künstlerszene der Hauptstadt Berlin verbrachte. Nach einem kurzen Münchner Intermezzo trifft Brecht im Februar 1920 in der Metropole ein, wo ihn eine spannende Zeit des Aufbruchs, aber auch der sozialen Umbrüche und politischen Extreme zu künstlerischen Höchstleistungen antreibt. Weder davor noch danach, so Joachim Lang in seinem Vorwort zum Programm des Brechtfestivals, konnte Brecht auf so vielfältige, engagierte und publikumswirksame Weise Kunst auf der Höhe der Zeit gestalten.

Stadttheaterpremiere: Der gute Mensch von Sezuan

Auch für Brecht endete diese fruchtbare Schaffensperiode jäh und brutal durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten, es folgte ein 15 Jahre währendes Exil auf künstlerischer Sparflamme. – Nach einigen Anlaufschwierigkeiten ist es nun für Joachim Lang zum bewährten Programm-Rezept geworden, die lokale Künstlerszene mit einem künstlerisch hochwertigen Gastaufgebot zu verzahnen. Das Stadttheater ist zum zweiten Mal als gleichberechtigter Veranstaltungspartner des Brecht-Büros mit im Boot und bietet eine Neuinszenierung des Brecht-Stücks „Der gute Mensch von Sezuan“. Ein Stück, das zwischen 1938 und 1940 entstand (!) und 1943 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt wurde. Programm-Beiträge leisten auch diesmal wieder das Sensemble-Theater mit seinem Stück „Böser Bruder“ und die Theatergruppe Bluespots Productions mit dem Videoprojekt Brecht hoch 3. Auch das in Augsburg mehrfach Brecht-erprobte Duo „Text will Töne“ (Karla Andrä und Josef Holzhauser) bringt sich mit dem für Augsburg aktuellen Thema “Wasser als poetisch produktive Kraft” für Bertolt Brecht mit ein. Herausragende Programmpunkte sind vermutlich die Beiträge des Katona József Theaters aus Ungarn und des italienischen Ensembles Teatro Elicantropo.

Patti Smith bereits ausverkauft

Die Höhepunkte des Festivals werden von prominenten Gästen präsentiert: Der Schauspieler Burkhart Klaußner wird das Festival gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter Joachim Lang mit einer szenischen Lesung eröffnen, die lange Brechtnacht am 1. Februar könnte mit Nina Hagen und dem Trash-Pop von Bonaparte punkten und die Tiger Lillies kommen mit ihrem „Brechtian Punk Cabaret“. In kürzester Zeit war die lyrische Rock-Show von Patti Smith im Großen Haus ausverkauft. Karten gibt es noch für die Geburtstagsrevue am 10. Februar, mit Thomas Thieme und Iris Berben zugleich der Ausklang des Festivals. Die großen Events werden aber wie immer flankiert von zahlreichen nicht minder sehenswerten kleinen aber feinen Beigaben: Liederabende, Vorträge, „Brecht-Sprechstunde“, „Brecht-Spaziergang“, Kinderprogramm und noch vieles mehr. Das Ausstellungshighlight in der Stadtsparkasse (auch diesmal wieder Hauptsponsorin des Brecht-Festivals) präsentiert in Fortführung der letztjährigen Ausstellung Dokumente zum Leben und Wirken Brechts aus der Zeit der Weimarer Republik, des Exils und der Rückkehr nach Berlin.

„Das Chaos ist aufgebraucht …“ – unter dieses Motto stellt Joachim Lang die Geburtstagsgala für den Augsburger Dichter, weil er es für die Berliner Schaffensperiode Brechts als programmatisch sieht. Das Zitat aus „Im Dickicht der Städte“ setzt sich ebenso programmatisch fort: „Es war die beste Zeit.“

Viele neue Aspekte verspricht die Spurensuche den Neugierigen. „Hungriger, greif nach dem Buch: Es ist eine Waffe“, so Brecht in seinem Gedicht „Lob des Lernens“. “Brechts Buch“ hat während des Brechtfestivals viele künstlerische Erscheinungsformen, die es zu erkunden gilt.

Brecht Festival Augsburg

Theater, Musik, Literatur

31.1. – 10.2.2014

Alle Informationen zu Programm und Kartenverkauf unter www.brechtfestival.de.



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