Augsburger Studenten gegen Rüstungsforschung
Vollversammlung für zivile Forschung und Lehre
Von Kristin Ruckschnat
Draußen bestes Wetter, drinnen fehlende Beschlussfähigkeit – trotz dieser Umstände harrten knapp 200 Studenten der Universität Augsburg am vergangenen Dienstagnachmittag zweieinhalb Stunden in ihrer Mensa aus. Teils sachlich, teils polemisch diskutierten sie Für und Wider einer Zivilklausel an ihrer Uni. Am Ende zeichnete sich mit 144 Pro- zu 38 Contrastimmen ein klares Meinungsbild für eine Zivilklausel ab. Nun ist die Universitätsleitung am Zug.
Anstoß für die Diskussion ist der geplante Innovationspark auf dem Gelände südlich der Universität (DAZ berichtete). Vorgesehen ist eine Kooperation zwischen den sich dort ansiedelnden Unternehmen und der Hochschule. Da es sich dabei teilweise um bekannte Rüstungsunternehmen handelt (z. B. Premium Aerotec, Renk), befürchten die Studierenden auch militärische Forschung an der Universität.
Im Vorfeld der Vollversammlung hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) zusammen mit der „Initiative friedliche Uni Augsburg“ vier vorbereitende Veranstaltungen organisiert. Diese beinhalteten Diskussionen um den Innovationspark und die Frage nach Wirtschaftlichkeit und Ethik an der Uni. Zudem gab es Vorträge zur Zivilklausel und der Problematik, dass Forschungsergebnisse auch gleichzeitig zivilen und militärischen Zwecken dienlich sein können und eine Abgrenzung demnach schwierig ist („Dual-Use“). Als Vorlage arbeitete die „Initiative friedliche Uni Augsburg“ eine Formulierung für die Grundordnung der Hochschule aus, die in der Vollversammlung beschlossen wurde. Sie beinhaltet, dass die Universität nur für zivile Zwecke forschen und lehren darf. Um das insbesondere bei von Dritten finanzierten Projekten zu überprüfen, sollen zudem Informationen über die Projekte veröffentlicht werden.
„Geheime Rüstungsforschung unterläuft Demokratie“
Nicht alle Anwesenden waren der Meinung, dass die Universität militärische Forschung ausschließen sollte. So gab es Befürchtungen, dass Gelder verloren gehen und der Standort der Universität und der Stadt geschwächt werden könnte. Ein Student warf ein, dass nicht die Entwicklung von Waffen und anderen militärischen Hilfsmitteln unethisch sei, sondern erst deren Gebrauch. Zudem sei eine Zivilklausel an der Universität nicht der richtige Weg: „Wer verhindern will, dass Waffen an menschenverachtende Regime geliefert werden, der muss am Export arbeiten“, so der Redner.
Dem entgegen standen die Argumente der Zivilklauselbefürworter. Neben der ethischen Bewertung von militärischer Forschung stand bei ihnen vor allem der Diskurs und die Transparenz im Vordergrund: „Wir leben in einer Demokratie, in der universitäre Wissenschaft auch Allgemeingut ist. Und das wird durch Geheimhaltung in der Militärforschung unterlaufen“, argumentierte eine Zivilklausel-Befürworterin. Auch würde die durch eine Zivilklausel gegebene Transparenz einzelne Mitarbeiter schützen. Jeder müsse wissen, ob er an einem militärischen Projekt mitarbeite und müsse sich ohne Konsequenzen für seinen Arbeitsplatz gegen Militärforschung entscheiden können.
Jetzt sind die Gremien der Universität am Zug
Trotz des klaren Ergebnisses für eine Zivilklausel ist Michael Lippok von der Initiative friedliche Uni Augsburg nicht ganz zufrieden: „Es ist ein bisschen ärgerlich, dass wir nicht beschlussfähig waren. Das hätte mehr Wirkung für die formalen Gremien gehabt. Aber noch wichtiger wäre das Symbol an die anderen Statusgruppen der Uni gewesen.“ Damit weist Lippok auf die nächsten Schritte zur Implementierung einer Zivilklausel hin. Denn die Studierenden allein können sie nicht beschließen. Nach der Abstimmung auf der Vollversammlung muss das Anliegen in die Erweiterte Universitätsleitung eingebracht werden. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das noch in diesem Semester geschieht.
An anderen Hochschulen in Deutschland gibt es schon seit Jahrzehnten Zivilklauseln. Ein Beispiel dafür ist die Universität Bremen, die seit 1986 eine Zivilklausel hat. Sie wurde dieses Jahr durch die Exzellenzinitiative zur Elite-Universität ernannt.
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