Selbstbestimmt? – Schnitzlers Fräulein Else am Theter Ensemble
Mit dem City Club am Königsplatz bringt man nicht zwangsläufig Theater in Verbindung. Und doch logiert hier seit geraumer Zeit das Theter Ensemble: Junge Theaterbegeisterte, deren harter Kern einst beim JTT des (damals noch nicht Staats-) Theaters Augsburg seine „Grundausbildung“ hatte.

Aus dem Monolog geht hervor, was Dorsley dafür möchte: Sie einmal nackt sehen. Else ist im Dilemma zwischen dem Pflichtbewusstsein als Tochter und ihren Träumen von einem selbstbestimmten Leben mit freier Wahl der Optionen – auch des Partners. Die Selbstbestimmung oder vielmehr der Mangel an Selbstbestimmung der Frauen – auch der bürgerlichen, vermeintlich im Wohlstand lebenden – um die Jahrhundertwende ist ein stets wiederkehrendes Thema bei Schnitzler. Solche Zwänge, wie Else sie durchlebt, scheinen überholt, doch sind sie es wirklich?
Iris Schmidt reflektiert diese Frage in der Inszenierung des Theter Ensembles (Regie: Marcel Prebeck) lebensnah und aus der aktuellen Perspektive. Nicht nur die „Me-Too-Debatte“ und die Nachrichten aus Ländern wie Indien zeigen, dass die Selbstbestimmung der Frauen auch heute noch weitgehend auf tönernen Füßen steht. So wirken die Gedankengänge der zunächst unbekümmert träumenden, dann die Tragweite des elterlichen Anliegens allmählich begreifenden Else keineswegs aus einer anderen Zeit. Iris Schmidt verkörpert die Figur eindrucksvoll und überzeugend.
Wie bei den meisten Produktionen des Theter Ensembles ist man als theateraffiner Augsburger über das verborgene Juwel im City Club positiv überrascht. Nach einer Serie im April wurde Fräulein Else nun wieder aufgenommen. Die nächsten Vorstellungen sind am 17., 18. und 22. Oktober. (Halrun Reinholz)