Europäische Fuggerstraße soll das Erbe der Fugger pflegen
Die Fugger sind im Kommen
Das Erbe der Fugger ist nicht unterzukriegen. Nachdem die Stadt Augsburg “ihre Fugger” lange Zeit hinter die “Dachmarken” Brecht, Mozart und Frieden platziert hatte, nimmt das Label “Fugger” wieder Fahrt auf.
Zuerst verblüffte der ehemalige Bauunternehmer und Kunstsammler Ignaz Walter die Augsburger Stadtgesellschaft mit einer “Geschenkidee” (Fuggergarage), dann zeigte sich Augsburgs Theaterintendant großzügig, indem er, wie er sagte, der Stadt zu seiner ersten Saison ein “Fuggermusical” schenkte. Vor einigen Jahren eröffnete im Augsburger Domviertel ein “Fugger und Welser Erlebnismuseum”. Und während der “Fuggerboulevard”, der als großes städtebauliches Versprechen des Königsplatzumbaues galt, noch immer auf Eis liegt, hat nun die Regio Augsburg eine “europaweite Fuggerstraße” auf den Weg gebracht. Sie soll durch vier europäische Länder führen und wird vom emsigen Augsburger Tourismusdirektor Götz Beck als “Tourismuskooperative” dargestellt. Die „Fuggerstraße“ startet 2019 in vier Ländern Europas – mit Partnern in Österreich, Italien und der Slowakei.
Der Reichtum resultiert aus Abbau von Erzen
Jakob Fugger gilt heute im Verhältnis als die reichste Person, die jemals gelebt hat. Woher aber kam der Reichtum der Fugger? Üblicherweise denkt man an Weberei, Pfefferhandel und Bankgeschäfte mit Kaisern, Königen und Päpsten. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit: Die wichtigste Einkommensquelle war – ab der Zeit Jakob Fuggers „des Reichen“ und bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts – die Montanwirtschaft. Die Fugger waren die „Krupps der Frühen Neuzeit“. Sie führten einen Montankonzern, in dem zwar auch Gold und Silber eine Rolle spielten. Der wahre „Bergsegen“ resultierte aber aus dem Abbau von Erzen und aus dem Handel mit Kupfer, Blei, Quecksilber und weiteren Metallen sowie deren Weiterverarbeitung. In den Verhüttungszentren entstanden Produkte aus den Legierungen Bronze, Messing und Rotguss. Sogar die Versorgung der Bergarbeiter war ein nicht zu unterschätzender Geschäftszweig. Der fuggerische Montankonzern war in insgesamt zehn Ländern Europas aktiv und hinterließ in mindestens zwei Dutzend Bergbaustädten, an Standorten von Hüttenwerken sowie in Distributionszentren zwischen Spanien und der Slowakei, zwischen Belgien und Italien und in Deutschland vom Allgäu bis nach Thüringen Fuggerhäuser, Fuggerschlösser, Sakralkunst und andere Sehenswürdigkeiten.
Europäische Fuggerstraße wird ab 2019 Kulturreiseroute
Das Wissen darüber ließ Augsburgs Tourismuschef Götz Beck schon seit dem Jahr 2003 nicht mehr ruhen. Bei einer Konzertreise in das Fuggerstädtchen Sterzing in Südtirol – im Rahmen der von der Regio Augsburg Tourismus GmbH betreuten Konzertreihe „Die Fugger und die Musik“ – entstand bei einem Spaziergang durch Brixen die Idee einer europaweiten Fuggerstraße. Jetzt wird seine Idee Realität: Die „Europäische Fuggerstraße“ wird ab 2019 als Kulturreiseroute in die Fuggerstadt sowie zunächst in Bergbauregionen in Tirol und in der Slowakei führen. An dieser Tourismuskooperation werden die Silberregion Karwendel mit der Bergbaustadt Schwaz sowie der Tourismusverband Region Hall-Wattens von Beginn an beteiligt sein. Sterzing in Südtirol und Neusohl (Banská Bystrica) in der Mittelslowakei sind vom Start weg weitere Partner.
Auch in Schwaz, Sterzing und Neusohl gibt es Fuggerhäuser und Museen
Den Termin der Markteinführung gibt das vom Land Tirol und von der Stadt Innsbruck initiierte Gedenkjahr zum 500. Todestag Kaiser Maximilians I. vor. Innsbruck und Augsburg widmen dem Habsburger jeweils große Ausstellungen. Wegen der seit Jahren verfolgten Idee einer Fuggerstraße hatte im April eine Delegation aus Neusohl um Bürgermeister Ján Nosko Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl in der Fuggerstadt besucht.
Sowohl in Schwaz als auch in Sterzing und Neusohl erinnern heute Fuggerhäuser und Museen an die Montanwirtschaft zu Zeiten der Fugger. Die Schaubergwerke in Schwaz wie in Sterzing zählen zu den großen Sehenswürdigkeiten im Tirol nördlich und südlich des Brenners.
In Augsburg werden die Fuggerschen Stiftungen 2021 runde 500 Jahre alt. Damit rücken nicht nur die Fuggerei sowie die Fuggerkapellen in St. Anna und St. Moritz in den Fokus, sondern auch weitere fuggerische Denkmäler von den Fuggerhäusern bis zu den Fuggerkapellen in St. Ulrich und Afra. Mit dem Bergbau der Fugger befasst sich in Augsburg ausführlich das Fugger und Welser Erlebnismuseum: Im Gewölbekeller des sanierten Renaissancehauses im Domviertel geht es um Erze und Metalle, um Handelswaren des Montankonzerns und um den harten Arbeitsalltag der Bergknappen und ihrer Familien.
Im viersprachigen Tourismusnetzwerk wirbt nun ein Partner für den jeweils anderen, sagt Tourismusdirektor Götz Beck. Ganz konkret wird die Zusammenarbeit zum Beispiel, wenn – wie im Jahr 2019 – Augsburg und Tirol parallel des 500. Todestages von Kaiser Maximilian I. mit großen Ausstellungen gedenken. Hier werden Werbemittel ausgetauscht und im Marketing wird auf den Partner verwiesen.
Es soll aber auch um Wissens- und Erfahrungsaustausch gehen, was eine sich kürzlich ereignete Begegnung unterstreicht: Bei einer Stadtführung für Partner der Tourismusroute in Schwaz konnte der Augsburger Fugger-Spezialist Martin Kluger ziemlich sicher die Abbildung Anton Fuggers auf einem Gemälde im Kreuzgang der Franziskanerklosterkirche identifizieren. Dort greift ein Mann mit den Gesichtszügen Anton Fuggers in eine mit Goldmünzen gefüllte Truhe. In Schwaz wurde dieses wenig beachtete Motiv bislang als Allegorie der Habsucht interpretiert. Doch vermutlich sind Anton Fugger und seine Schatztruhe eine Anspielung darauf, dass der Augsburger das Habsburgerreich vor dem Untergang rettete. Der historische Hintergrund: 1546 – während des Schmalkaldischen Kriegs – verlegte Anton Fugger seine Firmenzentrale aus dem protestantisch dominierten Augsburg in das für ihn sicherere Tirol. Von Schwaz aus finanzierte der katholische Augsburger die Feldzüge Kaiser Karls V. gegen die Truppen der protestantischen deutschen Fürsten.
Weitere Partner sollen sich der Tourismuskooperative anschließen
An der „Europäischen Fuggerstraße“ liegen dagegen noch etliche weitere Stationen, wo die Fugger Erze abbauen ließen, in ihren Hüttenwerken Metalle und Handelswaren produzierten oder sich mit der Alchemie beschäftigten. Tourismusdirektor Götz Beck: „Wir hoffen, dass wir im Lauf der Zeit weitere Partner, zum Beispiel in Kärnten und im Salzburger Land, vielleicht aber auch in Deutschland, Polen und Tschechien für unsere Tourismuskooperation begeistern können.“ Besonders interessant könnte, so Beck, vielleicht auch eine Kooperation mit der Bergbaustadt Almadén in Kastilien werden: Denn dort beuteten die Fugger lange Zeit das Quecksilberbergwerk aus, das seit 2012 UNESCO-Welterbe ist – ein Status, um den sich Augsburg mit seiner historischen Wasserwirtschaft derzeit bewirbt.