Ballettgala 2015: Tanz kennt keine Kommunikationsprobleme
Hochkaräter für Jung und Alt wie jedes Jahr bei der Augsburger Ballettgala
Von Halrun Reinholz
Ausverkauft bis zum letzten Platz – das hat man im Großen Haus des Theaters doch nicht ganz so oft. Aber jedes Jahr (und nunmehr zum achten Mal) bei der Ballettgala, wo sich die Freunde des Tanzes aus gutem Grund und mit hohen Erwartungen einfinden. Robert Conn ist bekannt für seine Netzwerkarbeit, für die Pflege alter Freundschaften. „Die alten Kollegen von früher sind jetzt oft Ballettdirektoren“, plaudert er freimütig von der Bühne herunter. „Und wenn ich sie bitte, schicken sie mir zwei Tänzer nach Augsburg.“ Das Stuttgarter Theater, Conns frühere Wirkungsstätte und als Hochburg des Balletts bekannt, musste diesmal allerdings passen – die Tänzer waren an dem Wochenende bereits doppelt eingespannt. Dafür hatten sie Sonia Santiago vorbeigeschickt – nicht zum Tanzen, sondern als Moderatorin neben dem Augsburger Urgestein Erich Payer mit seinem bekannt charmanten Plauderton nach alter Wiener Schule. Die beiden konnten ein Feuerwerk illustrer Namen ankündigen: Vertreten waren Solisten des Estnischen Nationalballetts, des Finnischen Nationalballetts, des Moskauer Stanislawsky Balletts und des Tschechischen Nationalballetts. Höhepunkt war auch diesmal wieder das private Ensemble des kanadischen Tänzers Eric Gauthier, „Gauthier Dance“ aus Stuttgart, das sich auf eine Art Tanzkabarett spezialisiert hat und entsprechend Sketche „tanzt“. Großer Jubel beim Publikum deshalb bei dem Sketch „Freistoß“, eine köstliche tänzerische Parodie eines Fußball-Freistoßes, zelebriert von fünf „Spielern“ und einem Schiedsrichter in authentischer Fußball-Montur (FC Augsburg gegen Borussia Dortmund) und mit einem von den Panthern ausgeliehenen (Eishockey-)Tor als Requisite. Demgegenüber klassische Paraderollen bestens ausgebildeter Tänzerinnen und Tänzer – viele mit russischen Namen und aus der entsprechend berühmten Balletttradition kommend. Doch auch diese Tänzer beherrschen modernes Repertoire – besonders eindrucksvoll die Prager mit „Déjà vu“, einer Choreographie ihres Ballettdirektors Petr Zuska, der auch mal in Augsburg Tänzer war. Oder die Finnen mit der schon aus optischen Gründen atemberaubenden Darbietung des „Schwans von Tuonela“.
30 Minuten Schlussapplaus
Das hauseigene Ensemble musste sich da nicht verstecken und präsentierte sich mit Proben aus dem aktuellen Repertoire – neben dem Publikumsrenner Romeo und Julia in hausgemachter Choreographie gab es einen vorausschauenden Einblick in „Medea“, das im April erst Premiere haben wird, Und wie beim Ballett üblich, endete alles in einem großen Gemeinschaftstableau: Nach der Darbietung des Gruppentanzes „Samba4us“ holte das Augsburger Ensemble alle Gäste auf die Bühne und integrierte sie in die heißen Samba-Rhythmen, Spitzenschuhe (und Moderatoren) inklusive. Tanz ist, das zeigte sich hier einmal mehr, eine in hohem Maße völkerverbindende Aktivität. Der mehr als 30 Minuten dauernde Schlussapplaus ließ nicht vermuten, dass sich für Ballett nur eine elitäre grauhaarige Minderheit interessiert, vielmehr war der Anteil junger Leute im Publikum beachtlich. Diejenigen, die bei der Vergabe der Karten diesmal wieder nicht zum Zug gekommen sind, werden es mit Freude vernommen haben, dass Robert Conn und die Intendanz des Theaters für das nächste Jahr trotz des hohen logistischen Aufwands zwei Aufführungen der Ballettgala angesetzt haben. Sie gehen sicher zu Recht davon aus, dass das Haus dann zweimal ausverkauft sein wird.