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Dienstag, 29.04.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

„Bei uns brennt die Luft“

„KUKI ist mit seinen zirka 1000 Musikern der Motor des Kulturpark West (KuPa). Will man wissen, was im Kulturpark in erster Linie täglich geschieht, muss man wissen, was bei KUKI läuft“, schrieb die DAZ unlängst. Für den Popkulturbeauftragten ist der Verein Musikkultur für Augsburg e.V. (KUKI) sogar der „Verwalter des größten Schatzes in Augsburg“. Grund genug für ein DAZ-Interview mit Jürgen Gebhardt, dem hauptamtlichen Geschäftsführer von KUKI.

KUKI-Geschäftsführer Jürgen Gebhardt (links) im Gespräch mit DAZ-Herausgeber Siegfried Zagler

DAZ: Herr Gebhardt, der Verein KUKI belegt im Kulturpark von 180 vorhandenen Räumen 105. Darin proben zirka 200 Bands, also geschätzt 1000 Musiker. Wiederum geschätzt „verwalten“ Sie somit ein Drittel der zirka 600 Bands, die es in Augsburg und Umgebung geben soll. Korrigieren Sie mich bitte, falls die Zahlen nicht stimmen. Auf der KUKI Homepage gibt es eine Auflistung von lediglich 78 Bands, die derzeit die Proberäume nutzen. Wie erklärt sich diese Differenz?

Gebhardt: Die Zahlen sind korrekt. Bei unserem Umzug in den Kulturpark übernahmen wir 98 Räume, durch eigene Ausbauten des Dachgeschosses in der Sommestr. 50 sind es aktuell 105, ab 1. Juli werden wir 106 Räume zur Verfügung haben. Dass nicht alle Bands auf der Home aufgelistet sind, hat etwas mit Datenschutz zu tun. Wir stellen nur Bands ins Netz, die das auch wollen.

DAZ: Nachdem sich KUKI durch den Umzug an den Exerzierplatz in der Reese-Kaserne auf einen Schlag vervierfacht hat und sich seitdem einen eigenen Geschäftsführer leisten kann…

Gebhardt: Leisten muss! Seit dem 15. Oktober 2007 bin ich halbtags bei KUKI angestellt. Es war klar, dass ein Areal dieser Größenordnung nicht nur ehrenamtlich geführt und verwaltet werden kann. Wir sind aber behutsam und mit der gebotenen Vorsicht an den Start gegangen. Es gab bisher kein vergleichbares Projekt, wir hatten keine verlässliche Kalkulationsgrundlage über die zu erwartenden Nebenkosten wie Strom und Heizung, da vorher für das gesamte Gelände jeweils nur ein Zähler vorhanden war und dies ein eminenter Kostenfaktor ist. Wir mussten also erst abwarten, ob unsere Kalkulation aufgeht. Deshalb war ich die ersten zwei Jahre als „Alleinunterhalter“ auch für alle Verwaltungsarbeiten zuständig. Nach zwei Winterperioden im KuPa können wir sagen, dass wir gut gearbeitet haben. Unsere zwangsläufig geschätzte Kostenkalkulation ging auf, und wir stehen finanziell solide da. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind eine Buchhalterin, ein Hausmeister – beide halbtags – und zwei Putzkräfte auf 400-Euro-Basis bei KUKI beschäftigt und werden aus eigenen Mitteln bezahlt.

DAZ: Nachdem sich KUKI auf einen Schlag zum Hüter des „größten Augsburger Schatzes“ gemausert hat, steht ihre Tätigkeit mehr denn je im Blickpunkt. Wie sieht denn ihr Arbeitstag aus? Besser gefragt: Wie definiert sich für Sie die Aufgabenstellung, die Sie in der Reesekaserne angenommen haben?

Gebhardt: Der Kulturpark West bietet hier die verschiedensten Möglichkeiten. Mit Abraxas, Kantine, dem Raben, Reesetheater, Bombig und Kradhalle stehen Musikern, Künstlern und natürlich auch KUKI vielfältige Locations zur Entfaltung und Präsentation zur Verfügung, die auch rege genutzt werden. Darüber hinaus gewinnt die Auswirkung des KuPa auf den Innenstadtbereich zunehmend an Gewicht.

DAZ: Herr Gebhardt, wir sind hier nicht auf Werbesendung. Sagen Sie mir doch bitte einfach, welchen Vorteil eine Band, die sich bei KUKI eingemietet hat, gegenüber einer Band hat, die anderswo probt!

„Grundsätzlich mischen wir uns da nicht ein“

Gebhardt: Zunächst mal können unsere Räume ohne zeitliche Einschränkung genutzt werden. Sämtliche 74 Fenster sind mit einem Schallschutz versehen, damit kein Anwohner Grund zur Beschwerde hat. Nachdem hier die Musiker „unter sich“ sind, ergeben sich auch „nebenbei“ Kontakte und Austausch mit Kollegen, man lernt sich kennen, macht gemeinsame Gigs, hilft sich mit Equipment usw. Demos, CDs und Videos können in einem unserer aktuell 5 Studios gleich vor Ort aufgenommen werden. Und bei Bedarf kann man sein Spiel in einer unserer angesiedelten Musikschulen verbessern. Anfragen von Veranstaltern werden per Hausmitteilung verschickt, so kann man zum Beispiel auch mal als Support in der Kantine oder im Spectrum landen oder für ein Stadtteilfest oder einen Schulball gebucht werden.

DAZ: Sie verfolgen also die Absicht, den „KUKI-Bands“ so oft wie möglich Gigs zu verschaffen. Gibt es auch die Absicht, die Bands künstlerisch zu unterstützen?

"Grundsätzlich mischen wir uns da nicht ein"

"Grundsätzlich mischen wir uns da nicht ein"


Gebhardt: Grundsätzlich mischen wir uns da nicht ein. Nach 25 Jahren Praxis wissen wir besser denn je, was wirklich Sinn macht. Nicht zuletzt, weil wir auch alle selber Musiker sind. Musikkultur braucht Freiraum und Distanz! Das heißt in der Praxis: Gebt den Kreativen einen Raum und lasst sie sich entfalten. Wenn Potenzial vorhanden ist, wird es auch Wirkung zeigen. Ohne Unabhängigkeit und kreative Freiheit kann nichts wirklich Neues entstehen. Wenn dann eine Band unsere Unterstützung sucht, kriegt sie die natürlich auch. Wir verstehen uns aber nicht als „Augsburg-sucht-die-Superband-Verein“, mit dem Ziel, möglichst viele Supergruppen zu kreieren. Wir bieten eine Plattform für alle, unabhängig von Alter und Musikrichtung. Im Übrigen sind alle bisher erfolgreichen Bands – mal abgesehen von den Killerpilzen, die in einem privaten Raum geprobt haben – durch unsere Räume gegangen. Inklusive Anajo sowie die damals sehr erfolgreichen „Unemployed Ministers“ von Alaska Winter, Rich Goerlichs Combo und die Band von Dr. Linus Förster.

DAZ: Dass die zwei Letztgenannten erfolgreich waren, habe ich gar nicht mitbekommen. Richard Goerlich schwebt – wenn ich ihn richtig verstanden habe – eine Verbesserung der künstlerischen Substanz im Kulturpark vor. Könnte KUKI mit seinen Strukturen überhaupt Qualitätsprogresse bei den Bands erwirken beziehungsweise bei den Vergaberichtlinien der Räume die künstlerische Substanz der Bands berücksichtigen?

„Bei uns gibt es keine sogenannten Vergaberichtlinien“

Gebhardt: Bei uns gibt es keine sogenannten Vergaberichtlinien. Unsere Aufgabe besteht darin, Räume zur Verfügung zu stellen, unabhängig vom Alter, Musikstil und Reputation der Bands. Ich hoffe, Sie haben Richard Goerlich falsch verstanden. Falls nicht, wäre das ein ziemlicher Unsinn. So haben zum Beispiel Bands aus dem KuPa bei dem „Band des Jahres Wettbewerb“ zwei der ersten drei Plätze belegt – Rich Goerlich saß in der Jury. Viele unserer Bands sind sehr erfolgreich auf den Bühnen in und um Augsburg unterwegs. „Verbesserung“ klingt mir zu sehr nach „Bewertung“, „Leitung“ oder „Gängelei“!

Ich hoffe Sie haben Rich Goerlich falsch verstanden...

"Ich hoffe Sie haben Rich Goerlich falsch verstanden..."


Zudem glaube ich nicht, dass Rich Goerlich die Strukturen von KUKI kennt. Ich habe ihn nach Erscheinen des DAZ-Interviews zu einem Gespräch eingeladen, bei dem schon einige Dinge geklärt wurden. Wir werden uns künftig regelmäßig treffen. Ich halte mehr davon, miteinander statt übereinander zu reden. Es ist seit jeher eine gute Tradition bei KUKI, bei Unklarheiten und Kritik zuerst einmal das persönliche Gespräch mit den Beteiligten zu suchen. Aber nicht Rich Goerlich – auch nicht Herr Grab oder Raphael Brandmiller, sondern KUKI hat den Kontakt gesucht. Übrigens hat sich KUKI auch bei Oberbürgermeister Kurt Gribl, Kulturreferent Peter Grab und Richard Goerlich nach deren Amtsantritt vorgestellt und eine Zusammenarbeit angeboten. Schade, dass die Herren bisher keinen Gebrauch davon gemacht haben. Eine Durchführung zum Beispiel des Modular ohne KUKI zeigt meiner Meinung nach unverständliche Ignoranz der bestehenden Verhältnisse.

DAZ: Mit Verlaub, Herr Gebhardt, das kann ich nicht nachvollziehen. Der KuPa war doch von Anfang an bei der Planung von Modular dabei. Die gGmbH, also Bommas und Lindner haben aber – wenn ich mich nicht täusche – für das nächste Modularfestival die Zusammenarbeit aufgekündigt. Es hätte durchaus Mitwirkungsmöglichkeiten für KUKI gegeben.

"...bei uns brennt die Luft und er sieht ein Vakuum"

"...bei uns brennt die Luft und er sieht ein Vakuum"


Gebhardt: Der Veranstalter des Modularfestivals war nicht die gGmbH Kulturpark West, sondern der Stadtjugendring und der Popkulturbeauftragte, und die sind schlicht nicht auf uns zugekommen. Dabei ist KUKI der größte Repräsentant von Musikern in Augsburg, wenn nicht in Bayern. Wir veranstalten außerdem regelmäßig Konzerte, selbstverständlich auch außerhalb des Kulturparks.

DAZ: Wie viele Veranstaltungen haben Sie zum Beispiel in diesem Jahr schon gemacht und welche folgen noch?

Gebhardt: Es waren bisher rund ein Dutzend. Folgen werden zum jetzigen Stand 5 weitere. Am 26. Juni werden drei unserer Bands die Bühne im Bürgerhof im Rahmen von MAX10 bespielen, im Herbst folgt ein Konzert im Spectrum, ein Abend in der Kantine, unser jährliches „Open House“ im Dezember und am 7. und 8. August spielen wir mit 10 Bands im Schernecker Schlosshof im Rahmen von „Lechwood“.

DAZ: Wie erfolgt die Auswahl der Bands für das Lechwood in Scherneck?

Gebhardt: Das erledigt unser Veranstaltungsgremium, das aus Vertretern unterschiedlicher Musikstile zusammengesetzt ist. So bleiben Mauscheleien und „Spezlwirtschaft“ ausgeschlossen. Wir wollen so auch ganz bewusst der großen Vielfalt und Bandbreite an Musikstilen aus unseren Reihen Gehör verschaffen.

„Wir sind ein Verein, kein Konzern“

DAZ: Sie planen gerade einen Sampler. Wie soll das laufen? Wie wird der Sampler vermarktet? Haben Sie schon mal daran gedacht, ein eigenes KUKI-Label zu gründen? Wäre das Herausbilden einer Studiolandschaft nicht eine vornehme Aufgabe ihres Vereins?

"ein Verein - kein Konzern"

"ein Verein - kein Konzern"


Gebhardt: Erstmal: Wir sind ein Verein, kein Konzern. Wenn Sie sich anschauen, was wir mit einer Halbtagsstelle und viel ehrenamtlicher Arbeit auf die Beine stellen, dann … Jedenfalls ist zumindest ohne eine personelle Aufstockung einfach nicht mehr zu machen. Sollten sich die Verantwortlichen der Stadt allerdings aufraffen, uns mehr als die bisher eher als symbolisch zu wertende Summe von 6.000 Euro pro Jahr – unser Jahresumsatz beläuft sich auf über 200.000,- Euro – zukommen zu lassen, wären wir natürlich zu jeder Schandtat bereit! Zum Sampler: Unsere Jury hat die Teilnehmer aus 44 Bewerbungen ausgewählt. Wir sind mit dem Ergebnis sehr glücklich, da es einmal mehr die hohe Qualität und musikalische Bandbreite unserer Bands beweist. Er wird im August oder September mit einer Stückzahl von 30.000 Einheiten erscheinen und kostet 0 Euro. Vertrieben werden 25.000 Stück als Einkleber in der Neuen Szene, die wir hierfür als Partner gewinnen konnten. Eine Studiolandschaft? Wir haben 5 Studios in unseren Räumen. So hat sich die „Bloodhound Gang“ zum Beispiel auf die diesjährige Tour bei unseren Freunden von „Lautstark“ vorbereitet.

DAZ: Ein Tonstudio, das bei Ihnen Mieter ist.

Gebhardt: Ja genau. Aber sollen wir deshalb vollmundig gleich eine „Landschaft“ ausrufen? Dann hätten wir natürlich auch noch eine Musikunterrichtslandschaft! Wir haben im KuPa eine lebendige Struktur mit allen Komponenten. Musiker und Kreative brauchen kein Konstrukt, in dem selbsternannte Kulturpäpste über Wohl und Wehe ihrer mehr oder wenigen kreativen Schäfchen entscheiden!

DAZ: Viele jugendliche Musiker achten nicht auf die möglichen gesundheitlichen Folgen von zu lauter Beschallung. Ohrenärzte sprechen seit Jahren von einer Tinnitus-Epidemie. Inwiefern sorgen Sie dafür, dass sich die Musiker davor schützen?

Gebhardt: Wir sprechen miteinander. Natürlich haben wir auch richtig laute Bands, aber dies ist in der Praxis auf Dauer problemlos. Zum Einen wird oft „Wand an Wand“ musiziert, und Nachbarn, die sich beeinträchtigt fühlen, machen ein Arrangement bezüglich der gewählten Lautstärke erforderlich. Andererseits hat sich KUKI im Mietvertrag ein Weisungsrecht vorbehalten, das bei Uneinsichtigkeit mit dem Verlassen des Raumes enden würde. Dies war aber noch nie notwendig. Spätestens eine Schallpegelmessung und ein Gespräch mit den Betroffenen führte uns bisher immer zu einem einvernehmlichen, vernünftigen Ergebnis.

DAZ: Ein öfters angesprochener Kritikpunkt besteht darin, dass die Akustik in den KUKI-Räumen Wünsche offen lässt. Ein guter Raumklang in den Proberäumen, sehen Sie dort Defizite? Falls ja: Was ist diesbezüglich zu tun?

Gebhardt: Wir vermieten leere Räume. Jede Band hat die Möglichkeit, für einen angenehmen Raumklang zu sorgen. Wir stehen hierbei beratend zur Seite und verfügen über günstige Einkaufsquellen – zum Beispiel für Akustik-Dämmmatten -, die wir gerne weitergeben. Ansonsten müssen die Musiker schon selbst für einen für ihren speziellen Musikstil befriedigenden Raumklang sorgen.

DAZ: Mit Verlaub, Herr Gebhardt, aber leere Räume vermieten, und dabei zuerst die Anwohner vor Lärm zu schützen, ist meines Erachtens nicht genug. Das Gleiche gilt für ihr „Miteinander Sprechen“. Dadurch bewirken Sie doch wenig, vermutlich sogar eher nichts!

Gebhardt: Noch einmal für Sie als Nichtmusiker, Herr Zagler: Es gibt keine Universallösung für einen guten Raumklang. Ein völlig ungedämmter Raum kann zum Beispiel für einen Musiker mit akustischer Gitarre genau das Richtige sein, während für eine Rockband, die ihren Sound auch aufnehmen möchte, eine vollständige Dämmung inklusive Schallkabine zum gewünschten Ergebnis führt.

„Eine „gesteuerte“, gar an wirtschaftlichen Interessen ausgerichtete Kreativität ist nicht möglich“

DAZ: Wohin wollen Sie KUKI bringen? Welche Strukturen haben sich bewährt? Was gilt es zu verbessern?

“Eine gesteuerte Kreativität ist nicht möglich”

“Eine gesteuerte Kreativität ist schlicht nicht möglich”


Gebhardt: Wir sind schon weit gekommen. Wir stehen für 200 Bands und 1.000 Musiker, allein im Kulturpark. Wir verstehen uns aber auch als Ansprechpartner für alle Musiker, Kreative, andere Initiativen, Veranstalter, Medien und – nicht zuletzt – städtische Behörden. Speziell von den Behörden wurde unsere starke Präsenz bisher gar nicht oder nur wenig berücksichtigt. Wenn sich diesbezüglich etwas verbessern würde, wären wir schon einen wichtigen Schritt weiter. Es war immer oberster Grundsatz von KUKI, unabhängig und frei nur nach den Interessen unserer Musiker zu entscheiden. Wir haben im Lauf unseres Tätigseins mit einigen Stadtregierungen zu tun gehabt. Wir waren schon zu Zeiten von Oberbürgermeister Breuer aktiv, und wir waren durchgängig erfolgreich. Unsere Glaubwürdigkeit basiert auf unserer Unabhängigkeit. Ob wir es mit Vertretern von CSU, SPD oder den Grünen zu tun haben, spielt hierbei keine Rolle. Einzig ein gutes Ergebnis im Sinne unser Satzung und im Sinne unserer Mitglieder ist für uns ausschlaggebend. Daran wird sich nichts ändern.

DAZ: Wissen Sie genau, was im Sinne ihrer Mitglieder ist?

Gebhardt: Nach 25 Jahren Basisarbeit sollte dies der Fall der sein.

DAZ: Und das bedeutet, dass die Bands ungesteuert 24 Stunden am Tag nach ihrem Gusto bei KUKI proben können?

Gebhardt: Ein weiterer, zentraler Punkt: Wir bieten die Plattform für Kreativität, die Inhalte liefern unsere Musiker. Vorgaben, wer wie und in welcher Form seiner Leidenschaft nachgeht, gibt es nicht. Eine „gesteuerte“, gar an wirtschaftlichen Interessen ausgerichtete Kreativität ist schlicht nicht möglich. Kreativität braucht Freiheit und Unabhängigkeit. Natürlich gibt es einiges zu verbessern. Dies scheitert im Augenblick an unseren eingeschränkten zeitlichen und personellen Möglichkeiten. Aber auch daran arbeiten wir.

DAZ: Schulungsräume, Aufnahmestudios, die Entwicklung einer „Studiolandschaft“ kommt als Zielformulierung in der KUKI-Satzung nicht vor. Könnte man in dieser Richtung nicht nachbessern? Gebhardt: Doch! Oder glauben Sie, dass eine Förderung der Musikkultur nicht auch Studios und Unterrichtsräume einschließen sollte? Lesen sie doch mal aufmerksam unsere Satzung.

DAZ: Das habe ich. Förderung von Kultur in Augsburg, steht dort. Das ist mir, offen gesagt, zu allgemein. Aber wenn wir schon bei Allgemeinplätzen sind: Es wird auch im Zusammenhang vom Kulturpark West in der Stadt viel über „Synergieeffekte“ geredet. Auch wenn der Begriff langsam nur noch mit ironischem Unterton zu ertragen ist: Als größter Teil des KuPas wäre KUKI doch am ehesten in der Lage für Synergieeffekte zu sorgen. Also, lassen Sie uns mal wissen, ob diese – und falls ja, wie – Konzept-Sprachhülse in der alltäglichen Praxis greift. Gerade im Kulturpark soll davon nichts zu spüren sein. Jeder soll dort vor sich hinwursteln.

„Da haben sich wohl einige Herren selbst ins Knie geschossen“

"Da haben sich wohl einige Herren selbst ins Knie geschossen!"

"Da haben sich wohl einige Herren selbst ins Knie geschossen!"


Gebhardt: Da haben sich wohl einige Herren selbst ins Knie geschossen! Wir erleben diese strapazierten Effekte jeden Tag. Wir reden nicht nur miteinander – es gibt regelmäßige Treffen von KUKI mit der KuPa gGmbH, dem Künstlervertreter, der Kantine und einen guten Kontakt zu Frau Hüther (Abraxas) und den Betreibern des Bombig und des Raben. Und: wir arbeiten mit allen von Anfang an erfolgreich zusammen. Haben sich die Vertreter dieser These je erkundigt, was im KuPa wirklich abgeht? Sicher nicht! Ich kann hier nur eine klägliche Scheinattacke erkennen, die jeglicher Grundlage entbehrt!

DAZ: Also Herr Gebhardt, ich tu mir schwer Ihnen das abzunehmen. Aber gut, lassen wir das mal so stehen. Welche Schnittmengen gibt es in der Zusammenarbeit?

Gebhardt: KUKI stimmt sich seit Beginn des Projekts Kulturpark West mit den Betreibern Thomas Lindner und Peter Bommas ab. In regelmäßigen Treffen informieren wir uns über vergangene und bevorstehende Projekte und sprechen Art und Umfang der Zusammenarbeit ab. Wenn man weiß, dass Thomas Lindner auch Gründungsmitglied von KUKI ist, ist die Frage nach Schnittmengen schnell beantwortet. Unsere Gespräche finden auf „Augenhöhe“ statt, inhaltlich hat es noch nie Differenzen gegeben.

DAZ: Sie sind seit 25 Jahren bei KUKI im Vorstand und in der Szene dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Im KuPa sei die „interne Kommunikation verbesserungswürdig“ werden Sie in der DAZ zitiert. Woran liegt das aus ihrer Sicht?

„Da muss eine Lösung gefunden werden“

Gebhardt: Die lieben Künstler bringen mich schon mal zur Verzweiflung. Wir haben da einen Haufen Individualisten, die teilweise überragende Arbeiten vorweisen. Aber die zu Teamplayern zu machen, ist ein hartes Stück Arbeit. Aber ich bin zuversichtlich, das wir das mit Hilfe ihres Vertreters Manuel Schedl auch noch hinkriegen.

DAZ: Mit den bildenden Künstlern haben Sie doch wenig am Hut. Also bitte nicht ausweichen: Mir ging es um die vergiftete Atmosphäre zwischen Lindner/Bommas und Kerner/Lupart, also zwischen der gGmbH und den Gesellschaftern der Kantine. Die Hintergründe sind Ihnen bekannt.

"Die Verdienste der Kantine sind aller Ehren wert"

"Die Verdienste der Kantine sind aller Ehren wert"


Gebhardt: Mit den bildenden Künstlern habe ich einiges am Hut! Wir binden sie sehr wohl in unsere Projekte ein, wie zum Beispiel am 7. und am 8. August in Scherneck, wo es neben dem Open Air einen Kunsthandwerkermarkt gibt, der von Künstlern aus dem KuPa bestückt wird. Das beste Argument sind erfolgreiche Projekte. Und die haben wir reichlich am Start. Zum Konflikt zwischen der gGmbH und der Kantine: Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum das Problem nicht aus der Welt zu schaffen ist. Die Verdienste der Kantine für der KuPa sind aller Ehren wert. Da muss eine Lösung gefunden werden.

DAZ: „Ich würde gerne aktiv mitgestalten, um das Vakuum im Sinne eines wirklichen Zentrums für creative cultures zu schließen“, so der Popkulturbeauftragte der Stadt Augsburg, Richard Goerlich. Er meinte mit Vakuum aber nicht die kommunikativen Probleme, sondern die Lücke zwischen Anspruch und Realität. Also, Herr Gebhardt, teilen Sie Goerlichs Wahrnehmung? Falls ja: Wie könnte die aktive Mitgestaltung von Richard Goerlich bei KUKI beziehungsweise im Kulturpark aussehen?

Gebhardt: Goerlich scheint übernatürliche Kräfte zu haben. Bei uns brennt die Luft und er „sieht“ ein Vakuum! Offensichtlich gehen hier die Ansprüche weit auseinander. Wir haben im KuPa eine wunderbar funktionierende Mischung kreativer Aktivisten, die einzeln und im Verbund immer besser funktioniert. Einer Unterstützung durch Rich Goerlich steht nichts im Wege, das habe ich ihm vor zwei Wochen bei seinem ersten Besuch bei KUKI erklärt, und dies wird auch Inhalt unseres nächsten Treffens sein, an dem auch unser Vorstand teilnehmen wird.

DAZ: Das klingt schon mal nach Handreichung. Der Vorsitzende des Stadtjugendrings, Raphael Brandmiller, sieht im Kulturpark „eine gigantische Chance für die Stadt und ihre kreative Entwicklung“. Er sei eine große Chance für Stadtentwicklung, Künstler und Kulturschaffende. „Ein solches Pfund darf ich als Kommune nicht ohne Not aus der Hand geben und mich so aus allen Möglichkeiten des Gestaltens selbst heraus nehmen“, so Brandmiller. Da steckt implizit die Aussage drin, dass im Kulturpark zu wenig geschieht. Dass das kreative Potenzial der Stadt womöglich im Kulturpark nicht zu Entfaltung komme, beziehungsweise nicht vorhanden sei. Der Kulturpark könnte mehr leisten. Fühlen Sie sich als größter Nutzer im KuPa dabei nicht angesprochen?

Gebhardt: Und wie! Nachdem Raphael Brandmiller im Vorfeld der Umsetzung des KuPa gegenüber der Augsburger Allgemeinen noch vollmundig erklärte, „wir haben die Kompetenz, wir können das leisten“, hat er sich mit dem Stadtjugendring kurz darauf kleinlaut zurückgezogen, als es ernst wurde. Jetzt, nachdem andere – vornehmlich KUKI und Lindner/Bommas – die ganze Drecksarbeit mit Umsiedlungen, Erschließung, Instandsetzung, Vermietung, Betrieb und Instandhaltung erledigt haben, taucht er wieder auf und schwingt sich auch noch zum Sprecher der Kommune auf. Er selbst hat dieses „Pfund“ abgegeben und will jetzt durch die Hintertür wieder rein. Ich fürchte, das wird ein für ihn ziemlich spaßfreier Versuch werden.

DAZ: Viele Dinge, die Goerlich und Brandmiller ansprechen, sind richtig und es ist auch richtig, dass man genau hinschaut, was im Kulturpark passiert oder eben nicht passiert. Vielleicht bedauert Herr Brandmiller ja, dass er seinerzeit, wie Sie sagen, „das Pfund aus der Hand gegeben hat“. Der Kulturpark könnte wesentlich mehr leisten. KUKI könnte wesentlich mehr leisten. Und damit meine ich nun nicht die Illusionen, die die wohlklingenden Konzeptpapiere von Peter Bommas wecken, sondern den aus meiner Sicht den objektivierbaren Umstand, dass es im Kulturpark offensichtlich noch genügend Luft nach oben gibt.

Gebhardt: Sie können sicher sein, dass alle Beteiligten das Beste tun werden, den Kulturpark weiterhin besser zu machen. Dabei ist zu wünschen, dass die Stadt sich konstruktiv einbringt und in Zukunft mit uns gesprochen wird – nicht nur über uns.

DAZ: Herr Gebhardt, vielen Dank für das Gespräch.

Fotos: Elena Fijalkowski