Ansporn für „musikalische Dilettanten“
Mozartfest startet Hausmusik-Wettbewerb
Von Frank Heindl
Im Rahmen des Mozartfestes 2012 im Oktober wird es in Augsburg zum ersten Mal auch einen Wettbewerb für Hausmusik geben. Das gab der Leiter des Festivals, Thomas Weitzel, am Donnerstag vor den Medien bekannt. Im Rahmen des europaweit ausgeschriebenen Wettbewerbs werden 30 Laien-Ensembles nach Augsburg eingeladen, wo sie sich einer Fachjury präsentieren sollen.
Der Begriff „Hausmusik“ klingt, wie Thomas Weitzel zugibt, in manchen Ohren „etwas spießig und bildungsbürgerlich.“ Gleichzeitig erinnert der Festivalleiter und Präsident der Deutschen Mozart-Gesellschaft aber auch daran, dass es noch bis zu Beginn des 20. Jahrhundert gerade Laienmusiker waren, die mit großem Wissen und ebenso großem Engagement Werke großer Komponisten nachspielten und sie so auch in der Provinz bekannt machten. Denn in der „guten alten Zeit, als Musik noch nicht primär aus der Konserve kam“, habe man nur an wenigen Orten die Chance gehabt, die Originale zu hören. So kam es, dass Bearbeitungen für kleine Ensembles die Runde machten, dass sogar Mahlers Riesensinfonien für Quartette und andere, teilweise geradezu absurd erscheinende Besetzungen arrangiert wurden. Komponisten wie etwa Alban Berg und Arnold Schönberg, betont Weitzel, hätten sich ihre ersten musikalischen Meriten – und ihre ersten Honorare – durch solche Bearbeitungen verdient.
Ob die Begeisterung für Hausmusik nachgelassen hat – Weitzel ist sich nicht sicher. Er sei sehr gespannt, sagt er, „wie viele Kandidaten aus den europäischen Ländern sich anmelden werden.“ Klar ist allerdings, dass die Hausmusik heutzutage auf ein anderes Umfeld trifft als vor hundert Jahren. Das liegt nicht nur an den allgegenwärtigen Tonträgern, die jedes Musikstück jederzeit hörbar machen. Ein anderer Grund sei auch das Marketing des auf Höchstleistung getrimmten Klassikbetriebs. Musikalische Dilettanten, so Weitzel, bräuchten schon einen „unheimlichen Sportsgeist“, um sich in diesem Umfeld zu betätigen. Der Wettbewerb soll sie dazu ermutigen, soll eine „Rückkoppelung“ zwischen Profis und Konzertbetrieb auf der einen, musikalischen Laien auf der anderen Seite ermöglichen. Außerdem ist es der Mozart-Gesellschaft ein Anliegen, die Laien genau so behandeln wie Profis. Das heißt vor allem: Sie sollen eine Bühne bekommen und ihr Schaffen der Öffentlichkeit präsentieren können.
Vom Trio bis zum Oktett
Bewerben können sich Ensembles vom Trio bis zum Oktett mit reinen Instrumentalwerken – Gesang ist ebenso wenig zugelassen wie Volksmusik und neuarrangierte Unterhaltungsmusik. Stattdessen werden sechs Sätze aus mindestens zwei Epochen erwartet (genaue Bewerbungsbedingungen und -Unterlagen gibt es im Internet; pdf, 1,9 MB). Thomas Weitzel und Prof. Bernhard Tluck vom Leopold-Mozart-Zentrum der Uni Augsburg können sich allerdings durchaus vorstellen, dass auch Ensembles eine Chance haben, die Bearbeitungen klassischer Musik auf Instrumenten der Volksmusik spielen. „Zither und Hackbrett“, betont Tluck, „können auch hochkünstlerische Sachen machen“ und zeigt sich überzeugt, „dass wir gute Rückmeldungen kriegen – es wird erstaunlich sein!“
Im Mittelpunkt der Veranstaltung soll dabei nicht das Kompetitive stehen, sondern die Förderung. Es wird daher keine Geldpreise geben, sondern Stipendien. Der erste Preis ist ein Wochenend-Workshop mit einem Dozenten des bayerischen Tonkünstlerverbandes, „exklusiv und ganz privatissime“, wie Weitzel betont, der zweite ein Stipendium für einen öffentlichen Kurs, der dritte ein Reisekostenzuschuss für einen Kurs. Besonderer Leckerbissen: Die Deutsche Mozart-Gesellschaft wird einen Kompositionsauftrag erteilen, um ein Werk eigens für das Siegerensemble zu schreiben, das im darauffolgenden Jahr von ebendiesem Ensemble in Augsburg uraufgeführt werden wird. Das, sagt Weitzel, sei „das Nachhaltige an diesem Wettbewerb.“
Generationenübergreifender Austausch
Eine „Vorjury“ wird aus allen Bewerbungen 30 Ensembles auswählen und nach Augsburg einladen. Aus diesen Bewerbern werden maximal sieben Finalisten ermittelt. Doch auch die Ensembles, die im Lauf des Wettbewerbs ausscheiden, will man nicht einfach sang- und klanglos nach Hause schicken. Sie können sich auf einer offenen Bühne präsentieren, außerdem dürfen sich die Musiker auf ein Besichtigungsprogramm und den Besuch des Mozartfestes freuen. Weitzel hofft auf einen „generationsübergreifenden Austausch“ zwischen den Musikern – und nebenbei auch auf Auswirkungen für sein Mozartfest: Es gehe auch darum, betont er, dem Publikumsschwund in den Konzertsälen entgegenzuwirken.