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Samstag, 20.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Kultur

Afrika: Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Stereotypen

Stimmungsvoll und mit viel leidenschaftlichem TamTam verlief die Veranstaltung Afro Passion, die sinngemäß als “After Weeks Party” tituliert war und die 29. Afrikanische Woche(n) 2018 in Augsburg abschloss. Mehr als einen Monat zuvor fand das traditionelle Eröffnungsfest statt. Diese beiden Events waren der Rahmen für ein buntes Potpourri, das den Afrika-Fans in Augsburg im tristen Monat November geboten wurde und das aus fast 30 Veranstaltungen unterschiedlichster Formate bestand. Vorträge, Lesungen, Ausstellungen, Live-Musik, Kino, Kabarett und Workshops machten Afrika wochenlang zum Stadtgespräch. 

Von Udo Legner

Julia Kabatas mit Konzertposter von 1996 © DAZ

Images – dies war der thematische Schwerpunkt der diesjährigen Afrikanischen Wochen. Den Veranstaltern aus der Werkstatt Solidarische Welt ging es um eine kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Stereotypen, die allzu oft das Bild von Afrika prägen und um neue, oft ignorierte Wahrnehmungen unseres Nachbarkontinents. Diesem Anspruch wurde bereits das Eröffnungsfest durch die Gemeinschaftsausstellung zeitgenössischer afrikanischer Kunst von Vivian Timothy, Haime Messele, Aziz Tairo, Ibrahim Jarju und Bangbola gerecht. Die Trommelgruppe Kukundu & Friends – im Zusammenspiel mit Special Guest Famadi Sako – waren wie die zelebrierte traditionelle äthiopische Kaffeezeremonie und das afrikanische Büffet Garanten für ungetrübten Kunstgenuss in der Projektschmiede in Lechhausen. 

Zudem präsentierte Amateurfotograf und Sozialpädagoge Stefan Rehbinder  seinen Fotoband „Africa is on my mind – ein Kontinent aus Augsburger Sicht“, in dem Augsburger Bürger mit einem persönlichen Bezug zu Afrika zu Wort kommen – dieser Fotoband ist im Augsburger Weltladen zum Selbstkostenpreis erhältlich! Mit 200 Personen war die Auftaktveranstaltung sehr gut besucht, obwohl sie erstmals nicht in der Innenstadt stattfinden konnte. 

Weitere Höhepunkte der Afrikanischen Wochen 2018 waren die Lesungen von Dr. Moustapha Diallo, dem Herausgeber des  Bands „Visionäre Afrikas – Der Kontinent in ungewöhnlichen Porträts“, und des nigerianischen Schriftstellers Elnathan John, der seinen Bildungsroman „Born on a Tuesday“ im Taschenbuchladen Krüger sowie am Holbein und Maria-Theresia-Gymnasium präsentierte. Im Porträtband  „Visionen Afrikas“ erzählen afrikanische Autorinnen und Autoren von außergewöhnlichen Menschen ihres Kontinents. Von Frauen und Männern, die sie bewundern, weil sie eine Vision hatten, von der sie nicht abließen, und die so das Leben in Afrika bereicherten und veränderten.  

Dr. Moustapha Diallo – Foto © Werkstatt Solidarische Welt, Sylvia Hank

Der in Senegal geborene Autor Moustapha Diallo, der seit 2011 als freier Publizist arbeitet, stellte in Augsburg die Frauenporträts von Yennenga, einer ungehorsamen Prinzessin aus dem 12. Jahrhundert (erzählt von Monique Ilboudu), und Aminata Dramane Traore (erzählt von Rokhaya Dialla) in den Mittelpunkt seiner Lesung. Geboren in Mali im Jahre 1947 studierte Aminata Traore Psychologie und Sozialwissenschaften an der Universität in Dakar. Nach ihrer Promotion in Frankreich kehrte sie in die Elfenbeinküste zurück und unterrichtete als eine der wenigen afrikanischen Wissenschaftlerinnen jener Zeit am Institut für Ethnologie. Aminata Traore war 27 Jahre lang Projektleiterin des Frauenministeriums in der Elfenbeinküste, des ersten in Afrika. Zusammen mit der der senegalesischen Feministin Marie-Angelique Savane begründete sie den „Verein Afrikanischer Frauen für Forschung und Entwicklung“, eine der ersten Organisationen afrikanischer Wissenschaftlerinnen. Ihre wichtigsten Publikationen waren „Die Erniedrigung Afrikas“ (2008) und „Verstümmeltes Afrika“ (2012). Heute kämpft die Fünfundsechzigjährige an einer weiteren Front: gegen die Expansion der Genmanipulation, die die Existenz der Baumwollproduzenten in Mali bedroht. Auf die Frage, was sie antreibt und sie motiviert, lautet ihre Antwort: „Ich möchte nicht tatenlos zusehen, wie die Welt zugrunde gerichtet wird.“

Was dem Publikum dieser Lesung bei einem Blick auf das Autorenverzeichnis dieses Sammelbandes deutlich wird, ist die illustre Schar afrikanischer SchriftstellerInnen, die schon im Rahmen der Afrikanischen Wochen zu Lesungen gewonnen werden konnten – u. a. Helon Habila, Ellen Banda-Aaku, Veronique Tadjo und Tendai Huchu.

Wiedersehen mit Stella Chiweshe

Auch bei der Vorstellung der 72jährigen Mbira Künstlerin Stella Chiweshe aus Simbabwe im Grandhotel konnte Julia Kabatas, die Hauptorganisatorin der Afrikanischen Wochen, darauf verweisen, dass der Auftritt dieser Künstlerin im Rahmen der Afrikanischen Wochen gute Tradition ist. Bereits im Jahre 1996 gastierte diese weltbekannte Künstlerin zu einem Konzert in  der Goldschmiedekapelle. 

Die Augsburger Stadtrundgänge von der Organisation „Augsburg Postkolonial (mit Claas Henschel und Philipp Bernhard) waren mit jeweils 20 Teilnehmern ebenso ausgebucht wie das Kabarett „Allein unter Schwarzen“ von Shooting Star Simon Pearce im Kulturhaus Kresslesmühle. 

Natürlich war auch der Augsburger Weltladen Veranstaltungsort der afrikanischen Wochen 2018. Das in München ansässige deutsch-ghanaische Start-up fairafric lud zu einer Verkostung von Schokolade Made in Ghana. Da nicht nur zu dieser Veranstaltung viele junge Teilnehmer kamen, muss einem um die Zukunft der Afrikanischen Wochen in Augsburg nicht bange sein. Umso weniger, als die Veranstalter von der Werkstatt Solidarische Welt nächstes Jahr das 30jährige Jubiläum dieses interkulturellen Kleinods feiern werden!