Wenn Zuhause kein sicherer Ort mehr ist: Augsburg eröffnet Schutzhaus für Kinder
Die Stadt Augsburg hat ein neues Kinderschutzhaus eröffnet, das ab August Kindern bis zu 12 Jahren in akuten Krisensituationen Schutz und Betreuung bietet.
Von Bruno Stubenrauch
Trägerin der Einrichtung, die Platz für zwölf Kinder bietet, ist die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Hochzoll. Sie gewährleistet die pädagogische Betreuung rund um die Uhr. Die Realisierung des Projekts wurde durch die finanzielle Unterstützung von je 1,5 Millionen Euro durch die Trägerin und den Sternstunden e.V., einer Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks, ermöglicht.
Untergebracht werden dort Kinder, die vom Amt für Kinder, Jugend und Familie (AKJF) in Obhut genommen wurden. Der genaue Standort des Kinderschutzhauses bleibt – ähnlich wie bei Frauenhäusern – zum Schutz der Kinder geheim.
Erste Einrichtung für Kinder unter 12 Jahren
Zurzeit können Kinder bis 12 Jahre in Augsburg nur in Pflegefamilien untergebracht werden. Die Inobhutnahmestelle BIWAK der SIA gGmbH (Sozialpädagogisches Institut der Augsburger Gesellschaft für Lehmbau, Bildung und Arbeit gGmbH) bietet Kindern und Jugendlichen erst ab 12 und bis 17 Jahre Schutz. Auch nimmt BIWAK keine
Kinder und Jugendlichen mit schwerer Sucht, akuter Suizidgefahr oder psychiatrischen Krankheitsbildern auf.
Meist eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Eltern
Die Gründe für eine Inobhutnahme, kurz Inobhut, liegen meistens im familiären Umfeld. Beispiele sind überforderte Eltern aufgrund psychischer Erkrankung eines Elternteils, Suchtproblemen und Stress durch Armut, Arbeitslosigkeit oder Wohnungsverlust.
Oft sind Kinder auch physisch vernachlässigt, z.B. durch mangelnde Hygiene, unzureichende Ernährung und fehlende medizinische Versorgung. Weitere Beispiele sind massive körperliche Misshandlungen, psychische Misshandlungen z.B. durch Demütigung oder Isolierung, und sexueller Missbrauch.
Inobhut als vorläufige Schutzmaßnahme
Kommt das Jugendamt zu dem Ergebnis, dass die Gefährdung eines Kindes nicht durch ambulante Hilfen, z.B. durch Familienhilfe oder Erziehungsberatung abgewendet werden kann, ordnet es als ultima ratio die Inobhutnahme an. Dies ist eine vorläufige Schutzmaßnahme, die dazu dient, das Kind sofort aus seiner akuten Gefahrensituation zu bringen.
Geregelt ist die Inobhutnahme im § 42 SGB VIII. Der besagt, dass Jugendämter Kinder oder Jugendliche in Obhut nehmen müssen,
- wenn sie selbst darum bitten,
- bei akuter Kindeswohlgefährdung oder
- wenn unbegleitete ausländische Minderjährige nach Deutschland kommen.
Die Inobhutnahme umfasst unter anderem die geeignete vorläufige Unterbringung sowie die Einleitung weiterer Maßnahmen wie eine Hilfeplanung sowie das Herbeiführen gerichtlicher Entscheidungen bei Widersprüchen. Sie endet mit der Rückgabe an die Sorgeberechtigten oder der Einleitung weiterführender Hilfen.
„Ein ganz persönliches Herzensprojekt“
OB Eva Weber, zugleich Schirmherrin des Hauses, bezeichnete das Projekt als ein Herzensprojekt und starkes Zeichen für den Kinderschutz in Augsburg. „Jedes Kind hat das Recht auf Schutz, Geborgenheit und eine sichere Umgebung. Mit dem neuen Kinderschutzhaus schaffen wir einen Ort, an dem Kinder in Not zur Ruhe kommen und neue Stabilität finden können“, so die Oberbürgermeisterin.