DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Donnerstag, 06.02.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Wirtschaft

100 Millionen: Freistaat greift dem angeschlagenen Industriestandort Augsburg unter die Arme

Mit einem Hilfsprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den angeschlagenen Industriestandort Augsburg stützen

© DAZ

Um der angeschlagenen Wirtschaft in Bayern zu helfen, beschleunigt die Staatsregierung ihre bereits geplante „Hightech-Agenda“. Ursprünglich für vier Jahre geplant, sollen manche Segmente bereits im kommenden Jahr umgesetzt werden, wie Ministerpräsident Markus Söder am Montag verkündete. So würden 1800 Stellen in der Forschung bis zum kommenden Frühjahr ausgeschrieben, nicht erst bis zum Jahr 2024. Bei 700 Stellen sei dies bereits geschehen. Von insgesamt 2500 Stellen seien zirka 730 Professuren. Geschaffen werden sie unter anderem in den Bereichen Künstlicher Intelligenz und Informatik. Davon profitieren wird in der Hauptsache die Stadt Augsburg samt Region

Söder will dem angeschlagenen Industriestandort Augsburg mit 100 Millionen Euro unter die Arme greifen und in Augsburg ein „Zentrum für die Weiterentwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz“ schaffen. So wurde Söder von der Augsburger Allgemeinen zitiert. Außerdem solle mit den Mitteln des Freistaats ein Zentrum für die Weiterentwicklung von Wasserstoff als Kraftstoff gefördert werden.

Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat im Auftrag von Staatsminister Hubert Aiwanger ein Zukunftsprogramm für die Region Augsburg erarbeitet. „Augsburg ist vom Strukturwandel in den Segmenten Maschinenbau, Automobilzulieferer, Luft- und Raumfahrt besonders betroffen. Die Staatsregierung unterstützt die Region daher mit konkreten Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie dem Aufbau eines Produktionsnetzwerkes im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Dabei geht es darum, die Unternehmen zukunftsfähig zu machen und neue Arbeitsplätze zu schaffen.“ So der Bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in einer mit heißer Nadel gestrickten Erklärung.

Augsburg gilt als bayerisches Sorgenkind. Große Augsburger Unternehmen haben in kurzen Zeitabständen den Standort verlassen (Ledvance, Fujitsu), mussten schließen (Weltbild) oder kündigten im Personalbereich Einschnitte wegen der Corona-Krise an: Augsburgs Stolz, der Großmotorenhersteller MAN Energy Solutions hat vor, 1650 Arbeitsplätze in Deutschland und 950 im Ausland zu streichen. Bei der Airbus-Tochter Premium Aerotec sind in Augsburg etwa 1000 Jobs und in Norddeutschland weitere 1800 Stellen auf dem Prüfstand. Auch Kuka soll darüber nachdenken, am Augsburger Standort zirka 400 Stellen abzubauen.

Die Hightech-Agenda hatte Söder bereits vor einem Jahr vorgestellt, das Programm soll bis 2023 ein neues Netzwerk für Spitzenforschung im Bereich Künstliche Intelligenz und Robotik schaffen. Bayern müsse aufpassen, so Söder, dass nicht eine Deindustrialisierung drohe. Zahlreiche Firmen hätten geplant, Stellen abzubauen, die dann dauerhaft verloren seien. Deshalb habe die Regierung dieses „Transformationsprogramm“ beschlossen. Die Beschlüsse vom vergangenen Dienstag, würden den Freistaat etwa 900 Millionen Euro zusätzlich kosten, so Söder.

Die Stadt Augsburg hat gestern mit einer Presseerklärung auf Söders „schwäbischen Marshallplan“ reagiert. Seiner Ankündigung sollen in den vergangenen Monaten mehrere Gespräche zwischen der Stadt Augsburg mit der Bayerischen Staatskanzlei sowie den Wissenschafts- und Wirtschaftsministerien vorausgegangen sein.

„Der Freistaat Bayern setzt mit seinem Programm ein wichtiges Signal für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts. Mit der Fördersumme von 100 Millionen Euro ist es nun möglich, Augsburg in dem zukunftsweisenden Technologiefeld Künstliche Intelligenz über verschiedene Branchen hinweg weiter voranzubringen“, so Oberbürgermeisterin Eva Weber zu den Plänen des Freistaats. Die Umsetzung des Programms solle so schnell wie möglich erfolgen. Gerade in Zeiten von Corona und der Ankündigung von Arbeitsplatzverlusten in Augsburger Unternehmen sende die Investition des Freistaats Bayerns das richtige Signal für zukunftsfähige Lösungen, so OBin Eva Weber.


Folgende Fördervergaben sind laut Wirtschaftsministerium im Einzelnen für Augsburg und Region geplant:

Im Rahmen eines Produktionsnetzwerkes (KI-Werkstatt) sind Maßnahmen beim Augsburger Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik (IGCV) und beim DLR-Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie (ZLP) im Augsburger Innovationspark geplant sowie Mittel für Forschungs- und Entwicklungsprojekte der Verbundforschung. Das KI-Netzwerk hat zum Ziel, den Einsatz von modernen KI-Methoden bei Produktionstechnologien und Werkstoffeinsatz in der Produktion nachhaltig zu verbessern. Dadurch sollen für das produzierende Gewerbe wesentliche Kosteneinsparungen ermöglicht und damit dessen Wettbewerbsfähigkeit am Hochlohnstandort Bayern erhalten werden. Bei der Realisierung wird die Universität Augsburg eingebunden. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um ein gemeinsames Vorhaben der Ministerien für Wirtschaft und Wissenschaft. Geplante Fördersummen: 20 Millionen Euro in den Jahren 2021/22, 72 Millionen Euro in den Jahren 2023 bis 2025.

Die Augsburger Unternehmen MAN SE und H-TEC werden bei dem Projekt „Entwicklung von Wasserstoff-Elektrolyseuren“ mit einer Förderung in Höhe von 5 Millionen Euro unterstützt. Projektbeginn ist noch im Jahr 2020. Das Ziel ist die Erforschung und Entwicklung eines neuen größeren Wasserstoff-Elektrolyseurs (3 MW) für eine effizientere Erzeugung von Wasserstoff.

Die Firmen Quantron und Freudenberg starten in Gersthofen (Landkreis Augsburg) die Produktion eines „Brennstoffzellen-Lkw“. Sie erhalten noch in diesem Jahr eine Förderung in Höhe von 3,9 Millionen Euro. Das Ziel des Projektes ist die Erforschung und Erprobung eines Brennstoffzellensystems zur Verwendung in einem umgebauten 44t – Nutzfahrzeug. Die beiden Firmen bauen einen neuen Lkw-Funktionsträger mit Brennstoffzellentechnologie und Elektro-Antrieb und möchten diesen unter realen Bedingungen auf der Straße testen.

Das Förderprogramm BayLu25 zur Steigerung der Produktivität und Materialeffizienz in der Luftfahrtindustrie wird in den Jahren 2021 und 2022 von um je 5 Mio. Euro jährlich – also insgesamt um 10 Mio. Euro – aufgestockt. Da im Großraum Augsburg zahlreiche Luft- und Raumfahrtunternehmen arbeiten, wird die Region voraussichtlich überdurchschnittlich von der Förderung profitieren.