„Babylonische“ Musik im MAN-Museum
Am vergangenen Sonntag begeisterte „Mehr Musik!“ mit einem phantastischen Konzert im Goldenen Saal (DAZ berichtete) – am heutigen Mittwoch findet, erneut unter der Regie von Ute Legners Neue-Musik-Projekt und wiederum im Rahmen des Festivals der 1000 Töne, ein weiteres Konzert statt. Diesmal an ungewöhnlichem Ort: Im MAN-Museum wird in der Reihe „Zukunftsmusik“ das Programm „Babylon“ gespielt.
Im MAN-Museum musizieren am heutigen Mittwochabend wirken Mitglieder der „Neuen Vocalsolisten Stuttgart“ (Foto), des Egyptian Contemporary Music Ensemble sowie des Augsburger Ensemble Zukunftsmusik; es dirigiert Carolin Nordmeyer.
Obwohl die Idee zu diesem Projekt bereits vor der Revolution in Ägypten entstanden ist, bekommt die Zusammenarbeit zwischen ägyptischen und deutschen Musikern in diesem Konzert durch die aktuelle politische Lage eine besondere Brisanz: Während sich auf dem Tahrir-Platz in Kairo erneut Demonstranten und Staatsmacht gegenüberstehen, soll die Musik am heutigen Abend für Völkerverständigung stehen, für kulturellen Austausch und den Willen, gemeinsam durch Kunst kulturelle Grenzen zu überwinden. Mitglieder des Egyptian Contemporary Music Ensemble, der Neuen Vocalsolisten Stuttgart sowie des Augsburger Ensemble Zukunftsmusik treten in musikalischen Dialog und interpretieren gemeinsam Neue Musik von Komponisten der arabischen Welt.
„White Shroud“ beispielsweise, ein Werk des ägyptischen Komponisten Ahmed Madkour, setzt sich theatralisch und klangmalerisch mit dem Vorhersehen und dem Erinnern auseinander, sein neues Werk „The Cedar Forest“ ist der erste Teil einer Vertonung des gesamten Gilgamesch-Epos. Auch der ägyptische Dirigent, Komponist und Leiter des Kulturzentrums der neu errichteten Bibliotheca Alexandrina Sherif Mohie El Din hat sich der Babylon-Thematik angenommen. Er stellt im MAN-Museum sein neues Werk „Three Moods“ vor – eine Komposition, die im Auftrag von „Mehr Musik!“ entstanden ist. Es soll als Anspielung auf die babylonische Sprachverwirrung verstanden werden und steht damit als Symbol für die zu überwindenden Barrieren in einer von Kommunikationsmedien überfluteten globalisierten Gesellschaft.
Das Stück „Instability Ω“ des Ägypters Amr Okba wurde von einer Gondelfahrt in Venedig inspiriert und spielt musikalisch mit den leisen Wellenbewegungen des Wassers im Winter. Das Thema der Gedanken- und Redefreiheit greift der palästinensisch-israelische Komponist Samir Odeh-Tamimi in seinem Vokalwerk „Ka Ana Ha“ auf. Das Stück ist Teil einer größeren Komposition mit dem Titel „Garten der Erkenntnis“, die im Februar 2011 beim ECLAT-Festival in Stuttgart uraufgeführt wurde. In ihr nimmt der Komponist Stellung zur Verfolgung von Künstlern und Intellektuellen des Orients. Die Prélude aus dem Werk „Night Falls“ (2010) des Iraners Arash Safaian schließlich ist Musik eines jungen Weltbürgers, der seine Eindrücke in eine Musiksprache übersetzt, in der die Grenzen aufgehoben zu sein scheinen – ganz anders als in der Realität.
Karten zu 15 € (10 € ermäßigt) gibt es beim Besucherservice des Stadttheaters, bei der Theatergemeinde und an der Abendkasse.