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Dienstag, 23.07.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Brechtbühne wird eingeweiht – schließt bald das Große Haus?

Stadttheater: Generalsanierung wird dringlicher

Von Frank Heindl

Die Generalsanierung am Großen Haus des Stadttheaters wird immer dringlicher. Wenn am Freitag mit einer Galavorstellung die Brechtbühne feierlich eingeweiht ist, muss sich die Theaterleitung gedanklich bereits wieder auf die Suche nach neuen Interimsspielstätten begeben.

Morgen fertig: die Brechtbühne neben dem Großen Haus

Tagesordnungspunkt 1 der gestrigen Sitzung des Werkausschusses für das Theater hatte sich den Feierlichkeiten für die Eröffnung der neuen Brechtbühne hinter dem Großen Haus des Stadttheaters gewidmet: Am morgigen Freitag werden dort alle vier Sparten des Theaters im Rahmen einer Galavorstellung für geladene Gäste zeigen, „was die neue Bühne leisten kann“, so Theater-Pressesprecher Philipp Peters in der Sitzung. Anschließend folgt am 2. Mai die erste Vorführung – „Mann ist Mann“ wird gegeben, und das ist programmatisch unter zweierlei Gesichtspunkten: Erstens stammt das Stück vom Namensgeber der neuen Bühne, Bertolt Brecht; und zweitens war es in der vergangenen Spielzeit schon für die neue Spielstätte geplant gewesen. Deren Start hatte sich bekanntlich verzögert, doch nun ist es endlich soweit. Am 5. Mai dann sollen möglichst viele Besucher einen Eindruck von der neuen Bühne bekommen: Tagsüber (von 13 Uhr bis 17.30 Uhr) gibt es im Viertelstundenrhythmus Führungen durch die neue Spielstätte, ab 18 Uhr dann das erste Konzert: Musiker, zwei Schauspieler und zwei Tänzer wollen szenisch-räumlich ein Streichquartett von Luigi Nono erkunden – das Theater verspricht ein „Abenteuer der Wahrnehmung“. Anschließend gibt es ein Konzert der Augsburger Band „Misuk“ mit Brecht-Interpretationen im Pop-Gewand.

Bühnenturm noch maroder als angenommen

Doch mit der Aussicht auf einen guten Start der neuen Bühne ging die Feierstimmung im Werkausschuss dann auch schnell wieder zu Ende – denn das Große Haus wird einmal mehr von drückenden Sanierungsproblemen eingeholt. Norbert Reinfuss vom Hochbauamt gab detailliert Auskunft über neue Schreckensmeldungen: Zwar wird im Sommer, wie längst geplant und schon mehrmals verschoben, endlich die Sanierung des Bühnenturms fortgesetzt. Doch bei den Erkundungen der Bausubstanz sind neue Mängel zutage getreten, die bis zum Beginn der neuen Spielzeit im Herbst nicht zu beheben sind. Die komplette Sanierung würde bis in den Dezember dauern und einen Probenbetrieb unmöglich machen, also eine Schließung des Großen Hauses erzwingen. Außerdem werden die notwendigen Bohrungen im Gemäuer die Bühnenmaschinerie stark mit Staub belasten. Eine sichere Einkapselung ist nicht möglich, sodass deren (ohnehin geplante) Erneuerung ebenfalls gleich erledigt werden muss.

Fazit des Hochbauamtes: Im Sommer wird es eine „statische Ertüchtigung“ des Bühnenturms geben, außerdem werden die Balustraden saniert (Kostenvolumen: ca. 500.000 Euro). Der komplette Bühnenturm aber kann nur in Zusammenhang mit der Generalsanierung repariert werden. Mindestens zwei Jahr lang wird dazu der Spielbetrieb im Großen Haus eingestellt werden müssen. Die Förderanträge sind laut Reinfuss bereits modifiziert, die Regierung von Schwaben habe ihr Okay gegeben, es bleibe bei der 45%igen Förderung. Der Werkausschuss forderte einmütig den schnellen Beginn von exakten Planungen, Steffen Rohr von der Theaterleitung wies darauf hin, dass das Theater für entsprechende Maßnahmen mindestens zwei Spielzeiten Zeit brauche – schließlich müssten Ersatzspielstätten nicht nur gefunden, sondern die Spielpläne auch auf neue Räumlichkeiten eingestellt werden. Das Hochbauamt geht davon aus, dass dem Theater noch mindestens zwei Jahre für die Planung bleiben – unter der Voraussetzung allerdings, dass es beim Problemthema Brandschutz keine neuen Entwicklungen gebe. Mehrmals wurde in der Sitzung mahnend auf die Erfahrungen in Rostock verwiesen: Dort war das Große Haus der Stadt im Februar 2011 wegen akuter Brandschutzprobleme geschlossen worden, eine Wiedereröffnung ist seither wegen immer neuer Baumängel wiederholt verschoben worden.

“Vier Sparten oder nur eine?“

Einig war man sich im Werkausschuss, dass für die Generalsanierung nicht nur eine detaillierte und „generalstabsmäßige“ Planung erforderlich sei. Der Forderung von Verena von Mutius (Grüne), es seien vorher auch weitere Fragen zu klären, stimmten auch die Stadträte der anderen Parteien zu. Dabei könnte es etwa um die zukünftige Nutzung des Foyers gehen, aber auch um noch grundsätzlichere Themen. Steffen Rohr formulierte drastisch, es gelte festzulegen, ob man in Zukunft „vier Sparten oder nur eine“ haben wolle. Außerdem müssten weitere Schritte wie die Sanierung von Werkstätten und Verwaltung gleich mit bedacht werden, weil diese auch eine Umwidmung von Räumen zur Folge haben könnte. Und schließlich müsste sich die Theaterleitung rechtzeitig einmal mehr auf die Suche machen: vor allem nach einem Saal für Musiktheater-Produktionen und nach einer Bühne fürs Schauspiel, kurz: nach neuen Interimsspielstätten.

Dabei bleibt die Sorge groß, dass die enormen Sanierungsaufgaben die angeschlagenen städtischen Finanzen überfordern könnten. Erst tags zuvor, betonte Christa Stephan (SPD), habe Kämmerer Hermann Weber im Finanzausschuss postuliert, für neue Projekte sei „kein Geld da“. Den Optimismus von Kulturreferent Peter Grab, man werde „die Probleme gemeinsam bewältigen“, schien nicht einmal Bernd Kränzle (CSU) uneingeschränkt zu teilen: Er regte an, Grab möge in Zukunft vierteljährlich im Werkausschuss detailliert Auskunft über den aktuellen Stand der Planungen geben. Eine rundum positive Auskunft konnte immerhin Norbert Reinfuss geben: Aus Sicht des Bauamtes würde sich eine Sanierung des Großen Hauses auf jeden Fall lohnen: „Sie wird das Theater für die nächsten 40 oder 50 Jahre ertüchtigen.“