Ästhetische Bilder vom schmutzigen Geschäft
Filmfest: „9 to 5 – days in porn“ von Jens Hoffmann
Von Frank Heindl
Kann man mit professionellem Equipment unter die Oberfläche der Pornoindustrie tauchen? Jens Hoffmann versucht es in seiner Dokumentation über Menschen im Pornogeschäft. Im Gegensatz zu den meisten Dokumentarfilmern zog er nicht mit der wackeligen Videokamera los, sondern filmte auf 16mm-Material. Es sei ihm auf eine ästhetische Story und auf ästhetische Bilder angekommen, sagt er.
Schöne Bilder von schönen Models - Jens Hoffmanns Film vermeidet den allzu tiefen Morast der Pornoindustrie
Was dabei herauskommt, ist, dem Sujet angemessen, teilweise durchaus abstoßend. Doch zeigt der Film, der im kalifornischen San Fernando Valley gedreht wurde, vor allem solche (weiblichen) Pornomodels, die es mit viel Selbstbewusstsein und noch mehr Glück geschafft haben, sich in der Branche eine gewisse Selbständigkeit und Freiheit zu erarbeiten. Fast könnte man den Eindruck bekommen, das Gros der Pornodarstellerinnen sei glücklich, selbstbestimmt und mit seinem Job rundum zufrieden.
Da tritt die Ästhetik des großen Kinofilms in Konkurrenz zum hässlichen Schmutz des Gewerbes – und gewinnt. Anders gesagt: Hoffmanns Bilder sind zu schön. Sicher zeigt er auch schwer erträgliche Darsteller und Sex-Maniacs wie Otto Bauer. Dessen Ehefrau, gleichfalls Pornodarstellerin, kann man im Film regelrecht beim psychischen und physischen Verfall zusehen. Doch es bleibt das Gefühl, dass alles, was hier gezeigt wird, im Grunde „gar nicht so schlimm“ ist – weil man fast nur solche Fälle vorgeführt bekommt, in denen alles geklappt hat. Dass Jens Hoffmann auch andere Dinge gesehen, dass er an europäischen Pornosets haarsträubende Dinge erlebt hat, erfährt man in der Diskussion nach dem Film. Solche Aspekte lassen sich sicher schwer in einem Film darstellen. Aber jenseits von allen moralischen Bewertungen der Pornografie hätten mehr als nur Andeutungen vom Schmutz der Szene, von den Bedingungen der körperlichen und psychischen Ausbeutung von (vor allem) Frauen dem Film gut getan. Die Bilder hätten dann ruhig verwackelt sein dürfen.
» DAZ-Interview mit Regisseur Jens Hoffmann
» www.filmfest-augsburg.de