Meinung
Kommentar: Stadt feiert falsches Fuggerbild
500 Jahre Fuggerei: Augsburg feiert wo es wenig zu feiern gibt
Kommentar von Peter Bommas
Jakob Fugger – Frühkapitalist, kolonialer Ausbeuter, Kriegsfinancier, Machtmensch – genügend Material für eine kritische Würdigung. Doch Augsburgs Stadtgesellschaft samt politischer Führung gefällt sich im Gratulations- und Feiermodus. Kein kritisches Wort fällt. Während sich das von der Regio Augsburg betreute „Fugger- und Welser Erlebnismuseum“ inzwischen erfolgreich und sehr ambitioniert um eine kolonial- und rassismuskritische Aufarbeitung und eine angemessene museale Konzeptionierung bemüht, Schulklassen sich dort eine neue, erinnerungskulturell vorbildliche Sichtweise zu eigen machen können, nimmt die Stadtspitze samt Regierungsfraktion diese Anstrengungen offensichtlich nicht zur Kenntnis und feiert auf dem Rathausplatz ein Fuggerbild, das so nicht mehr vorzeigbar, wissenschaftlich offenkundig falsch und aus der Zeit gefallen ist.
Die Fuggerei als soziales Vorzeigemodell für den Wohnungsmarkt der Zukunft – das ist angesichts des Zustandekommens und der sehr speziellen Wohnbedingungen doch sehr frivol. Das passt ganz und gar nicht zum aktuellen erinnerungskulturellen Diskurs. Jakob Fugger kann man nicht umstandslos abfeiern, es gibt viel zu kritisieren und stadthistorisch aufzuarbeiten. Dabei stünde es der Stadt gut zu Gesicht, zum Jubiläum die aktuelle kritische Bestandsaufnahme der Fugger-Historie zu berücksichtigen – ein partizipatives, wissenschaftliches Symposion wäre angebracht gewesen. Wer sich angesichts der dem Frühkapitalismus eigentümlichen Auslöschung indigener Kulturen zwecks Ausbeutungsbarbarei und Gewinnmaximierung sowie deren kirchlich-religiöser Verbrämung noch „Fuggerstädter“ nennen will, kann das als Form der Selbstentlarvung tun, aber bitte nicht als Repräsentationsmuster für eine ganze Stadt anbieten.