Staats- und Stadtbibliothek: Eine großartige Ausstellung neigt sich dem Ende zu
Am kommenden Freitag, den 8. Juli geht in der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg im Cimeliensaal um 16 Uhr eine Ausstellung zu Ende, die nicht nur die historische Bedeutung der Stadt Augsburg weitet, sondern auch mit ihrer ästhetischen Sorgfalt Welt und Wahn des 16. Jahrhunderts dokumentiert.
“Augsburg ist nicht nur Römerstadt, Fuggerstadt, Renaissance- und Barockstadt, Wasser- und Welterbestadt, Augsburg ist auch Tulpenstadt. Hier hat sich der früheste Beleg einer blühenden, aus dem Osmanischen Reich importierten Tulpe im christlichen Europa erhalten”, so der Leiter der Staats-und Stadtbibliothek Augsburg Karl-Georg Pfändtner, der in seinem Vorwort im großartigen Katalog zur Ausstellung “Tulpenschau im Gartenbau – Historische Zeugnisse der Tulpomanie in Augsburg” erzählt, wie die erste Tulpe nach Europa/Augsburg kam. Sehr wahrscheinlich kam sie über Konstantinopel in die Reichsstadt und generierte hier die Blütezeit des Tulpenwahns, der siebzig Jahre später in den damals reichen Niederlanden den größten Ausschlag fand und quasi in den ersten “Börsencrash” der Zivilisationsgeschichte führte.
Das Aussehen der Augsburger Tulpe überliefert ein auf 1557 datiertes Aquarell aus dem Besitz des Züricher Naturforschers und Botanikers Conrad Gessner (1516 – 1565). 1559, zwei Jahre nach Erhalt dieses Bildes aus Augsburg, sah Gessner im Garten des Augsburger Ratsherren Johann Heinrich Herwart (1520–1583) seine erste (und einzige) blühende Tulpe in natura, beschrieb diese zum ersten Mal wissenschaftlich und publizierte sie 1561 im Druck mit einem illustrierenden Holzschnitt. 1959 wurde zum 400-jährigen Jubiläum eine Tulpe “Augsburg” neu gezüchtet, die sich heute aber trotz intensiver Suche nicht mehr nachweisen lässt.
Wird die Zeichnung der ersten Augsburger Tulpe von 1557 heute in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg aufbewahrt, so hütet die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg unter ihren reichen Beständen dennoch wichtige Blumen- und Pflanzenbücher des 16. Jahrhunderts bis in die aktuelle Zeit. Von diesen zeigt sie nun nur noch bis Freitag bedeutende Zeugnisse der Blütezeit des Tulpenwahns im historischen Ausstellungssaal. Die Schönheit der farbintensiven Tulpen-Aquarelle auf feinem Pergament und Papier und die Menge der schon im 17. Jahrhundert in Augsburg gehandelten Tulpenzwiebeln sind faszinierend und seltene Dokumente einer Zeit, in der die Katastrophen der Moderne bereits in ersten Skizzen zu erkennen waren. Wer die seit Anfang April laufende Ausstellung noch nicht besucht hat, muss sich beeilen. Sie ist jede Sekunde Zeit wert und endet am kommenden Freitag um 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog im Wißner-Verlag erschienen. Er ist erhältlich oder bestellbar in der Bibliothek zum Preis von 22 Euro.