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Samstag, 23.11.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Ballettgala 2016: Was für ein Fest!

Zum ersten Mal fand die Ballettgala des Theaters Augsburg im Doppelpack statt. Entgegen der Befürchtungen des Ballettdirektors waren beide Vorstellungen in kürzester Zeit ausverkauft. Ein Fest für alle, die die Vielfalt tänzerischer Ausdrucksformen schätzen.

Von Halrun Reinholz

 Ensmblefoto Hamlet

Ensemblefoto Hamlet (Foto: Nik Schölzel)


Seine Bedenken hätten sich verflüchtigt, gestand Ballettdirektor Robert Conn bei der Begrüßung, man habe ihm versichert, dass die Augsburger „ballettverrückt“ seien und dass die Gala an zwei Abenden stattfinden könne. Genau das erlebte man im zweimal ausverkauften Großen Haus: Ovationen für Künstler aus aller Welt, die gekommen waren, um von hochklassisch bis modern alle möglichen Facetten des Tanzes einem kundigen und höchst interessierten Publikum zu präsentieren. Wie immer waren hochkarätige Gäste nach Augsburg gekommen, die gemeinsam mit dem heimischen Ballettensemble ein abwechslungsreiches und virtuoses Programm auf die Beine stellten. Neben dem bewährt charmant-altösterreichischen Erich Payer moderierte diesmal der stellvertretende Direktor Armin Frauenschuh, der immer wieder Details aus dem Nähkästchen der Organisatoren preisgab.

Dass mit einer solchen Veranstaltung ein hoher logistischer und finanzieller Aufwand verbunden ist, wurde den begeisterten Zuschauern dabei durchaus bewusst. Vom Wiener Staatsballett kamen die Solotänzer Maria Yakovleva und Denys Cherevychko und zeigten – passend zum Eröffnungsabend der Fußball-EM – einen Pas de deux aus „Flammen von Paris“. – Doch ihre jeweiligen Solobeiträge im zweiten Teil  könnten kaum unterschiedlicher sein: Maria Yakowlewa bezauberte mit dem „Sterbenden Schwan“, während Denis Cherevychko mit Charme und Athletik „Les Bourgeois“ nach Jacques Brel interpretierte.

Malasombra aus Soto Danza   (Foto: Nik Schölzel)

Malasombra aus Soto Danza (Foto: Nik Schölzel)


Bezaubernd auch das Solistenpaar des Portugiesischen Nationalballetts Filipa de Castro und Carlos Pinillos, die mit Ausschnitten aus „Roulette“ und mit dem Pas de deux aus „Le Corsaire“ begeisterten. Ein besonderes Ensemble aus St. Petersburg zeigt, dass dort nicht nur das Marijinski Theater aktiv ist: Das Leonid Jacobson Ballett brachte mit Sergey Krylov eine pantomimische Darstellung des französischen Königs Ludwig XIV. in „Vestris“, im zweiten Teil zeigten Elena Chernova und Artyom Pykhachov den Walzer aus „Rosenkavalier“ in klassischer Vollendung. Vom New York City Ballet waren Sterling Hyltin und Adrian Danching-Waring angereist, um die Szene „Das alte Schloss“ aus Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ ebenso virtuos zu interpretieren wie einen Pas de deux von Georges Balanchine aus Mendelssohns Sommernachtstraum. Und schließlich machten Carlos Hopuy und Paolo Cervellera von Les Ballets de Monte Carlo (ebenfalls aus New York) Furore: Das reine Männer-Ensemble steht für gehobenes Unterhaltungsballett mit Comedy-Elementen und Travestietanzkunst. Entsprechend schlüpfte Carlos

Malasombra aus Soto Danza

Tarantella aus Von Göttern und Menschen (Foto: Nik Schölzel)


Hopuy in die Rolle der Ballerina und tanzte gekonnt und mit viel Körpereinsatz die Spitzenschuh-Partien beim Pas de deux aus Don Quichote und  „Spring Waters“ nach der Musik von Rachmaninow. Umrahmt waren die Auftritte der Gäste wie immer von Präsentationen des hauseigenen Ensembles, das den Vergleich mit höchst dekorierten Tänzern großer Häuser nicht zu scheuen brauchte. Die Künstler zeigten Gruppenszenen aus „Ascending Glide“  von Hauschoreograph Riccardo Nigris, aber auch die beeindruckende Szene um die Beerdigung Ophelias aus „Hamlet“. Yurie Matsuura und Theofilus Vesely glänzten gut gelaunt in der Balanchine-Choreographie von „Tarantella“. Zum Schluss zeigte das Ensemble noch „Malasombra“ aus der jüngsten – hoffnungslos ausverkauften – Produktion „Soto danza“.

Die befruchtende Stimmung, die das Ensemble aus allen Ecken der Welt in Augsburg verbreitete, war sichtlich spürbar. Umsomehr, weil das Große Haus für eine Ballettgala im nächsten Jahr nicht zur Verfügung steht. Ob diese bereits zur Tradition gewordene Veranstaltung unter diesen Umständen überhaupt oder nur in abgesteckter Form stattfinden kann, ist keinesfalls klar. Das Publikum spendete jedenfalls reichlich Applaus für eine gelungene und vergnügliche Darbietung weltgewandter Tänzer.