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Donnerstag, 04.09.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

Migrationshintergrund: Was ist das?

308.040 Einwohner hatte Augsburg am 31.12.2024. Davon hatten laut Strukturatlas der Stadt 50,7 Prozent einen Migrations­hintergrund, erstmals in der Augsburger Geschichte mehr als die Hälfte der Wohnbevölkerung. Doch wie ist Migrations­hintergrund überhaupt definiert?

Von Bruno Stubenrauch

Eine einheitliche Definition gibt es in Deutschland nicht. Mikrozensus, kommunale Statistiken, Kinder- und Jugend­hilfe­statistiken und Schul­statistiken unterscheiden sich methodisch. Das Bundesamt für Statistik fasste 2016 seine Definition so: „Eine Person hat einen Migrations­hintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staats­angehörigkeit geboren wurde.

Der Strukturatlas der Stadt Augsburg definiert Migrationshintergrund so: „Als Personen mit Migrationshintergrund werden alle ausländischen Personen, Eingebürgerte, (Spät-)Aussiedler und im Ausland geborene Deutsche sowie deren im Haushalt lebende Nachkommen gezählt.

In Augsburg ist also die Haushalts­zugehörigkeit ein einschrän­kendes Kriterium. Viele Kommunen gehen noch weiter und nehmen nur Kinder bis zum Alter von 18 Jahren in die Statistik auf.

Persönlich oder familiär?

In beiden oben genannten Definitionen wird nach dem persönlichen und dem familiären Migrations­hintergrund unterschieden. Zur Gruppe mit persönlichem Migrations­hintergrund zählen in Augsburg:

  • ausländische Personen,
  • eingebürgerte Deutsche (Personen, die die deutsche Staats­bürgerschaft nicht von Geburt an hatten),
  • Aussiedler (Deutsche, die von 1950 bis 1992 – vor allem aus Osteuropa – eingewandert sind),
  • Spätaussiedler (Deutsche mit Zuzugsdatum ab 1993),
  • im Ausland geborene Deutsche.

Zur Gruppe mit familiärem Migrations­hintergrund zählen in Augsburg „Nachkommen, von denen mindestens ein im Haushalt lebender Elternteil einen persönlichen Migrations­hintergrund hat.“

Wechselspielchen

Der familiäre Migrations­hintergrund ist allerdings kein stabiler Status, wie folgende fiktive, über drei Generationen reichende Familien­geschichte zeigt (Namens-Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig):

Der Türke Ali Özdemir wandert in den 70er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland ein. Er erwirbt 1980 die deutsche Staats­bürgerschaft und heiratet die Deutsche Britta Haselmann. Sie leben in Stuttgart und bekommen einen Sohn, den kleinen Cem. Während Cem im Elternhaus aufwächst, stellt sich die Situation so dar:

Cem Özdemir zieht mit 18 von zuhause aus und verliert dadurch seinen Migrations­hintergrund. Während seines Studiums in Ulm lernt er die Brasilianerin Gabrielle da Silva kennen und lieben. Die beiden heiraten und bekommen 2007 die Zwillinge Anton und Annalena. Nun stellt sich die Situation so dar:

2022 zerbricht die Ehe. Cem und Gabrielle einigen sich auf ein gemeinsames Sorgerecht. Anton bleibt bei seinem Vater in Ulm und verliert dadurch seinen Migrations­hintergrund. Annalena zieht mit ihrer Mutter, die inzwischen die deutsche Staats­bürgerschaft erworben hat, nach Augsburg. Anders als ihr Zwillings­bruder hat sie Migrations­hintergrund, die Situation stellt sich so dar:

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Annalena zieht 2025 zu ihrem Freund Alexander und verliert dadurch ihren Migrations­hintergrund. Anton beginnt 2027 ein Studium in Augsburg. Er zieht aus praktischen Gründen in Annalenas ehemaliges Mädchen­zimmer bei der Mutter ein und erhält so seinen Migrations­hintergrund zurück. Die Augsburger Statistik hat einen Migranten mehr.



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