Bravo Markus Weinzierl!
Einwurf von Siegfried Zagler
Nach der ersten Pressekonferenz von Huub Stevens als TSG-Trainer sollte selbst Anhängern der Turnvater-Jahn-Philosophie dämmern, warum Stevens nur noch Teilzeitjobs bekommt. Länger als ein paar Monate ist das lebende Trainingsanzugs-Museum mit seinen holprigen Schlauberger-Sprüchen nämlich nicht zu ertragen. Stevens passt zu einen Klub wie Hoffenheim, der nicht ganz zu Unrecht für sich in Anspruch nimmt, die Fußballuhren in Deutschland neu gestellt zu haben, wie ein abgefahrener Autoreifen in die Auslage eines Porzellanladens. Doch damit nicht genug. Mit der Ankündigung, den 28jährigen Jugendtrainer Julian Nagelsmann nach Stevens als neuen Cheftrainer für die erste Mannschaft eines Bundesligisten zu bestellen, stand der 11. Spieltag der Fußballbundesliga unter besonderen Vorzeichen. „Im Fußball ist alles möglich“, insbesondere wenn Milliardäre ihre Hände im Spiel haben. Falls das Experiment mit Nagelsmann funktionieren sollte, muss man vor Dietmar Hopp eine tiefe Verneigung machen: Kompetenz und Führungsqualität muss man nicht zwangsläufig am Alter eines Trainers festmachen. Dennoch ist festzuhalten, dass ein Trainer für die erste Mannschaft einer Bundesligamannschaft zu jung sein kann. Und U-30 ist wohl zu jung! Es wäre tragisch, wenn ein junges Trainertalent in Hoffenheim verheizt werden würde.
Es ist bekannt, dass der Schreiber dieser Zeilen auf Markus Weinzierl – Erfolge hin, Erfolge her – keine großen Stücke hält. Der gestrige Samstag veränderte diese Haltung. Mit einem beinahe prähistorischen 4-2-4 klassischer Prägung ließ Weinzierl den FCA gegen Mainz beginnen. Matavz in der Mitte, Ji gab „den Halbstürmer“ im Rückraum und Bobadilla sowie Caiuby hielten konsequent die Außenpositionen, ohne das Rotieren zu vergessen. Ji wurde im Rückraum von Koo wirkungsvoll unterstützt. Baier gab die defensive Sechs. Bereits vor der Mittellinie wurde das Spiel breit gemacht und somit Platz für Matavz gebildet, der bisher bei seinen wenigen Einsätzen von den Platzhirschen Bobadilla, Werner, Caiuby und Esswein verschluckt wurde. Matavz schoss zwar kein Tor, konnte aber in dieser Formation darstellen, welch ein Riese in ihm steckt. Das Angriffsspiel des FCA erhielt somit ein tragfähiges Konzept, das sich bis weit in die zweite Hälfte hielt. Nach den Augsburger Patzern in der Abwehr, die zum 0:2 Rückstand führten, kam die kontrollierte Offensive des FCA ins Rollen. Gegen den Ball wurde von drei Spielern gepresst und das Mittelfeld reagierte antizipatorisch und kampfstark. Der Funke sprang aufs Publikum, das Stadion vibrierte und in der zweiten Halbzeit gegen Mainz zeigte der FCA alles, was man von ihm in dieser Situation erwartet: intensive Zweikämpfe und großartige Laufduelle, überraschende Flankenwechsel und zwischendurch der Versuch durch die Mitte. 25 Torschüsse (FCA-Rekord in der Bundesliga) und zwei heraus gespielte Tore bezeugen eine großartige Partie des FCA, die einfach nur zehn Sekunden zu spät abgepfiffen wurde.