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Samstag, 20.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Augsburger Literaturgespräche“ mit gutem Start

Die neue Reihe unterscheidet sich deutlich vom „Literarischen Salon“

Von Frank Heindl

Den literarischen Salon im Foyer des Stadttheaters gibt’s schon länger. Sensemble-Leiter Sebastian Seidel hat nun einen weiteren Debattierclub aus der Taufe gehoben, in dem es um zeitgenössische Literatur geht. Das erste Mal hat bereits stattgefunden und man kann zusammenfassend sagen: Wenn auch diese Diskussionsreihe ihr Publikum findet und sich die beiden Veranstaltungen nicht gegenseitig das Publikum abgraben, dann hat Augsburg nun ein weiteres hochkarätiges Literaturforum.



In Kooperation mit dem Bezirk Schwaben, dem Evangelischen Forum Annahof und der Uni Augsburg sowie mit finanzieller Unterstützung des Wissenschaftsministeriums in München soll in Zukunft sechsmal jährlich über Literatur diskutiert werden. Dabei verfolgen Seidel & Co. ein deutlich anderes Konzept als der vom Augsburger Literaturteam in Kooperation mit dem Stadttheater veranstaltete „Literarische Salon“, wo ausschließlich über Neuerscheinungen aus der ganzen Welt diskutiert wird. Bei Seidels „Literaturgesprächen“ sollen dagegen Übersetzungen keine Chance haben. Hier wird es ausschließlich um deutschsprachige Literatur gegen, mit einem weiteren geographischen Schwerpunkt: Jeweils ein Autor der besprochenen Bücher soll aus Schwaben stammen. Das hört sich zunächst ein bisschen nach Provinz an, hat aber interessante Aspekte, wie schon das erste Literaturgespräch zeigte, in dem die grüne Stadträtin Eva Leipprand ihr 2002 erschienenes Buch „Woher alles kommt“ vorstellte. Denn auch um Neuerscheinungen muss es sich beim Literaturgespräch nicht zwingend handeln. Beim ersten Mal wurden des Weiteren Martin Walsers „Ein springender Brunnen“ von 1998 und Georg Kleins in Augsburg-Oberhausen handelnder „Roman unserer Kindheit“ von 2010 besprochen. Der Veranstaltungsort der Literaturgespräche wird wechseln: Sie werden jeweils einmal im Forum Annahof, beim nächsten Mal im Sensemble Theater stattfinden – dort darf man auch mit entspannter Atmosphäre rechnen, weil man in Barbereich des Theaters sitzen wird und sich das Publikum dort auch mit Getränken versorgen kann (siehe auch das untenstehende Interview mit Sebastian Seidel, dem Leiter des Sensemble Theaters).

Ein Thema, drei Romane

Die Runde der Diskutanten soll sich immer aus einem „Hobbyleser“, einem „Literaturprofi“ und einem „Literaturexperten“ von der Uni zusammensetzen. Neben Leipprand als „Profi“ diskutierten im Oktober der Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Prof. Mathias Mayer, und Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl. Das Gespräch, moderiert von Pfarrer Dr. Nikolaus Hueck, hatte hohes Niveau, die Romane wurden den zahlreichen Zuschauern (es waren ca. 80 gekommen, der Raum des Anna-Forums schien fast zu klein) intensiv vorgestellt und nahegebracht – auch ein schwieriger, dicker „Schinken“ wie Georg Kleins Augsburg-Roman wurde ausführlich, kontrovers und unter sehr reger Anteilnahme des Publikums diskutiert. Ein weiterer Pluspunkt des Konzeptes: Die vorgestellten Romane werden von einer thematischen Klammer zusammengehalten, diesmal war das die „Kindheit“.

Vor- wie Nachteil des Konzeptes ist es, dass längst bekannte Bücher besprochen werden: Viele im Publikum waren zumindest beim ersten Mal offensichtlich gekommen, weil sie wenigstens eines der Bücher schon kannten und ihre Auseinandersetzung mit dem Gelesenen vertiefen wollten. Wer ohnehin fleißig liest, vieles kennt und eher Anregungen für neue Lektüre sucht, der ist beim „Literarischen Salon“ besser aufgehoben – dessen Publikum ist eher auf der Suche nach neuem Lesestoff, will sich über Unbekanntes informieren, kann dafür nicht so eifrig mitdiskutieren.

Das nächste Augsburger Literaturgespräch findet am Mittwoch, den 30.11. im Sensemble Theater statt. Das Thema ist „Wasser“. Grund dafür ist der Schwäbische Literaturpreis, dessen Ausschreibung diesmal das Thema „Fluss“ vorgegeben hatte. Die Siegerin des Wettbewerbs, Ute Fuchs-Prestele, wird aus ihrem Text „Höll Gasse 8“ lesen.

» Durchs schwäbische Fenster nach draußen – Interview mit Sebastian Seidel