Bravo Hannes!
Warum Johannes Hintersberger mit seiner Kritik an den Grünen auch vielen Grünen Wählern aus dem Herzen spricht
Kommentar von Siegfried Zagler
Dem Augsburger CSU-Chef Johannes Hintersberger ist mit seiner Kritik an den Augsburger Grünen eine Art Befreiungsschlag gelungen, der auch bei vielen Grünen Wählern und vielen Grünen Mitgliedern Beifall findet. Die Grünen, so Hintersberger, sind nicht mehr ernst zu nehmen, weil ein Riss durch Partei wie Fraktion gehe. Beides stimmt.
Die geplante Fusion hat diesen Riss aber nur verstärkt und erkennbarer gemacht, nicht ausgelöst. Die innere Spaltung der Grünen fing viel früher an, wurde aber von der damaligen Partei- und Fraktionsspitze (Strobel/Seubert-Erben/Wild und Leipprand) nicht professionell verarbeitet, sondern bagatellisiert („Generationsproblem“) und somit auf Personen kapriziert, die intern viel auszuhalten hatten. Eva Leipprand zum Beispiel war so eine Person, ein politisches Schwergewicht, das zwar schwer zu nehmen war, aber immer methodisch und inhaltlich agierte. Dieter Ferdinand war so eine Figur, zwar kein politisches Schwergewicht, aber eine Figur der Vermittlung, einer mit leiser Stimme aber großem Einfluss. Reiner Erben war so eine Figur: kompetent, sachlich, respektlos. Und Raphael Brandmiller war so eine Figur: intelligent, zielorientiert und mit juveniler Maßlosigkeit (zu) viel wollend.
Brandmiller und Erben sind über sich selbst gestolpert. Brandmiller noch vor der Wahl mit dem Finanzskandal des Stadtjugendrings, Erben direkt nach der Wahl mit Gribls Schnapsidee, dass er als Referent für die Stadt Augsburg Gutes bewirken könne. Brandmiller hat sich ins Private zurückgezogen, Erben ist unsichtbar geworden, also in der Stadtverwaltung verschwunden. Leipprand und Ferdinand haben vor der Wahl ihren Ausstieg erklärt, nicht weil sie sich aufs Altenteil zurückziehen wollten, sondern auch deshalb, weil sie von den Anfeindungen in den eigenen Reihen genug hatten. – Politik, das soll an dieser Stelle gesagt sein, wird von Menschen gemacht. Programme sind nicht selbstredend. Den Grünen ist innerhalb weniger Monate mehr personelle Substanz verloren gegangen als anderen Parteien im Lauf von Jahrzehnten. Damit ist auch der Rücktritt des langjährigen Grünen-Sprechers Matthias Strobel gemeint, der die innere Zerrissenheit der Grünen ebenfalls nicht mehr ertragen wollte. Strobel war in den Tiefen der Augsburger Lokalpolitik halbwegs angekommen und fing vor seinem Rücktritt gerade an, politisches Profil zu gewinnen. Ebenfalls ein schwerer Fehler war der Beschluss der Fraktion zu Beginn der neuen Stadtratsperiode, auf ihren Medienberater und Öffentlichkeitsexperten Jochen Mack zu verzichten. Mack verstand es nicht selten aus zwei Haltungen eine politische Positionierung zu schmieden. – Den neuen Stadträtinnen in der Grünen Fraktion fehlt nicht nur politisches Profil und Erfahrung, sondern auch Führung. Sich selbst überlassen wackelt die Grüne Fraktion sich in weiche Themen hinein und überlässt die harte Themen dem nicht weniger diffusen Kreisverband. Im Prinzip werden die Grünen genau so wahrgenommen wie seinerzeit Stadtrat Schönberg: Niemand weiß vorher in welche Richtung sie zielen.
Nicht nur ihre beiden Bündnispartner in der Stadtregierung, sondern auch ihre Wähler wissen nicht mehr, wen sie meinen, wenn sie von „den Grünen“ sprechen, die weder Opposition sind noch ein ernstzunehmender Teil der Stadtregierung.